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An den Rändern der Zeit, Teil 2 (German Edition)

An den Rändern der Zeit, Teil 2 (German Edition)

Titel: An den Rändern der Zeit, Teil 2 (German Edition)
Autoren: Antje Ippensen
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ihrem Ring, und Hals über Kopf stürmten die Kinder hindurch.
    Oi folgte ihnen, so schnell er konnte. Der Überraschungseffekt, den er ausgelöst hatte, hielt nicht lange an und sie wurden von zwanzig, dreißig wütenden Augenweltlern verfolgt, die dabei brüllten wie bei einer Hexenjagd. Sie warfen mit allem, was ihnen in die Hände kam, mit Steinen und Holzstücken, aber auch mit Äpfeln. Wenn es aber ums Flüchten ging, so war Bonea darin ebenso erfahren wie der kleine Dieb an ihrer Seite. Dies war etwas Vertrautes, und sie kam schnell in den besten Atemrhythmus, so dass es ihr einmal sogar gelang, sich geschmeidig halb herumzudrehen und einen der fliegenden Äpfel abzufangen. Wie beim Baseball. Trotz seines hämmernden Herzens und seines Seitenstechens blieb Oi der Mund offen vor Staunen. Bonea grinste ihn kurz an. Um Two Vocals musste man sich ebenfalls keine Sorgen machen, er lief schneller, als sein Körperbau es vermuten ließ, und die wenigen Wurfgeschosse, die ihn trafen, prallten wirkungslos an ihm ab.
    Die Richtung gab Faruk vor, was nur logisch war, und ehe sie völlig erschöpft waren, hatte er sie geschickt in ein Versteck gebracht, den Keller einer Großküche. Auch Oi schaffte es sich durch das Fenster hindurchzuzwängen, bevor ihn ein Verfolger sehen konnte. Mit fliegenden Fingern schloss Faruk das Fenster wieder.
    Kaum waren sie ein wenig zu Atem gekommen, roch Bonea den verführerischen Duft von oben, der durch das Entlüftungssystem strömte. NAHRUNG, und sie biss sich auf die Lippen. Ihr wurde ganz schwach. Sehnsüchtig dachte sie an den Rest der zweiten Pastete und den Apfel, beides gut in ihrer Jackentasche verstaut, doch sie nahm sich mit aller Kraft zusammen.
    „Es ist schlimmer geworden, nicht wahr?“, sagte sie zu ihren beiden Kameraden. „Die Sache mit der Furcht, meine ich. Wie diese dicke Frau kreischte! DIE SEUCHE, schrie sie. Es war wie eine Art Wahnsinn.“ Faruk nickte heftig und Oi sagte versonnen: „Ich glaube, ich verstehe, was du meinst.“
    „Eure Regierung muss dahinterstecken. Eure Regierung, die keiner von euch kennt und die ihr nicht gewählt habt. Es ist wie das mit dem ‚sprecht ordentlich, benutzt keinen Slang mehr‘. Auch das wurde euch von der Regierung eingetrichtert. Verhaltensmodifikation. Genau das macht man mit euch.“
    Faruk kritzelte wieder.
    „1 paar s. immun“, las Bonea.
    „Ja, zum Beispiel du und ich, mein Kleiner … und zum Teil wohl auch der gute Two Vocals, sonst wäre er nicht so nett zu dir und mir. – Du kannst übrigens toll mit Steinen werfen.“
    Faruk lächelte stolz.
    „Wie lange können wir noch hierbleiben, Brüderchen?“ Sie strich ihm zärtlich über das schweißnasse schwarzbraune Haar.
    Er hielt fünf Finger hoch.
    „Fünf Minuten? Und wohin dann?“
    Er schrieb sogleich. „Kenne 1 sich., verlass. Pl.“
    „Zum Glück treibst du es mit den Abkürzungen nicht zu weit“, brummte Bonea, um sich dann energisch an Oi zu wenden. „Sag mal, war dir überhaupt klar, dass diese Irren uns vorhin beinahe umgebracht hätten? Wieso hast du dich nicht besser gewehrt, was sage ich, UNS verteidigt?“
    Er schwieg, und eine flammende Röte zog bis in seine Glatze hinauf.
    „Du bist so stark, Two Vocals. Du hättest zwei oder drei niederhauen können, so hätten wir mehr Luft gehabt.“
    „Das stimmt wohl, nur …“ Hilflos blickte er seine kleine Freundin an. Als Rausschmeißer war er es ja gewöhnt gewesen, hin und wieder grob zu werden, aber er erkannte immer deutlicher, dass seine schmachvolle Entlassung aus dem Job ihm einen schweren Knacks verpasst hatte. Doch er konnte das nicht in Worte fassen.
    Bonea betrachtete ihn lange. „Hmmm … ich glaube, ich versteh schon. Aber du musst dagegen ankämpfen, weißt du? Ich kann dir vielleicht dabei helfen. An diesem ‚sich., verlass. Pl.‘“ Sie lachte befreit auf und schüttelte sich kurz. „Was für eine grässliche bleiche Reptilienbestie da unten! Und mit sowas musst du dich zu allem Überfluss auch noch ständig herumschlagen, Faruk?“
    „Albino-Alligatoren“, murmelte Oi, „die und die Unterwelt gehören zusammen.“
    „Das BIG BLACK C würde uns helfen, hatte ich gesagt“, sprach Bonea vor sich hin. „Aber nun haben wir sozusagen das KLEINE C in Form unseres Kumpels Faruk. Wir sind ein Kleeblatt, wir drei. – Wie viele Außenseiter und verlorene Existenzen mag es wohl noch geben in eurer gelobten, goldenen, göttlichen Stadt? – Ich will ja immer noch mit eurer
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