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Amors Glücksfall (German Edition)

Amors Glücksfall (German Edition)

Titel: Amors Glücksfall (German Edition)
Autoren: Johanna Wasser
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„Ich bin dankbar dafür“, sagt sie und ich bilde mir ein, dass sie direkt zu mir sieht. Natürlich kann sie von der Bühne aus unmöglich erkennen, wo ich stehe. Ich beginne wie verrückt die Rede weiter voran zu treiben. In meinem Kopf spiele ich sie ab wie eine Schallplatte. Komm Stella, sprich mit! Wieso ahne ich, dass die Zwei sich nicht verlieben werden? Mir wird schlecht, mein Bauch wird flau und alles im mich herum beginnt sich zu drehen. Von der Rede auf der Bühne kriege ich gar nichts mehr mit. Mir bleibt keine Zeit mehr, um einen anderen Plan aus dem Hut zu zaubern. Ich kann weder zuhören, noch kann ich nachdenken. Meine Übelkeit steigert sich vom Magenbrummen über weiche Knie zum endgültigen Panikanfall. Ich stehe auf, lehne mich an die Tür und trete ins Freie. Und genau in diesem Moment weiß ich, dass es vorbei ist. Meine Zeit ist abgelaufen: keine zehn Paare in einem Monat. Es ist vorbei!
     

Nachspiel
     
     
    Keine Ahnung, wie ich es auf die Straße schaffe und später zum Bus oder ins Taxi. Ich kann mich überhaupt nicht daran erinnern, wie ich ins Krankenhaus komme. Vielleicht haben sich mich ja auch eingeliefert, weil ich in der Empfangshalle gekotzt habe. Den Kollegen hatte ich ja neulich erst von einem Magen-Darm-Parasiten erzählt. Kommt vor, dass der raus will. Ich habe keinen blassen Schimmer. Fakt ist aber: Ich liege in einem Krankenbett und fühle mich furchtbar. Ich werde für immer und ewig ein Mensch bleiben, der keine Ahnung davon hat, wer er ist. „Der dazu verdammt ist, dem Glück anderer auf die Sprünge zu helfen und selbst nicht imstande ist, seine Chancen beim Schopfe zu packen“, denke ich resigniert. Lorenzo und ich sind uns vielleicht ähnlicher, als ich es geahnt habe. Vielleicht geschieht es mir also ganz recht, dass alles beim Alten bleibt. Ich habe nichts gelernt. Offensichtlich verdiene ich es, hier eingesperrt zu sein. Ich sehe eine Krankenschwester, die mir in meinem vernebelten Gehirn vorkommt, als sei sie Calopea. Sie schließt etwas an meinen Arm an, streichelt mir über den Kopf und redet ganz leise und besonders behutsam auf mich ein, ohne dass ich auch nur ein Wort verstehen kann. Ich gleite für eine Weile ins Nichts, denke nicht, habe keinerlei Kopfschmerzen und auch mein Magen beruhigt sich langsam. Ich versuche meine Augen aufzumachen und sehe erst nach und nach wieder ein vertrautes Gesicht vor mir.
    Wie an meinem ersten Tag als Lorenzo sehe ich genau die gleiche Frau als erstes wieder und bin erstaunt. Sie sorgt sich um mich. Und diesmal unterscheide ich nicht, wen genau ich meine. Sie meint mich. Sie lächelt, dann nimmt sie meine Hand, legt etwas hinein, schließt die Hand zur Faust und küsst diese dann auf den Handrücken. Ich kann auch sie nicht hören. Aber ich sehe sie und das genügt mir. Wieder verschwinde ich ins Nichts.
    Als ich zu mir komme, sitzt sie noch immer auf einem Stuhl neben dem Bett. Meine Faust liegt jetzt auf meinem Brustkorb, der sich regelmäßig hebt und senkt. Ich fühle mich benebelt, doch mein Körper gehorcht mir nach einigen Mühen. Ich öffne die Hand und betrachte den kleinen Pappzettel, der sich darin befindet. Ich sehe hoch. Meine Besucherin lächelt mir zu, steht auf und dreht das Papier so, dass ich die Signatur darin lesen kann.
    „In Liebe, Dein Mark“, steht da. Mir steigen Tränen in die Augen. Ich sehe wieder zu Stella, die zu lächeln versucht. Auch auf ihren Wangen glänzen die Tränen. Ich kann mich nicht erinnern, die Worte geschrieben zu haben und doch weiß ich, dass ich sie genauso gemeint habe.
    „ Das zehnte Paar hat von allein zusammengefunden“, denke ich, sehe zu Stella und dann an ihr vorbei zur Tür, wo ich noch zwei andere Menschen stehen sehe. Der Anblick des einen ist mir sosehr vertraut, dass ich nicht nachdenken muss, wer er ist. Der andere ist Karim, der so glücklich wirkt, wie ich mich gerade fühle. Ich meine zu sehen, dass sie einander an der Hand halten und ich glaube zu spüren, dass ich wieder in meinem eigenen Körper bin. Die Schwäche der Muskeln verrät es mir.
    Es ist ein schönes Gefühl , zurück zu sein und doch denke ich plötzlich an Amor und Calopea und daran, was sie mir einst über den begrenzten menschlichen Verstand gesagt haben. Vielleicht verstehe ich es auch jetzt nicht, aber ein Blick zu Stella und ich kann ihr Glück förmlich spüren. Ein Blick zu Karim und Lorenzo und ich weiß genau, wie es den beiden geht. Ich fühle ihre Liebe, vielleicht weil ich
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