Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Analog 3

Analog 3

Titel: Analog 3
Autoren: H. J. Alpers
Vom Netzwerk:
die völlige Wahrheit. Traditionell wären Geschenke zum Dorf des Sachem gebracht worden, nicht umgekehrt. Nein, Shagata war ein Mann, der von einer Position der Stärke ausging; er verstand den Nutzen der Macht. Nun, dachte ich düster, ich auch. Es war klar, daß er uns aus anderen Gründen als der Verteilung von Geschenken hier haben wollte.
    Hauptmann Yamada stand bei dem Tisch, sein langes Gesicht unbeweglich. Er betrachtete den Sachem mit weit aufgerissenen Augen. Dann bemerkte er, daß ich ihn beobachtete, und nickte mir freundlich zu.
    „Es heißt, daß Verdeaner gerne Tee aus Tobukwurzeln trinken“, sagte Shagata plötzlich. „Wir haben etwas Tee vorbereitet. Hauptmann Yamada, kümmern Sie sich bitte darum, daß er ausgeschenkt wird?“
    Während Yamada die Verteilung des Tees überwachte, wandte sich Shagata um, lächelte und wies auf ein halbes Dutzend Sessel unter einem Baldachin. „Bitte setzen Sie sich“, sagte er. Cirlos ignorierte die Sessel und setzte sich statt dessen auf den Boden außerhalb des Pavillondaches. Von den Umständen gezwungen, fügte sich Shagata ins Unausweichliche und setzte sich ihm gegenüber nieder, kreuzte die Beine und saß mit stocksteifem Rücken da. Innerlich grinsend, gesellte ich mich zu ihnen. Leutnant Noriko war die letzte, die sich setzte, sie ließ sich vertraut zwischen mir und den großen Füßen des Cirlos nieder.
    Geschenke wurden hereingebracht und in angemessener Form übergeben. Überraschenderweise waren sie gut getroffen. Da die Verdeaner im menschlichen Sinne nicht sahen, wäre es nutzlos gewesen, ihnen grell gefärbte Stoffe oder Spiegel oder irgendwelchen üblichen Tauschkram zu geben. Er hatte vielmehr Spieluhren, Parfüms und Gläser mit Gewürzen ausgesucht.
    Ich nippte an meinem Tee und blickte Shagata an. Er war kein besonders subtiler Mann. Wenn das dicke Ende kam, dachte ich, würde man es schon merken.
    Dann sprach er leise in seinen Kommunikator, und der Panther-Zug marschierte stramm auf den Hang hinaus. Das Sonnenlicht glänzte auf dem polierten Metall, dunkle Schatten waren unter den Schalen ihrer Helme ausgeschnitten. Sie führten mehrere Manöver mit der Präzision gutgedrillter Truppen aus. Jeder Feldwebel wäre bei einer Parade auf sie stolz gewesen. Schließlich hielten sie an, salutierten und verharrten in Ruhestellung. Es war alles sehr schön, aber ich war mir sicher, daß Shagata etwas anderes vorhatte.
    Er sprach neuerlich in den Kommunikator. Dann blickte er den großen Verdeaner prüfend an. Sein letztes eisernes Starren galt mir.
    „Wir errichten ein neues Hauptquartier, Kirst. Ein ständiges Marinehauptquartier. Es kam mir der Gedanke, daß die Verdeaner vielleicht gerne sehen würden, wie wir das angehen.“ Er holte eine Zigarette aus der Jackentasche, steckte sie zwischen die Zähne und grinste mich an.
    Ich starrte zu ihm zurück. „Ach? Und wie machen Sie das, Oberst?“
    Er zündete sich die Zigarette an und streckte die Schultern. Selbst beim Lächeln wirkte er bedrohlich. „Wir führen gerade den Aushub durch“, sagte er. „Ein Atomsprengsatz von der erforderlichen Größe befindet sich bereits an Ort und Stelle. Sehen Sie.“ Mit einer Hand machte er eine abrupte Bewegung, und die Marinesoldaten vollführten eine Kehrtwendung. Sie blickten zu einer kleinen Anhöhe hin, die auf halber Strecke zum Sternentor lag.
    Ich folgte seinem Blick. Das also, dachte ich, ist das dicke Ende. Und es war ein verdammt dickes Ende! Wenn Shagata darauf aus war, die Einheimischen zu beeindrucken, würde es ihm höchstwahrscheinlich gelingen. Als Demonstration roher Gewalt ist eine Fusionsbombe schon eine Wucht – selbst ein Westentaschensprengsatz wie der, den er benutzte.
    Dann dachte ich einen Augenblick länger darüber nach und spürte, wie mir das Blut aus dem Gesicht wich. Ich griff nach Shagatas Arm.
    „Um Himmels willen – widerrufen Sie den Befehl! Sie wissen nicht, was Sie tun!“
    Er schüttelte meine Hand ab. „Im Gegenteil, Kirst. Ich weiß genau, was ich tue. Ich zeige den Verdeanern, wie die Marine ein Loch gräbt.“ Er lächelte kalt und wandte sich um, sein Gesicht war selbst im Profil kalt.
    Ich wollte etwas sagen – irgend etwas –, aber es war bereits zu spät. Der Hügel verschwand in einem plötzlichen Ausbruch nach oben schießenden Plasmas. Eine Feuersäule aus Gas brannte sich den Weg in den Himmel. Wir spürten die Schockwelle, ein bißchen Hitze und dann die Nachwirkungen einer schockierenden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher