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Analog 3

Analog 3

Titel: Analog 3
Autoren: H. J. Alpers
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verwarf er auch sie.
    Gegen Ende unserer Diskussion tat er etwas, was er schon zuvor getan hatte, wenn auch selten. Er streckte eine Hand aus und legte sie auf meinen Kopf, so daß die grünen spatelförmigen Finger einen Becher formten. Hätte er sie geschlossen, hätte er meinen Schädel wie eine Eischale zerdrücken können.
    „Energie bildet sich … Energie löst sich … in diesen Stürmen“, sagte er mit der freien Hand. Den Kopf hielt er still und ein bißchen zur Seite geneigt. Er kam uns vor wie ein neugieriger Grislybär.
    „Ja.“
    „Wie geschieht das?“
    Ich erklärte so gut ich konnte, wie sich elektrische Ladungen aufbauen und entladen, immer dem kürzesten Weg zwischen Wolke und Boden folgend. Ich berichtete ihm von Blitzableitern.
    Lange Zeit war er ruhig, seine Hand umfaßte meinen Kopf wie eine Melone. Dann nahm er sie fort und holte Atem.
    „Ich glaube … Sie müssen … ein Blitzableiter sein“, teilte er mir mit. Er hob dabei den Kopf und starrte auf etwas Unsichtbares in der Luft. Er blickte mich wieder an. „Eine solche Energie, wie Sie sie beschreiben, baut sich um Sie herum auf, Freund Pan. Baut sich auf und vergeht … und baut sich erneut auf.“ Er bewegte seine Finger in einer langsamen methodischen Manier, die Traurigkeit ausdrückte.
    Verdammt! Was sahen die Verdeaner?
    An diesem Abend kam Noriko in ernster Stimmung in meine Hütte. Sie warf sich auf das Feldbett und blickte verzweifelt zur Decke auf.
    „Ich habe gerade mit Oberst Shagata gesprochen“, sagte sie unvermittelt.
    Ich blickte zu ihr hin und zuckte die Achseln, dann beugte ich mich wieder nieder, um die Plättchen eines Fossils zu untersuchen. Probleme der Königlichen Marine, nicht meine. Ich wußte natürlich, daß sie per Kommunikator Shagata täglich Bericht erstattete, aber es interessierte mich nicht genügend, daß ich versucht hätte, den Inhalt ihrer Berichte zu erfahren. Ganz einfach ausgedrückt, wollte ich mit der Königlichen Marine, mit Shagata und seiner Einheit nichts zu tun haben. So lange nicht, wie er mich und mein Werk in Frieden ließ.
    Sie schwang die Füße über den Rand des Bettes und setzte sich auf. „Er möchte, daß wir ins Hauptquartier der Einheit zurückkehren“, sagte sie.
    „Gehen Sie“, sagte ich kurz angebunden. „Sie sind seine Untergebene, ich nicht.“
    Sie blickte sich um, als versuche sie etwas zu finden, was sie verlegt hatte. Sie runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf.
    „Er möchte, daß ich den Sachem mitbringe.“
    Ich stellte das Fossil beiseite und starrte sie an. „Ist das Ihr Ernst? Oder besser, ist das sein Ernst?“
    Noriko nickte.
    „Er wird nicht mitkommen, müssen Sie wissen.“
    Sie nickte neuerlich und blickte auf ihre Hände. „Ich weiß, aber ich muß ihn trotzdem fragen. So lauten meine Befehle.“ Sie warf mir einen bittenden Blick zu. „Kommen Sie auch, wenn er mitgeht?“
    Ich dachte darüber nach. Die Verdeaner waren keine neugierigen Geschöpfe, wenn sie es jedoch waren, befriedigten sie ihre Neugierde auf andere Weise als der Mensch. In dem Jahr, das ich auf Verde verbracht hatte, hatte der Sachem sein Dorf nie verlassen. Ich fühlte mich hinreichend sicher.
    „In Ordnung“, sagte ich und griff wieder nach dem Fossil. „Wenn Cirlos gehen will, schließe ich mich an.“
    Was etwas bewies. Nämlich, daß es so etwas wie eine todsichere Sache nicht gibt.
    Cirlos war einverstanden mitzukommen.
     
    Shagatas Lager war völlig verwandelt. Er hatte die Bäume mit den großen Samenkapseln fällen lassen und aus ihnen Gebäude errichtet. Die Hänge waren vom Deckung gebenden Buschwerk gesäubert worden, und wenn es auch geradewegs aus dem Handbuch stammte, war es doch hinlänglich wirkungsvoll; er hatte sich ein hervorragendes Schußfeld geschaffen.
    Er schien recht beeindruckt zu sein, als wir näher kamen, wiewohl ihm Noriko mitgeteilt haben mußte, was ihn erwartete. Worauf er nicht vorbereitet gewesen sein konnte, waren die Hunderte kleiner Verdeaner, die sich von allen Seiten herandrängten.
    Das störte ihn jedoch nicht. Er näherte sich unserer wimmelnden Linie, salutierte, blickte mit erstarrtem Gesicht auf Cirlos’ Riesenhaftigkeit und führte uns dann zu einem kleinen Pavillon, der auf dem nackten Hang hingesetzt worden war.
    „Ich habe Geschenke für Sie und Ihr Volk“, sagte Shagata zu Cirlos. Er wies auf einen Haufen Schachteln auf dem Tisch.
    Ich beobachtete ihn aufmerksam. Wenn er nicht log, so sagte er zumindest nicht
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