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Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe

Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe

Titel: Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe
Autoren: Alexandra Marinina
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etwas von den Sachen anziehst, die du im Kleiderschrank hast, aber sei bitte so nett und kümmere dich wenigstens um dein Gesicht.«
    Sie wandte ihren Kopf um und betrachtete die Halbschwester ihres Bräutigams, die barfuß, eingewickelt in ein großes Frotteetuch, vor ihr stand.
    »Mein Gott, Nastja!« rief Dascha ungeduldig aus, während sie nicht aufhörte, den Rock beherzt mit dem Bügeleisen zu bearbeiten. »Du bringst mich zur Verzweiflung. Nun mach schon! Wir kommen zu spät.«
    Als Alexander Kamenskij pünktlich um neun an der Wohnungstür klingelte, hatte Nastja bereits zwei Tassen Kaffee getrunken, jetzt stand sie in dem gebügelten Kostüm vor dem Spiegel im Badezimmer und schminkte sich.
    »Nastja!« rief der Halbbruder ihr aus dem Flur zu, »da ist ein Brief für dich.«
    »Was für ein Brief?«
    »Ich weiß es nicht. Das Kuvert steckte im Türspalt. Es steht kein Absender drauf.«
    Nastja legte den Kosmetikpinsel aus der Hand und ging ihrem Halbbruder entgegen. Sie küßten sich und betrachteten einander mit einem spottlustigen Lächeln.
    »Was meinst du«, fragte Nastja, »gehe ich durch als Braut?«
    »Durchaus. Und wie ist es mit mir?«
    Der hochgewachsene, dünne, wenig attraktive Sascha sah heute aus wie ein Supermann aus einem Hollywood-Film. Entweder stammte sein Anzug von einem wirklich guten Schneider oder sein Gesichtsausdruck hatte sich verändert, aber alles an ihm schien nur eines auszudrücken: Ich bin glücklich, ich kann alles. Mir wird alles gelingen, und nichts kann sich mir in den Weg stellen.
    »Du siehst verteufelt gut aus«, sagte Nastja lächelnd. »Wo ist der Brief?«
    Sie nahm ihm das weiße Kuvert aus der Hand und öffnete es ohne Eile. Auf dem doppelt gefalteten kleinen Zettel stand in großen Druckbuchstaben: »Tu das nicht. Du wirst es bereuen.«
    Ihre Hände begannen zu zittern, sie wurde bleich und rang um Fassung.
    »Was ist denn?« fragte Alexander besorgt. »Schlechte Nachrichten?«
    »Kümmere dich nicht darum. Das ist nur irgendein Unsinn«, erwiderte sie, bemüht, ihren Schrecken zu verbergen.
    »Nastja!«
    »Sascha, vergiß es! Alles ist in Ordnung. Es hat nichts mit unserer gemeinsamen Hochzeit zu tun. Geh doch bitte für fünf Minuten in die Küche, und lenke Dascha und Ljoscha ab, damit sie nicht ins Zimmer kommen. Ich muß telefonieren.«
    Sie schloß die Tür hinter sich, riß den Hörer von der Gabel und wählte die Nummer des Untersuchungsführers Olschanskij.
    »Konstantin Michailowitsch«, sagte sie hastig, »Artjuchin hat offenbar einen ordentlichen Schrecken bekommen. Ich habe gerade einen Drohbrief erhalten. Sollte ich dem Untersuchungsführer, das heißt also Ihnen, von unserer Begegnung berichten, würde ich es bereuen.«
    »Hast du den Brief angefaßt?«
    »Nur mit den Fingernägeln und nur ganz am Rand. Ich bin wie der Pawlowsche Hund. Solche Briefe nehme ich nie in die Finger, das ist schon ein Reflex bei mir.«
    »Wo bist du jetzt?«
    »Noch zu Hause. Aber in zehn Minuten muß ich los.«
    »In welche Richtung?«
    »Um zehn muß ich in Sokolniki sein, dann, um zwölf, wieder in Ismajlowo, danach, gegen zwei, fahren wir ins Zentrum, zum Restaurant Metropol.«
    »Ich komme gegen zehn in Sokolniki vorbeigefahren, dann kannst du mir den Brief geben. Reg dich nicht auf, Kamenskaja, hörst du! Wenn du ihn wirklich davon überzeugen konntest, daß du bis Montag nichts unternehmen wirst, dann wird er dir bis Montag auch nichts tun. Und in zwei Tagen kriege ich ihn, schneller als er sich umschauen kann. Dieses Schwein!«
    Nach dem Gespräch mit Olschanskij stürzte Nastja zurück ins Bad, um sich fertig zu schminken. Aus der Küche hörte sie die Stimmen ihres Halbbruders und seiner Braut, die lebhaft darüber diskutierten, welche Blumen zu Nastja als Trauzeugin paßten und welche zu ihr als Braut, welchen Blumenschmuck man für die Hochzeitstafel im Restaurant besorgen sollte und ob es angemessen sei, daß Sascha Nastjas Mutter, der ersten Frau seines Vaters, ein Geschenk überreichte. Ljoscha beteiligte sich nicht an der Diskussion, jedenfalls konnte Nastja seine Stimme nicht hören.
    Sie war bereits dabei, mit einem breiten weichen Pinsel ein wenig Rouge aufzutragen, das das Oval ihres Gesichts betonen sollte, als ihr Halbbruder aus der Küche zu ihr trat.
    »Na, wie steht es? Alles in Ordnung?«
    »Mehr oder weniger«, murmelte sie, ohne sich vom Spiegel abzuwenden. »In Sokolniki wird neben dem Standesamt ein hellblauer Moskwitsch stehen. Versuche
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