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An den Rändern der Zeit, Teil 2 (German Edition)

An den Rändern der Zeit, Teil 2 (German Edition)

Titel: An den Rändern der Zeit, Teil 2 (German Edition)
Autoren: Antje Ippensen
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Regierung reden, aber nach allem, was ich bis jetzt so erfahren habe, erschiene es mir sinnvoller, gleich eine Revolution anzuzetteln. Na ja …“ Sie zuckte mit den mageren Schultern. „Im Grunde weiß ich noch zu wenig.“
    „Jemanden finden, der mehr weiß“, wiederholte Oi ihre früheren Worte.
    Faruk sprang auf und zupfte an Boneas Ärmel.
    „Gehen wir“, meinte sie. „Überall ist es besser als hier. Erst Augenweltlern und DANN auch noch Essensgerüchen ausgeliefert – das ist wirklich eine Folter.“
    Faruk benutzte viele Schleichwege, und am frühen Abend erreichten sie seinen „sicheren Platz“. Es handelte sich um einen verwilderten Garten in einem der Vororte.

Abschnitt I
     
    Der Konferenzraum der ZSW war kahl und schmucklos. Man saß an einem ovalen, dunkel geäderten Marmortisch: vierundzwanzig Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, allesamt älter als 85.
    Die Vorsitzende und ihr Adlatus hatten am Kopfende Platz genommen, und Sujetta wartete, bis alle halblauten Gespräche verstummt waren. Schweigend ließ sie ihre Blicke über die Versammlung wandern. Einige von ihnen hatten sich ihrer ungeheuren Eitelkeit hingegeben und so lange an sich herumexperimentiert, bis sie das Aussehen von 50- oder besser noch 40-Jährigen besaßen. Anderen war das Äußerliche eher egal, konnte es ja auch sein, denn ihre Supergehirne funktionierten einwandfrei, und von altersbedingten Zipperlein blieben sie auch allesamt verschont. Agile Greise, in deren Augen fanatischer Forschungswille funkelte.
    „Ich darf um eure Aufmerksamkeit bitten“, sagte Sujetta kühl, und dann berichtete sie von den neuen Informationen, die durch die Argentum-Garde gesammelt worden waren – Charlies teilweise recht kühne Schlussfolgerungen jedoch ließ sie weg.
    Der Versammlungsrat reagierte dennoch erregt und wie elektrisiert auf die Nachrichten. Ein oder zwei Minuten lang redeten sie alle durcheinander.
    „Disziplin, Kollegen!“, mahnte Sujetta. „Disziplin!“
    Das wirkte immer, wie eine Zauberformel, denn sie alle erinnerten sich an die dramatischen Folgen, die Schlamperei und Nachlässigkeit angerichtet hatten, damals, als die ZENTRALE noch LABOR hieß und das geschah, was nie hätte geschehen dürfen.
    „SIE lebt also tatsächlich immer noch!“, sagte ein Molekulargenetiker, nachdem das Raunen und Murmeln verebbt war. „Alle andere Exemplare, die damals entkommen konnten, sind inzwischen verendet, das stimmt doch, oder?“
    „Soweit wir wissen, ja“, erwiderte Sujetta mit einem gelassenen Lächeln.
    „Verdammt!“, rief ein Psychotechniker. „Es gab einmal eine Zeit, als in der Augenwelt nicht einmal ein Staubkorn zu Boden fallen konnte, ohne dass wir davon wussten! Dies ist also die Erklärung dafür? Diese – diese Monstrosität mischt bei der neuen Regierung mit?“
    Sujetta runzelte missbilligend die Stirn über den Ausdruck „Monstrosität“ und sagte dann noch eine Spur kühler: „Ihr müsst lernen, in etwas anderen Maßstäben zu denken, was B.C. betrifft. Ihr habt es nie wahrhaben wollen, aber Dymekon und ich wussten immer, wer sie ist. Was sie ist. Was sie KANN.“
    Sie machte eine kleine, wohlberechnete Pause, genau wie Charlie es getan hatte, als er Bericht erstattete.
    „Liebe Kollegen und Kolleginnen, B.C. IST die Regierung. Das liegt völlig klar auf der Hand.“
    Daraufhin war das entsetzte Schweigen im Konferenzraum fast greifbar. Nur Eric schnaubte abfällig und verdrehte die Augen. „‘Mischt mit‘ wäre doch gar nicht möglich gewesen“, höhnte er, „schließlich war sie doch als Einzelgängerin angelegt.“
    „Stimmt“, murmelte der Psychotechniker, „das hatte ich vergessen. Aber das ist – ungeheuerlich!“
    „Du sagst es“, erwiderte Sujetta immer noch ruhig, „auf der anderen Seite erfüllt sie im Grunde nur ihren ihr von uns einprogrammierten genetischen Auftrag – wenn auch sozusagen ‚wild‘, wie ein Computervirus. Jahrzehntelang haben WIR die Augenwelt kontrolliert, und nun tut sie es. Ein interessantes Experiment, ein wenig aus dem Ruder gelaufen.“
    „Aber wie genau bringt sie das fertig?“, fragte eine silberblonde Neuro-Ingenieurin, die der Eitelkeitsfraktion angehörte. „Versetzt sie sich einfach in empathische Trance und alles formt sich so, wie sie es haben will?“ Ein ungläubiges Kichern begleitete ihre Worte.
    Sujetta blieb ernst. „Nun, im Wesentlichen wird das in der Tat so ablaufen.“
    „Was??“ Alle starrten sie an.
    „Aber ich denke, es
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