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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung
Autoren: Stephen R. Donaldson
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kalkulieren.« Über die Risiken war sie sich im klaren. Sollte während der Hyperspatium-Durchquerung die interne Drallverschiebung auf das gesamte Raumschiff übergreifen, konnte die Rächer durch das Wechselspiel von Trägheitsmoment und Hysteresis fehlgesteuert werden, zwischen fünfzig Kilometer und einer halben Million Kilometer abseits vom programmierten Kurs in die Tard zurückfallen – in der Nähe eines Asteroidengürtels ein nahezu mit Gewißheit fatales Phänomen. Und falls es auf dem Flug durch den Asteroidengürtel geschah, ließ eine Kollision sich kaum noch abwenden. Um dagegen vorzubeugen, mußte das Schiff beinahe sämtliche Manöver schwerkraftfrei ausführen. Und dafür war es nicht konstruiert worden. Die Besatzung war darauf nicht eingestellt.
    Aber alles, was Angus Thermopyle tat oder ihm mißlang, entzog sich Mins Beeinflussung, sie hatte darüber keinerlei Informationen. Irgendwo in der Umgebung Thanatos Minors bewegte das Chronometer sich einem Termin entgegen, doch Min wußte absolut nicht, wie sie ihn hätte einhalten können. Diese Tatsache flößte ihr ein stärkeres Dringlichkeitsbewußtsein als Warden Dios’ Anweisungen ein.
    »Sobald wir wieder im Normalraum sind«, fügte Min hinzu, »schalten Sie die Kommunikationsanlagen auf sämtlichen Frequenzen auf maximale Empfangsleistung. Wenn dort draußen irgend was los ist, will ich, daß wir es hören. Fliegen Sie uns, vorausgesetzt wir erleben keine Überraschungen, von der Rückseite in den Asteroidengürtel sagen wir, zehntausend K von der Grenzzone entfernt und suchen Sie uns irgendeinen Felsklotz, hinter dem wir uns verstecken können, einen Brocken mit genug magnetischer Resonanz, um Ortungsinstrumente zu täuschen. Wecken Sie mich, wenn etwas vorfällt oder sobald wir in Position sind, je nachdem, was zuerst eintritt. Dann erläutere ich Ihnen weitere Einzelheiten.«
    Kapitän Ubikwe hob den Kopf und entblößte die Zähne, als wollte er sie verscheuchen. »Ist so gut wie erledigt.«
    »Ich weiß«, sagte Min leise, aber so deutlich, daß jeder auf der Brücke es hören konnte. »Andernfalls hätte ich das Kommando übernommen.«
    Um Ubikwe die Verlegenheit einer Antwort zu ersparen, drehte sie sich um und ließ sich vom Bootsmann durch die Konnexblende in den Hauptrumpf des Polizeikreuzers zurückbegleiten.
    Auf dem Weg zu dem für sie bestimmten Quartier merkte sie sich vor, Dolph Ubikwes Zielcomputer-Offizier ihrem persönlichen Stab einzuverleiben. Sie hatte lieber Leute um sich, die genügend Rückgrat kannten, um Einwände zu äußern.
    Hätte Warden Dios es ihr gestattet, genug Einwände vorzutragen, wäre sie vielleicht jetzt nicht an Bord eines beschädigten Raumschiffs mit einer erschöpften Besatzung, müßte es nicht wider alle Vernunft durchs Hyperspatium schleudern, um eine Aufgabe zu erfüllen, die sich entweder als so nutzlos oder dermaßen kritisch erwies, daß man damit besser jemand anderes hätte betrauen sollen.

 
HASHI
     
     
    Hashi Lebwohl war kein unehrlicher Mensch. Viel zutreffender wäre es gewesen, ihn als nichtehrlichen Menschen zu bezeichnen. Er hatte gerne mit Fakten zu tun. Allerdings enthielt Wahrheit für ihn keinerlei moralische Imperative, hatte in seiner Sicht keinen positiven oder negativen Wert. Sie hatte ihren Nutzen, geradeso wie Fakten nützlich sein konnten; er betrachtete sie als Werkzeug, das in mancher Hinsicht wirksamer war als sonstige Mittel, in anderer Hinsicht unbrauchbarer.
    Es zählte zu den Fakten seiner Stellung als Direktor der Abteilung Datenakquisition der VMKP, daß er gewissen Anforderungen zu genügen hatte. Auch Warden Dios selbst schätzte Fakten sehr; er verlangte sogar ständig nach immerzu neuen Fakten. Neben anderen Gründen hatte Hashi genau deshalb solche Achtung vor dem VMKP-Polizeipräsidenten. Warden Dios fehlte jede Neigung, irgend etwas über die Tonne zu bügeln und den Kontakt zur Realität zu verlieren, im Gegensatz zum unbeklagt abgetretenen Godsen Frik, der sich nie anders verhalten hatte; und ebenso im Gegensatz selbst zu Min Donner, der in mancherlei Beziehung der gleiche Fehler unterlief, ohne daß es ihr – wie typisch – jemals auffiel. Warden Dios lebte in der wirklichen Welt. Unter gar keinen Umständen hätte Hashi Lebwohl je gezögert, seine Pflicht zu tun und Warden Dios mit Fakten zu versorgen. Und er zauderte selten, anderen seine Einsichten in die Art und Weise mitzuteilen, wie Fakten miteinander zusammenhingen und sich zu
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