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An hoechster Stelle

An hoechster Stelle

Titel: An hoechster Stelle
Autoren: Jack Higgins
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Knien balancierte; Dillon stand an der Anrichte und schenkte sich einen Whiskey ein. Er trug eine schwarze Lederjacke und um den Hals einen weißen Schal.
      »Bedienen Sie sich nur ungeniert von meinem Whiskey«, sagte Ferguson.
      »Mache ich doch jedes Mal«, grinste Dillon. »Ich will Sie ja schließlich nicht enttäuschen, Brigadier.«
      Hannah Bernstein schloss den Ordner. »Das wär’s dann, Sir. Es operieren zur Zeit keine Aktivisten der IRA in London.«
      »Ich will es mal glauben, auch wenn es mir schwer fällt«, erwiderte er. »Unsere Herren Politiker wollen natürlich sowieso, dass wir alles herunterspielen.« Er seufzte. »Manchmal sehne ich mich direkt nach den alten Zeiten zurück, ehe dieser verdammte Friedensprozess die Dinge so kompliziert machte.« Hannah runzelte die Stirn, und er lächelte. »Ja, meine Liebe, ich weiß, dass Sie das für unmoralisch halten. Na, ich werde jedenfalls den Premierminister über Ihren Bericht in Kenntnis setzen: Keine aktiven Gruppen in London.«
      Dillon schenkte sich einen weiteren Bushmills ein. »Nicht, soweit wir wissen.«
      »Sind Sie anderer Ansicht?«
      »Nur weil wir sie nicht sehen können, heißt das nicht, dass es keine gibt. Auf Unionistenseite haben wir die paramilitärischen Gruppen wie die UVF oder die LVF, die für so viele Anschläge und Ermordungen verantwortlich gewesen sind…«
      »Skrupellose Kriminelle«, warf Hannah ein.
      »Ansichtssache. Sie selbst betrachten sich als tapfere Freiheitskämpfer, genau wie die Stern-Truppe in Jerusalem im Jahr achtundvierzig«, erwiderte Dillon. »Und auf republikanischer Seite haben wir die INLA und Jack Barrys Söhne Erins.«
      »Wieder mal dieser Bastard«, knurrte Ferguson. »Ich gäbe meine Pension dafür her, wenn ich ihn in die Finger kriegen könnte.«
      »Jedenfalls gibt’s Splittergruppen auf beiden Seiten. Gott weiß, wie viele insgesamt«, sagte Dillon.
      »Und wir können im Moment kaum etwas dagegen tun«, seufzte Hannah Bernstein. »Wie der Brigadier schon sagte, der Befehl von oben lautet: Finger weg.«
      Dillon ging zur Balkontür und spähte hinaus. Es regnete heftig. »Das mag sein, wie es will, aber trotz allem gibt’s da draußen jede Menge Ganoven, die bloß darauf warten, ein verfluchtes Chaos anzurichten. Tim Pat Ryan zum Beispiel.«
      »Dieser Kerl hat die besten Anwälte Londons«, erinnerte ihn Hannah. »Wie oft haben wir ihn uns schon vorgenommen! Selbst wenn wir ihn mit Sprengstoff in der Hand erwischten, hätten wir Schwierigkeiten, ihn vor Gericht zu bringen.«
      »Ist mir klar«, nickte Dillon. »Aber er hat in der Vergangenheit ganz eindeutig aktive Gruppen mit Material beliefert, das wissen wir.«
      »Nur können wir es nicht beweisen.«
      »Sie möchten gern mal wieder ein bisschen aufräumen, nicht wahr?«, fragte Ferguson.
      Dillon zuckte die Schultern. »Kein Mensch würde ihn vermissen, im Gegenteil. Bei Scotland Yard ließe man Champagnerkorken knallen.«
      »Vergessen Sie es.« Ferguson stand auf. »Ich glaube, ich mache heute mal früher Feierabend. Raus mit Ihnen. Mein Fahrer wartet auf Sie, Chief Inspector. Gute Nacht.«
      Da es immer noch in Strömen regnete, nahm Dillon von der Garderobe im Flur einen Regenschirm und brachte Hannah zum Daimler. Sie stieg auf den Rücksitz und kurbelte das Fenster herunter. »Ich mache mir Ihretwegen richtig Sorgen, wenn alles so ruhig ist. Dann sind Sie am allergefährlichsten.«
      »Ach, fahren Sie schon«, grinste er, »ehe ich noch anfange zu glauben, dass Ihnen was an mir liegt. Wir sehen uns morgen früh im Büro.«
      Dillon behielt den Regenschirm und ging mit raschen Schritten in Richtung Stable Mews davon. Es waren nur fünf Minuten bis zu seinem kleinen Haus, das sehr viktorianisch wirkte mit den orientalischen Teppichen, den polierten Holzböden und einem Kamin, über dem ein Ölgemälde von Atkinson Grims haw hing, dem großen viktorianischen Künstler, denn Dillon war keineswegs unvermögend. Seine mehr oder weniger windigen Aktionen im Verlauf der Jahre hatten ihm einiges eingebracht.
      Er fühlte sich merkwürdig ruhelos und schenkte sich einen weiteren Bushmills ein. Während er den Grimshaw betrachtete, dachte er an Tim Pat Ryan und blickte auf seine Uhr. Halb zwölf. Um schlafen zu können, war er viel zu nervös. Kurz entschlossen ging er zur Anrichte, nahm den Stöpsel aus der Karaffe und goss den Whiskey zurück.
      Aus einem Bücherregal
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