Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amnion 2: Verbotenes Wissen

Amnion 2: Verbotenes Wissen

Titel: Amnion 2: Verbotenes Wissen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
konnte die Käptens Liebchen mit luxuriösem Interieur prunken, und für Passagiere stand mehr als eine Kabine zur Verfügung. Mikka Vasaczk brachte Morn zu einer dieser Kabinen, schob sie hinein, zeigte ihr, wie man das Code-Türschloß und den Interkom-Apparat bediente. »Wollen Sie irgendwas?« erkundigte die Erste Offizierin sich zum Schluß in einem Ton, der nicht ganz den gängigen Höflichkeitsnormen entsprach.
    Morn wünschte sich so vieles, daß die bloße Vorstellung sie entmutigte. »Es geht schon«, antwortete sie mit einiger Mühe. »Ich brauche bloß Schlaf. Und Sicherheit.«
    Mikka hatte ausdrucksfähige Hüften; sie bewegte sie, als verstünde sie sie auf mancherlei verschiedene Weise zu nutzen. Die Art, wie sie sie jetzt zur Seite schwang, deutete Aggression an.
    »Darauf verlassen Sie sich mal nicht.« Sie gab ein spöttisches Brummen von sich. »Solange Sie an Bord sind, ist keiner von uns sicher. Seien Sie lieber vorsichtig. Nick ist gescheiter, als Sie glauben.«
    Sie ging, ohne eine Erwiderung abzuwarten. Die Tür glitt automatisch hinter ihr zu.
    Am liebsten hätte Morn geweint. Sie fühlte sich danach, sich zusammenzurollen und in einen Winkel zu drücken. Aber für Tränen und Feigheit fehlte ihr die Zeit. Ihr nacktes Überleben stand in Frage. Wenn sie nun keine Möglichkeit fand, um sich Schutz zu verschaffen, böte sich ihr keine zweite Chance.
    Als erstes tippte sie am Türschloß einen Code in die Tastatur, nicht weil es dann irgend jemand ernsthaft am Eintreten hinderte – die Bordcomputer konnten ihren Code, sobald es Nick darauf ankam, jederzeit durch Korrektursteuerung annullieren –, sondern weil es ein Eindringen verlangsamte; wenn jemand vor ihrer Tür aufkreuzte, würde sie vorgewarnt.
    Anschließend holte sie das Kontrollgerät ihres Zonenimplantats heraus.
    Das kleine, schwarze Kästchen stellte den Inbegriff ihres Niedergangs dar. Es hielt ihr vor Augen, wie teuer es sie gekommen war, sich ihm zu entziehen, wie tief die Verkrüppelungen reichten, die er ihr zugefügt hatte. Ihre Erniedrigung hatte ein so gründliches Ausmaß erlangt, daß sie um des Kontrollgeräts willen, das ihr die Macht übers eigene Z-Implantat garantierte, nicht davor zurückschreckte, sich innerlich von ihrem Vater, der VMK-Polizei und sämtlichen Idealen abzuwenden, die sie früher als vertretenswürdig erachtet hatte, ja sogar der Rettung durch den Sicherheitsdienst der KombiMontan-Station, der Befreiung, die ihr jede Form von Unterstützung und Trost zugänglich gemacht hätte, die die VMKP bieten konnte, und überdies Angus’ Exekution gewährleistet hätte, zu entsagen.
    Doch gleichzeitig wußte sie, daß das Kontrollgerät ihre letzte Hoffnung bedeutete. Das blieb ein Faktum, wohin sie auch ginge; ihr Aufenthalt an Bord der Käptens Liebchen machte es nicht wahrer oder unwahrer, sondern lediglich offensichtlicher. Durch das Z-Implantat hatte Angus Thermopyle sie zu weniger degradiert, als zu sein sie ertragen konnte. Er hatte ihr eingebleut, daß es sich bei ihrem leiblichen und seelischen Wesen um verachtenswerte Gegebenheiten handelte, bloße Dinglichkeiten, die man ungestraft gebrauchen oder mißbrauchen und danach wegwerfen durfte, falls sie keine Befriedigung mehr bereiteten, unzulänglich geratene Gebilde ohne Anspruch auf Respekt. Dank der gleichen Logik jedoch verlieh ihr das Z-Implantat die einzige Handhabe, durch die sie mehr werden konnte, als sie von sich aus verkörperte. Es versah sie mit der einzigen Aussicht, über ihre Kleinheit hinauswachsen, die Geringfügigkeit ihrer Abhilfen überschreiten zu können. Es gab ihr Macht, und sie hatte zu lange gänzliche Ohnmacht erdulden müssen. Ohne das Gerät könnte sie nie von den Schädigungen genesen, die sie erlitten hatte. Nichts anderes hatte die erforderlichen Eigenschaften, um den ihr durch Angus eingebimsten Lektionen entgegenzuwirken. Darum befand sie sich in Abhängigkeit von dem Gerät; und folglich mußte sie auf jede Art äußeren Beistands verzichten. Die KombiMontan-Station und die VMK-Polizei hätten für sie alles getan, was im Bereich des ihnen Möglichen lag; aber man hätte ihr das Gerät weggenommen – und damit hätte man sie im Endeffekt ihren Minderwertigkeitsgefühlen ausgeliefert.
    Überlassen Sie mir das Kontrollgerät, hatte sie einmal Angus angefleht. Ich brauche es, um gesund zu werden. Aber damals hatte er sich geweigert, und jetzt steckte sie in noch weit gebieterischeren Nöten.
    Momentan allerdings
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher