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Analog 6

Analog 6

Titel: Analog 6
Autoren: H. J. Alpers
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schon seit langer Zeit durch den Kopf geht. Was ist eigentlich mit dem Hirnblut von Prim Sol Mem Brite geschehen? Ich hatte gedacht, daß sich die Blutlinien aller Politiker bis zu den ersten Anhängern des Sechs-Eltern-Glaubens zurückverfolgen lassen.“
    „Wissen Sie denn nichts vom Schicksal der Väter unseres Glaubens?“ Eine solche Unwissenheit wollte dem Rosaner schier die Sprache verschlagen. Sorrel wurde vor Verlegenheit puterrot. „Es bereitet mir Schmerzen, die Erinnerungen an jene Zeit in mir zu tragen. Damals herrschte ein gewaltiges Chaos. Alle Namensschilder in der Blutwacht wurden vernichtet oder vertauscht. Teils geschah dies durch die Anhänger des neuen Glaubens und teils durch Verräter, die die alte Vier-Eltern-Religion verteidigen wollten. In diesem Durcheinander ist das Hirnblut des Glaubensspenders wie das vieler anderer für immer verschollen.“
    „Kann man denn seine Linie nach diesem Ereignis nicht wieder aufnehmen? Wer ihn zum Blut- und Hirnvater hatte, der muß sich doch daran erinnern, zumindest über einige Generationen hinweg.“
    „Oh ja, viele Leute erklärten ihn zu ihrem Ahnherrn. Es waren viel mehr, als von seinem Blut hätten speisen können.“ Seine Blütenblätter sträubten sich verzweifelt. „Man sagt, unsere neuen Computer könnten seine Linie in die Vergangenheit und wieder in die Gegenwart zurückverfolgen, doch das wäre die Arbeit vieler Generationen. In der Vergangenheit wurden schon mehrere Versuche unternommen, doch sie wurden bereits eingestellt, bevor man erkennen konnte, ob sie Aussicht auf Erfolg hatten oder nicht.“ Die Blütenblätter zuckten traurig. „Und selbst wenn man es feststellte – was hätte man schon davon. Seine Erinnerungen sind so lange vergangen, daß man sie niemals wieder auffinden kann und auch die besten Erinnerungen bringen ihn nicht zurück.“
    „Das ist also unmöglich, hm?“ Sorrel klatschte vor Freude in die Hände. „Mein Freund, ich glaube, du hast allen unseren Schwierigkeiten soeben ein Ende bereitet. Vielen Dank!“ Er konnte sicher sein, daß er einen sehr nachdenklichen Blutwart zurückließ.
     
    Sorrel pfiff ein Liedchen, als er in Wandras Kabine auf dem Schiff polterte. „Für die nächsten Tage habe ich alle deine Vorlesungen gestrichen“, verkündete er.
    „Was?“ Wandra fuhr herum und starrte ihn an. „Ich wußte nicht einmal, daß ich wieder Vorlesungen halten sollte. Für wen denn überhaupt?“
    Sorrel erzählte ihr in wenigen Sätzen von den Technikern, die bald wieder zum Leben erweckt würden. „Aber das ist noch nicht die beste Neuigkeit, und das ist auch nicht der Grund, warum du noch nicht mit den Vorlesungen beginnen sollst.“
    „Was könnte denn noch besser sein?“
    Sorrel zog seinen Fettstift aus der Tasche und kritzelte etwas auf die Wand.
    „He! Laß das sein!“ Wandra versuchte, ihn wegzuziehen, aber er lachte und beendete sein Werk. PRIM SOLL MEM BRITE KEHRT ZURÜCK! stand dort.
    „Ich habe diesen Satz schon an ein paar Stellen auf die Höhlenwand geschrieben. So können sich die Eingeborenen allmählich an den Gedanken gewöhnen.“
    „Hast du jetzt völlig den Verstand verloren? Was tust du da eigentlich?“
    „Ich bringe den Glauben nach Khayyam zurück. Und du und ich, meine Dame, wir werden dafür sorgen, daß der Glaubensstifter selbst das Werk vollendet.“ Sorrel erzählte ihr von dem großen Politiker und Theologen, der seinerzeit Sorrels Dissertation zum ersten Mal in den Sechs-Eltern-Glauben umgesetzt hatte. „Also ist es deine Aufgabe, mein Schatz, dich hinter den Computer zu klemmen und seine Nachkömmlinge ausfindig zu machen.“
    Sie schüttelte benommen den Kopf. „Würdest du dich vielleicht ein wenig beruhigen? Ich kann deinem Tempo einfach nicht folgen. Was haben wir denn davon, wenn wir seine Nachkommen finden? Sie erinnern sich doch sowieso an nichts mehr, was mit ihm zusammenhängt, oder? Und ob sie ihm gleichen, ist eine ganz andere Frage.“
    Sorrel rieb sich die Hände. „Das ist nur zu wahr, meine Dame. Auch die besten Gedächtnisexperten können keine Erinnerungen zurückbringen, die mehr als ein paar Generationen alt sind.“ Er deutete auf seine Brust. „Aber dies hier ist kein rosanischer Gedächtnisexperte.“ Seine Stimme klang plötzlich sehr entschlossen. „Nein, ich bin kein Rosaner, ich bin fast unsterblich. Und dies eine Mal muß das ‚fast’ eben genügen.“
    Es dauerte mehrere Tage, bis eine Blutlinie gefunden wurde, die mit hoher
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