Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
An hoechster Stelle

An hoechster Stelle

Titel: An hoechster Stelle
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
alles, hast du dich verdammt getäuscht.«
      »Und?«
      »Ganz genauso ist es hier bei uns. MI5 und MI6 haben ebenfalls ihre Geheimnisse; zum einen hassen sie sich gegenseitig, zum anderen hassen sie die Anti-Terror-Einheit von Scotland Yard und den militärischen Geheimdienst. In dem Ordner findest du als Beleg dafür zwei interessante Eintragungen.«
      »Worum geht es dabei?«
      »Es gibt im Weißen Haus einen Mann namens Blake Johnson; um die fünfzig, Vietnamveteran, Anwalt, ehemaliger Angehöriger des FBI, der das General Affairs Department leitet. Weil es im Untergeschoss des Weißen Hauses liegt, ist es als ›der Keller‹ bekannt und eines der am strengsten gehüteten Geheimnisse der Regierung, in das der jeweilige Präsident nur seinen Nachfolger einweiht. Es ist vollkommen unabhängig vom FBI, dem CIA, dem Secret Service und allein dem Präsidenten unterstellt. Die Gerüchte darüber sind so spärlich, dass manche Leute nicht einmal an die Existenz dieser Abteilung glauben.«
      »Aber es gibt sie?«
      »O ja, und der britische Premierminister hat eine ganz ähnliche Einrichtung, wie du selbst nachlesen kannst. Geleitet wird sie von Brigadier Charles Ferguson.«
      »Charles Ferguson? Den kenne ich doch seit Jahren.«
      »Nun, ich weiß nicht, was du geglaubt hast, welche Position er hat, aber seine Truppe ist im Gewerbe bekannt als die Privatarmee des Premierministers. Er macht der IRA schon seit Jahren das Leben ganz schön schwer. Ferguson leitet eine ziemlich große Abteilung im Verteidigungsministerium und ist allein dem Premierminister gegenüber verantwortlich; aus diesem Grund hassen ihn die anderen Geheimdienststellen. Seine rechte Hand ist ein ehemaliger IRA-Kämpfer namens Scan Dillon, seine linke ein Detective Chief Inspector namens Hannah Bernstein – übrigens die Enkelin eines Rabbis, was man kaum glauben möchte. Eine bunte Truppe, nicht wahr?«
      »Aber was hat das mit der ganzen Geschichte zu tun?«
      »Nun, der Secret Intelligence Service wollte Ferguson und seine Leute nicht in die Sache einbeziehen, weil Ferguson es womöglich dem Premierminister erzählt hätte; außerdem hatte der SIS privaten Kontakt zu Blake Johnson, durch den vermutlich der Präsident informiert worden wäre, und das konnten sie nicht zulassen.«
      »Was hat man getan?«
      »Der SIS fing an, dem Weißen Haus unbedeutende und nutzlose Informationen oder Falschmeldungen zu schicken. Auf gar keinen Fall sollten die Mitglieder der Söhne Erins irgendwie mit der Sache in Zusammenhang gebracht werden. Und dann gingen die Akten verloren.« Er deutete auf den Ordner. »Bis auf meine Kopie. Ich weiß nicht, warum ich das damals gemacht habe. Ekel vor mir selbst, nehme ich an. Und ich denke,
    jetzt solltest du sie haben.«
      Er begann zu husten. Helen reichte ihm eine Serviette und sah, dass er Blut spuckte. »Soll ich den Arzt rufen?«
      »Er kommt nachher sowieso vorbei. Obwohl das auch keine Rolle mehr spielt«, entgegnete er mit einem fast gespenstischen Grinsen. »Das wär’s also, nun weißt du Bescheid. Ich lege mich jetzt besser hin.«
      Emsworth stand auf, griff nach dem Stock, und sie begleitete ihn hinaus in den Flur. »Es tut mir Leid, Helen, wirklich unendlich Leid.«
      »Es ist nicht deine Schuld, Tony.«
      Sie schaute ihm hinterher, als er mühsam die Treppe hinaufstieg. Hedley kam zu ihr und reichte ihr den Ordner. »Ich dachte mir, dass Sie den hier gern hätten.«
      »Allerdings. Fahren wir heim, Hedley. Hier haust der Tod.«

      Unterwegs las Helen den Ordner gründlich durch und betrachtete jedes einzelne Foto. Merkwürdigerweise verweilte sie bei Sean Dillon länger als bei jedem anderen; sie musterte diesen blonden, etwas verschlossenen wirkenden Mann sehr genau. Er wirkte souverän und sah aus, als habe er entdeckt, dass das Leben eher ein schlechter Scherz sei. Sie klappte den Ordner zu und lehnte sich zurück.
      »Ist alles in Ordnung, Lady Helen?«, fragte Hedley.
      »Ja, ja. Sie können diese Unterlagen selbst lesen, wenn wir daheim sind.«
      Sie spürte ihren unregelmäßigen Herzschlag, öffnete ihre Handtasche, schüttete zwei Tabletten in ihre Hand und schluckte sie. »Whiskey, bitte, Hedley.«
      Er reichte ihr den silbernen Flachmann. »Was ist los? Geht’s Ihnen wirklich gut?«
      »Das sind bloß ein paar Tabletten, die mir der Arzt gegeben hat.« Helen lehnte sich zurück und schloss die Augen. »Keine große Sache.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher