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Amors Glücksfall (German Edition)

Amors Glücksfall (German Edition)

Titel: Amors Glücksfall (German Edition)
Autoren: Johanna Wasser
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stehen. Er hat das Fenster heruntergekurbelt.
    „So habe ich dich noch nie gesehen!“
    Ich bin noch irritierter. Ich kenne diesen Mann nicht und auch das bisschen Lorenzo in mir kann sich offensichtlich nicht entsinnen. Da ist nichts, was sich freudig zusammenzieht oder vor Angst zu pochen beginnt. Kein körperliches Anzeichen, dass wir beide uns kennen. Doch diesmal ist es egal, ich mache mir keine Mühe nachzudenken.
    „Es ist ein Notfall!“, keuche ich. Mein Gesicht muss bereits rot angelaufen sein, was die Aussage noch unterstützen dürfte.
    „Musst du ins Krankenhaus?“
    Nein! Jetzt blinkt das Alarmsignal in mir auf. Bloß kein Krankenhaus! Die Ampel springt um.
    „Ja“, sage ich und reiße die hintere Tür auf. Der Taxifahrer murmelt etwas Unverständliches. Doch mein unbekannter Freund scheint mir zu glauben.
    „Es ist in Ordnung“, beruhigt er den Mann. „Wo ist hier das nächste Krankenhaus?“ Wir rasen über die Kreuzung. Ich versuche mich zu sortieren.
    „Bitte kein Krankenhaus, ich habe meine Medikamente zu Hause vergessen“, lüge ich. „Es ist viel näher, wenn wir gleich dorthin fahren.“
    „He ßstraße“, sagt mein Retter. Ich wundere mich kurz. „Es ist doch noch immer die Heßstraße, oder?“
    „Ja“, sage ich. Dies muss einer von Lorenzos Verflossenen sein, jetzt bin ich mir sicher. „Ist das vielleicht sogar Vassili?“, überlege ich kurz. Komisch, dass Lorenzo gar nicht auf ihn reagiert. Liegt es vielleicht daran, dass er neu verliebt ist? Ist aber auch egal! Ich lehne mich zurück und atme durch. Es könnte jetzt doch klappen. Mein Alarmherzklopfen geht langsam zurück und beruhigt sich sogar beinahe vollständig. Das Problemfeld „Zeit“ wäre erst einmal erledigt. Ich krame in meiner Brieftasche, ziehe einen 20-Euro-Schein heraus und klopfe dem Beifahrer von hinten auf die Schulter. Er dreht sich kurz um. Sieht auch überhaupt nicht wie ein russischer Balletttänzer aus. Das Taxi bleibt direkt von Lorenzos Haustür stehen.
    „Passt schon, Mark“, sagt er. Ich reiße die Tür auf und springe auf die Straße. Als das Auto davonfährt, beginnne ich zu begreifen. Habe ich mich gerade verhört, oder sagte er wirklich Mark zu mir? Also doch nicht Vassili.
    Ich breche meine Überlegungen ab, sperre die Haustür auf und laufe die Stufen hinauf. Lorenzos Körper fühlt sich viel leichter an, vielleicht weil ich auch keine Zeit habe, über seine sonstige Trägheit nachzudenken. „Mark?“, pocht es in meinem Kopf. Die Gedanken vermischen sich mit den Gedanken an Stella und ihre Rede, Stella und ihren Verehrer, Stella und meinen Weg zurück in mein Leben. Erst vor dem Spiegel im Bad begreife ich, dass alles noch immer so ist, wie in den letzten vier Wochen. Fast habe ich mich daran gewöhnt. Vielleicht empfinde ich diesen Körper deswegen nicht mehr als eine wirkliche Last. Ich habe mich mit ihm und auch ein wenig mit Lorenzo versöhnt. Wie auch immer man das erklären kann, bei einem nahezu abwesenden Lorenzo. Irgendwo da draußen ist er. Vielleicht steckt er wirklich in meinem Körper und verflucht ebenso die Situation. In diesem Fall wäre sein Unmut sogar wirklich begründet. Viel Spielraum ist in einem kleinen Zimmer auf der Inneren ja nicht. Kurz kommen mir meine eigenen Versuche, die so oft gescheitert waren, wie Luxus vor. „Ich konnte kämpfen“, denke ich, sehe mir Lorenzos Visage noch einmal an und grinse. Dann gehe ich ins Wohnzimmer, mache den Laptop und den Drucker an und löse meine vorletzte Aufgabe. Aufklicken, Ausdrucken, das Papier falten und in die Jackettasche stecken, raus auf die Straße und an der Ecke ein Taxi fangen. Diesmal geht es alles ganz schnell.
 
    Die Schla nge ist weg, als ich vor dem Gebäude der Veranstaltung auf die Straße trete. Ich gehe hinein, lasse am Empfang Frank Tanner ausrufen und warte, bis jemand kommt. Klar ist er das nicht selbst. Es ist sicher eine seiner Praktikantinnen, die mich so abfällig mustert.
    „Ja bitte, Sie haben etwas für Herrn Tanner?“ „Wehe, wenn nicht“, sagt mir ihr Blick. „Wehe, wenn nicht und ich muss wegen dir einen Teil der Veranstaltung verpassen!“
    „Hier!“ Ich reiche ihr den Zettel mit dem Ausdruck der Rede. „Sorgen Sie dafür, dass die Jungunternehmerin des Jahres es sofort bekommt.“ Jetzt huscht so etwas wie ein Lächeln über ihr Gesicht.
    „Sie wissen, dass ...“
    „ Stella gewonnen hat?“ Ich nicke und muss unwillkürlich lächeln. „Ja, ich gehöre zu ihrem Team“,
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