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Amok: Thriller (German Edition)

Amok: Thriller (German Edition)

Titel: Amok: Thriller (German Edition)
Autoren: Tom Bale
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schließen und es geschehen zu lassen: Schändung, Tod, was immer er mit ihr im Schilde führte.
    Und dann rebellierte etwas in ihr gegen diese Schicksalsergebenheit. Allerdings wusste sie auch, dass sie es nie zu dem Haus auf der anderen Seite schaffen würde. Ohnehin hatte sie keine Garantie, dass die Frau sie überhaupt einlassen würde. Die Eibe war ihre einzige Chance.
    Sie humpelte darauf zu und schleifte ihr verletztes Bein hinterher wie ein Sträfling seine Eisenkugel. Als sie näher kam, sah sie, dass der Baum sich aus vier mächtigen Stämmen zusammensetzte, mit einem natürlichen Hohlraum in der Mitte. Sie ging einmal um den Baum herum und fand eine Lücke, die groß genug war, um sich hindurchzwängen zu können.
    Walker sprach wieder. Er knurrte den Killer an, doch der lachte nur. Julia hörte das Gartentor quietschen, dann Schritte auf Walkers Gartenweg. Sie konzentrierte sich darauf, sich bis zur Mitte des Baums vorzukämpfen, und registrierte mit einem Gefühl des Triumphs, dass sie jetzt für den Killer nicht mehr zu sehen war.
    Dann vernahm sie das eigenartige peitschende Geräusch der schallgedämpften Pistole. Und spähte gerade rechzeitig aus ihrem Versteck hervor, um zu sehen, wie Philip Walker, aus nächster Nähe von zwei Schüssen getroffen, zu Füßen des Killers zusammenbrach.
    Sie zog rasch den Kopf wieder ein, und Tränen trübten ihren Blick, als ihr schlagartig klar wurde, dass er sich für sie geopfert hatte. Sie war es ihm schuldig, diese Chance nicht zu vergeuden.
    Aber was konnte sie tun? Ihr blieb nichts anders übrig, als in den Baum zu klettern. Wenn sie eine gewisse Höhe erreichte, würden die dichten Nadeln sie vielleicht vor seinen Blicken verbergen. Wenn er keine Möglichkeit hätte, einen gezielten Schuss abzugeben, würde er gezwungen sein, ihr nachzuklettern. Sie könnte ihn abwehren, indem sie nach ihm trat oder ihm auf die Finger stieg.
    Sie packte den höchsten Ast, den sie erreichen konnte, drückte sich mit dem Rücken gegen einen der Stämme und begann sich hochzuhieven. Selbst mit ihrem verletzten Bein erwies es sich als eine erstaunlich effektive Klettertechnik. Die Borke fühlte sich kühl an, sie erinnerte an sonnenverbrannte Haut; trockene Schuppen fielen von der glatteren Oberfläche darunter ab. Die Äste waren dick und knorrig, wie in einem Märchenwald. Sie hätte sich nicht gewundert, wenn einer sich plötzlich um ihre Hüfte geschlungen und sie behutsam in die Krone gehoben hätte, um sie in Sicherheit zu bringen.
    Sie war zwei oder drei Meter über dem Boden, als sie den Killer wieder sehen konnte. Er hatte sich vom Schulhaus abgewandt und hantierte im Gehen mit seiner Pistole herum. Wahrscheinlich lud er nach, vermutete Julia. Sie konnte Walkers reglosen Körper im Eingang seines Hauses liegen sehen.
    Der Killer ließ das Magazin wieder einrasten. Er hatte die Wiese erreicht und blieb abrupt stehen. Er sah sich um, zuerst verwirrt, dann wütend. Ein rauschhaftes Hochgefühl erfasste Julia. Jetzt habe ich dich schon zum zweiten Mal ausgetrickst.
    Sie stieg weiter hinauf. Die kurzen Nadeln der Eibe wuchsen dicht rings um sie herum und verbargen sie vor allen Blicken. Inzwischen würde er schon ganz dicht an den Stamm herantreten müssen, um sie zu sehen. Noch ein halber Meter, und sie wäre perfekt getarnt.
    Jetzt hatte sie eine echte Überlebenschance. Schließlich, so überlegte sie sich, kann der Alptraum nicht endlos weitergehen. Irgendwann muss doch Hilfe eintreffen.
    Irgendetwas muss doch passieren , sagte sie sich.
    Und dann passierte es.

5
     
    Er sah aus wie eine Gestalt aus einem Film. Ein Superheld, ein Spezialagent und James Bond – alles in einer Person.
    Ihr Retter.
    Er war von Kopf bis Fuß in schwarzes Leder gekleidet: Jacke, Handschuhe, Hose, Stiefel, wie eine Art Kostüm. Dazu trug er einen schwarzen Motorrad-Integralhelm. Urplötzlich tauchte er aus der Hurst Lane kommend auf und marschierte auf den Killer zu. Obwohl augenscheinlich unbewaffnet, zeigte er keine Furcht. Er bewegte sich schnell, seine ganze Körpersprache war selbstsicher und entschlossen. Es war das Überwältigendste, was Julia je gesehen hatte.
    Er rief etwas, mit barscher Stimme. Der Killer hörte es und fuhr herum. Sofort änderte sich sein Gebaren. Er schien zu schrumpfen und senkte respektvoll den Kopf vor dem Mann, der auf ihn zuschritt.
    »Was zum Teufel tust du mit dem Ding da?«, wollte der Mann wissen. Julias Herz machte vor Freude einen Sprung. Endlich
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