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An die Empoerten dieser Erde

An die Empoerten dieser Erde

Titel: An die Empoerten dieser Erde
Autoren: Stéphane Hessel
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daher die Idee des Sicherheitsrates und des Vetos. Wir müssen auch berücksichtigen, dass dieses Veto nur im Sicherheitsrat existiert. In allen anderen Organisationender UNO ist eine richtige Abstimmung, Nation um Nation, notwendig. Nur die Mehrheit ist maßgebend, und ein Veto existiert nicht.
    Sind wir aber heute bereit, zuzugeben, dass wir eine Reform der UNO brauchen? Seit fünfzehn Jahren sage ich, dass wir eine Reform der UNO dringend brauchen. Ich saß zu diesem Zweck mit Richard von Weizsäcker in einem Gremium. Wir haben überlegt, wie wir das Veto abschaffen oder den Sicherheitsrat so verändern könnten, dass er in Zukunft nicht fünfzehn, sondern vielleicht fünfundzwanzig Mitglieder umfasst. Zehn davon und nicht nur fünf wären permanente Mitglieder, und jedes besäße nicht ein einzelnes Vetorecht, sondern nur ein besonderes Recht, nämlich mit den anderen eine Zweidrittelmehrheit zu erreichen. Das wäre eine wichtige Reform der UNO, sie ist allerdings im Augenblick sehr schwer durchzubringen. Ich halte es aber nicht für unmöglich, dass in den nächsten Jahren Bewegung in die Sache kommt. Dann könnten wir das Veto, so wie es heute noch in Kraft ist, loswerden.
    Äußerung aus dem Publikum: Guten Abend und vielen Dank für die Ermutigung und die Courage! Ich komme aus Südafrika, und ich muss betonen, dass damals der Boykott gegen Südafrika ein großes Druckinstrument war. Er hat geholfen, eine Veränderung herbeizuführen. Und Sie haben absolut recht, als Minderheit kann man viel mehr tun, und das auch ohne Angst.
    S.H.: Danke schön, ein gutes Beispiel, das Sie uns geben! Ich bin mit Ihnen ganz einverstanden. Wir müssen ausder Geschichte lernen und uns überlegen, wie wir Ihr Beispiel auf andere Länder übertragen können.
    Frage aus dem Publikum: Monsieur Hessel, wie werden Sie also verhindern, dass die Vereinigten Staaten gegenüber den Palästinensern schon wieder ihr Veto einlegen werden?
    S.H.: Das ist natürlich das Problem, und wir müssen jetzt zunächst mal abwarten. Aber Ihre Frage verweist auf etwas Grundsätzliches, nämlich: Wie kann man prinzipiell etwas erreichen? Seit Jahren bestehe ich darauf, dass Worte zwar wichtig, aber Taten noch wichtiger sind. Ich habe mein Leben lang Vorträge gehalten, ich habe also schon viel geredet. Und die Rede fordert immer: Wir müssen dieses oder jenes tun und erreichen! Die Frage ist dabei in solchem Zusammenhang immer wieder: Wie kommt man von der Rede zur Tat und zum Handeln, die etwas bewirken können?
    Das Russell-Tribunal zum Bespiel verstehe ich als eine Aufmunterung an die Zivilgesellschaft, sich zu engagieren. Gerade in diesem fürchterlichen Konflikt zwischen Israel und Palästina ist es sehr schwer, ein Engagement zugunsten Palästinas in Gang zu bringen. So viele Menschen haben große Bewunderung für Israel und niemand für die Palästinenser. Viele sagen sich, dass es nicht nur den Palästinensern, sondern auch anderen Völkern schlechtgeht, wir also ruhig froh sein sollten, dass es wenigstens Israel gutgeht! Solche Argumente und Kurzschlüsse hört man überall, so dass es gar nicht leicht ist, den Leuten zu begegnen und ihnen zu sagen, so aber darf es nicht weitergehen.
    Eines hat mich in jüngster Zeit ganz besonders gerührt und gefreut, das möchte ich noch erwähnen. Auf dem Boulevard Rothschild in Tel Aviv haben sich Menschen versammelt, die sich empörten und skandierten, dass sie nicht weiter dulden werden, wie es bei ihnen zu- und hergeht. Na ja, im ersten Augenblick war der Grund für sie nur, weil der Käse zu teuer geworden ist! Aber wenn sie nachdenken, warum dieser so teuer geworden ist, und darauf kommen, dass die israelische Wirtschaft darunter leidet, dass so viel Geld für Tsahal 17 und für die Besetzung von Palästina ausgegeben wird, dann werden sie sich langsam fragen, ob das denn die richtige Regierung sei und ob man nicht eine andere Regierung haben sollte. Das wäre natürlich ein Fortschritt!
    Frage aus dem Publikum: Mich interessiert Ihre Sicht auf den Friedensprozess der letzten Jahre und auch, was Sie beiden Seiten empfehlen, um eine Lösung zu finden.
    A.M.: Ich nehme an, er spricht von Israel und Palästina. Das Wort »Friedensprozess« ist speziell, aber lassen wir die Frage mal so im Raum stehen, Herr Hessel.
    S.H.: Also, ich halte den Friedensprozess für gar nicht so unmöglich, aber ich glaube nicht, dass ein Druck auf Israel allein
     genügt, obwohl ich ihn, wie bereits gesagt, befürworte. Dem
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