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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung
Autoren: Stephen R. Donaldson
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oder Verletzungen ins Quartier verwiesene oder ins Medizinalrevier eingelieferte Besatzungsmitglieder erwähnt; das hieß, den vier Schichten fehlten fünfzehn Personen.
    Kaum hatte Min die neuen Befehle Warden Dios’ erhalten gehabt, war ein Versorgungsshuttle durch sie auf Kurs zur Rächer beordert worden; binnen so kurzer Frist war es jedoch ausgeschlossen, den Kreuzer nachschubmäßig ausreichend aufzufrischen. Kein Wunder also, daß der Kapitän zu beschäftigt war, um die Steuerbrücke zu verlassen. Das Raumschiff hatte Schäden, eine zu schwache Besatzung und unzulängliche Ausstattung; darum gab es ein etwas armseliges Instrument für einen wichtigen Auftrag ab. Man konnte im Interesse der Rächer-Besatzung nur hoffen, daß der Flug sich tatsächlich so belanglos gestaltete, wie Min befürchtete.
    Während sie dem Bootsmann bugwärts folgte, streichelte sie mit der Handfläche den Griff der Dienstpistole, um das Gemüt zu beschwichtigen.
    Abgesehen von Gewicht, Besatzung und Bewaffnung bestand einer der übrigen Unterschiede zwischen einem Raumkreuzer wie der Rächer und einem Zerstörer wie etwa der vernichteten Stellar Regent daraus, daß die Brücke der Rächer in ein Kommandomodul integriert war, das vom Hauptrumpf des Schiffs getrennt werden und als separate Einheit fungieren konnte. Hätte Kapitän Davies Hyland einen Kreuzer geflogen, wäre es ihm vielleicht möglich gewesen, den Untergang der Stellar Regent zu überleben; mit dem Leben davonzukommen und seine Tochter vor Angus Thermopyles Pfoten zu schützen. Auch das war ein Detail, aufgrund dessen Min sich mit Selbstvorwürfen plagte; ungerechtfertigt quälte, selbst wenn man berücksichtigte, daß sie die Konstruktion der Stellar Regent gebilligt und persönlich Davies Hyland als Kommandanten ausgewählt hatte.
    Doch nichts von alldem spiegelte sich in ihrem Mienenspiel wider, während sie mit dem Bootsmann – inzwischen hatte sie ihn überholt – die Konnexblende durchquerte, die das Kommandomodul mit dem Rest des Raumschiffs verband. Ihr Gesicht trug den für sie eigentümlichen Ausdruck zur Schau, sobald sie vor Kapitän und Brückencrew der Rächer trat: eine strenge, undeutbare Miene.
    Fast augenblicklich stoppte auf der Brücke jede Bewegung. Zur Wartung an den Bildschirmen und Konsolen tätige Techniker verharrten. Die Brückencrew – die Posten umfaßten Steuerung, Zielcomputer, Datensysteme, Schadensbekämpfung, Kommunikation, Technikkonsole und Ortung – stockte vorübergehend bei ihren Beschäftigungen; an den Pulten verhielten die Hände, die Gesichter blieben starr.
    Die geballte Aufmerksamkeit flößte Min Donner das Empfinden ein, ihre Reputation als Warden Dios’ Henkerin verdient zu haben.
    Da jedoch brach Dolph Ubikwe, der Kapitän, den Bann, indem er seinen G-Andrucksessel auf Min zuschwenkte. »Willkommen an Bord, Direktorin Donner«, sagte er stoisch mit einer Stimme, die nach dem Poltern von Granit klang.
    Sofort erhob sich die Brückencrew und salutierte. Die Techs wichen Min aus, als glaubten sie – oder hätten gerne geglaubt –, sie stünden rangmäßig zu tief unter ihr, um Beachtung erregen zu dürfen.
    Kapitänhauptmann Ubikwes Tonfall allerdings sprach ganz und gar kein Willkommen aus. Seine Stimme drang ihm aus dem Brustkasten wie der Schall eines Subsonikbohrers. Selbst wenn Min stocktaub gewesen wäre, hätte sie sie durch ihre Schädelknochen durchaus hören können. Unter seinem Kommando gewesene Kadetten behaupteten, seine Stimme könnte aus zwanzig Schritten Abstand Farbe ablösen.
    Ubikwe war ein hünenhafter Mann, beinahe zu massig für die körperlichen Aufnahmekriterien der VMKP; jedoch hatte er unter seinem Fett immense Muskelpakete. Zu hohe Belastungen und zuwenig Duschen bewirkten, daß seine schwarze Haut im gleichmäßigen Schein der Brückenbeleuchtung speckig glänzte. Seine blutunterlaufenen Augen hatten rote Ränder; die Augäpfel schienen ihm aus den Höhlungen zu quellen. Auf den Armlehnen des Kommandosessels ruhten seine Fäuste schwer wie Keulen. »Danke, Kapitän.« Min hatte kein freudiges Willkommen erwartet. »Rühren«, befahl sie der Brückencrew, ohne den Blick von Dolph Ubikwe zu wenden. »Wie bald«, fragte sie ihn, während die Leute wieder ihre Plätze einnahmen, »können Sie in die Tach wechseln?«
    Ansatzweise verkrampften sich seine Fäuste. »Das hängt davon ab, ob Sie einen Befehl geben oder eine Frage stellen. Wenn Sie es befehlen, fliegen wir ab. Wir müssen nur das
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