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An und für dich

An und für dich

Titel: An und für dich
Autoren: Ella Griffin
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Strich. Strich Strich Punkt. Strich. »Ant! Tut dir was weh? Brauchst du irgendwas?«
    »Ja«, sagte er, »ja, ich brauche was. Ich warte seit sechs Jahren, elf Monaten und zweiundzwanzig Tagen darauf, dass du das tust. Davon brauche ich noch mehr.«
    »Alles in Ausgangsposition!« Die Statistinnen stellten sich im Kreis um den Ballon auf. »Ruhe am Set!«
    Joe überprüfte noch einmal die Instrumente, dann drehte er sich um und gab dem Regieassistenten das Okay. Dieser kleine Schauspieler in dem Engelskostüm machte ihn wahnsinnig. Er starrte ihn die ganze Zeit an. Sein Gesicht war fast orange, und eins seiner Augen zuckte. Er wirkte ziemlich neben der Spur.
    »Ist das eigentlich ein Hobby von dir, verheiratete Frauen zu vögeln, ja?«, fragte der Engel auf einmal.
    Manche Leute bekamen in der Luft plötzlich Verfolgungswahn. Wenn das hier so ein Kandidat war, dachte Joe, dann würde er das gern noch auf dem Boden klären. Wenn jemand auf engstem Raum zig Meter hoch in der Luft ausrastete, war das keine schöne Angelegenheit.
    »Ich glaube, Sie verwechseln mich«, sagte er sehr ruhig.
    »Hör doch auf mit den Spielchen, Kumpel«, sagte der orangefarbene Typ. »Ich weiß, wer du bist, und du weißt auch, wer ich bin. Ich bin Greg Gleeson.«
    »Tut mir leid, Sie sind bestimmt sehr berühmt, aber ich …«
    »Ich bin Saffys Mann. Klingelt’s?«
    Saffy . Beim Klang ihres Namens wirbelten in Joe Freude und Schmerz durcheinander. Von der kurzen Unterhaltung mit Liam abgesehen, in der er ihm erklärt hatte, dass sie Saffy nicht wiedersehen würden, hatte er es sich seit der Nacht in Wicklow nicht einmal mehr erlaubt, auch nur ihren Namen zu denken.
    Als die Anfrage für den White-Feather-Spot kam, hatte er sich vergewissert, dass sie beim Dreh nicht dabei sein würde. Er hatte den Job nur angenommen, weil es geheißen hatte, dass sie nicht mehr für die Agentur arbeitete. Und jetzt stand er von Angesicht zu Angesicht, na ja, eher von Oberkörper zu Angesicht, ihrem Mann gegenüber. Der war ziemlich wütend, und Joe konnte ihm das nicht verdenken.
    »Nein«, sagte er. »Es ist kein Hobby von mir, verheiratete Frauen zu vögeln. Es tut mir leid, okay? Wenn ich gewusst hätte, dass sie verheiratet ist, wäre nie was passiert.«
    »Joe, noch dreißig Sekunden bis zum Start!«, rief der Regieassistent.
    »Und was ist mit schwangeren Frauen?« Greg sah ihn immer noch böse an. »Ist das dein Hobby, Schwangere zu vögeln?«
    Joe schüttelte den Kopf. »Pass auf, ich weiß nicht so richtig, was du von mir willst. Wir können uns gern mal in Ruhe über alles unterhalten, aber jetzt im Moment müssen wir hier beide unseren Job machen. Können wir das Thema jetzt also kurz beiseitelassen und loslegen?«
    »Zieht das Seil an und Action!«, rief Ben Rosen.
    »Eine Frage hab ich noch. Wie ist das so, wenn man steril ist?«
    Joe drehte sich zu Greg herum. »Wie bitte?«
    »Saffy hat erzählt, du hast sie dir durchschnippeln lassen.«
    »Sie hat was erzählt?«
    Der Regieassistent sah fasziniert zu, wie die Faust des Engels mit einem Krachen den Kiefer des Ballontypen traf. Zack. Dann verschwanden beide im Korb.
    »Ach du Scheiße!«, sagte er zu niemand Bestimmtem. »Drehen heute alle durch oder was?«
    Saffy parkte das Auto in der Vico Road und sah hinaus in den Regen. Der Bray Head war nicht mehr zu sehen. Das Meer war ein verschwommener, grauer Klecks unter ihr. Sie hatte eigentlich vorgehabt, nach Killiney zu fahren und ein bisschen den Schwimmern dort zuzusehen, aber sie hatte Angst, auf den Felsen auszurutschen, und das könnte gefährlich für das Baby sein. Was sollte sie bloß mit diesem Baby anfangen?
    Die Zeit wurde langsam knapp. Morgen sollte sie Greg eine Antwort geben, und falls die »Nein« lautete, musste sie nächste Woche nach London.
    Sie schloss die Augen und versuchte, sich Greg und sie als Eltern vorzustellen. Sie sah Greg vor sich, wie er mit freiem Oberkörper ein Kind im Arm hielt und aussah wie auf einem dieser berühmten Schwarz-Weiß-Fotos, aber für sie selbst funktionierte das nicht. Sie konnte sich nur vorstellen, wie sie das Baby fallen ließ, es aus Versehen mit heißem Kaffee verbrühte oder auf dem Autodach vergaß und einfach losfuhr.
    Daran würde es sich natürlich nicht mehr erinnern, wenn es groß war, aber es würde sie so oder so hassen. Sie würde versu chen, alles perfekt zu machen, und versagen. Sie würde bei allem Möglichen versagen und dann auch noch bei allem Unmöglichen. Das Kind
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