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American Psycho

American Psycho

Titel: American Psycho
Autoren: Bret Easton Ellis
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Flügelkappen-Brogues von Fratelli Rossetti. Schwenk auf die Post. Da gibt es eine halbwegs interessante Geschichte über zwei Leute, die während einer Party auf der Yacht einer zweitrangigen New Yorker Schickeriagröße spurlos verschwanden, während das Boot die Insel umschiffte. Blutspuren und drei zerbrochene Champagnergläser sind die einzigen Hinweise. Man vermutet ein Gewaltverbrechen, und die Polizei schließt aus gewissen Kratzern und Kerben auf Deck, daß der Killer eine Machete benutzte. Leichen wurden nicht gefunden. Verdächtige gibt es nicht. Price hatte mit seinem Sermon heute beim Lunch angefangen, ihn beim Squash-Spiel wieder aufgegriffen und während der Drinks bei Harry’s, drei J&B’s mit Soda, weiterpalavert, da allerdings wesentlich Interessanteres, nämlich über den Fisher-Account, den Paul Owen betreut. Price ist nicht zu stoppen.
    »Krankheiten!« ruft er mit schmerzverzerrtem Gesicht aus. »Da gibt es jetzt diese Theorie, daß man, wenn man den AIDS-Virus durch Geschlechtsverkehr mit einem Infizierten bekommen kann, auch alles andere so bekommen kann, ob Virus oder nicht – Alzheimer, Muskelschwund, Bluterkrankheit, Leukämie, Magersucht, Diabetes, Krebs, multiple Sklerose, Stoffwechselstörungen, Kinderlähmung, Legasthenie, mein Gott, man kann durch Ficken Legastheniker werden …«
    »Ich bin nicht ganz sicher, Mann, aber ich glaube kaum, daß Legasthenie ein Virus ist.«
    »Ach, wer weiß? Die wissen es nicht. Beweis das Gegenteil.«
    Draußen, auf den Bürgersteigen, kämpfen schmutzige und aufgedunsene Tauben vor einem Gray’s Papaya um Hot-Dog-Reste, während Transvestiten müßig zusehen und ein Streifenwagen lautlos in falscher Richtung durch eine Einbahnstraße fährt, der Himmel ist grau und niedrig, und aus einem Taxi, das unserem gegenüber im Verkehr steckengeblieben ist, winkt ein Typ, der ganz wie Luis Carruthers aussieht, zu Timothy herüber, und als Timothy den Gruß nicht erwidert, erkennt der Typ – zurückgekämmtes Haar, Hosenträger, Hornbrille –, daß wir nicht die sind, für die er uns gehalten hat, und blickt wieder in seine Ausgabe von USA Today. Beim Schwenk auf den Bürgersteig sieht man eine häßliche alte Stadtstreicherin mit einer Gerte, und sie schlägt damit nach den Tauben, die unbeirrt weiterpicken und hungrig die Überreste der Hot Dogs umkämpfen, und der Streifenwagen verschwindet in einer Tiefgarage.
    »Aber dann, gerade wenn du dich voll und ganz mit diesen Zeiten abgefunden hast, wenn sich dein Körper irgendwie auf diesen Irrsinn eingestellt hat und du an den Punkt gelangst, wo der Groschen fällt und das alles Sinn macht, kommt plötzlich so eine beschissene, verrückte obdachlose Niggerfrau an, die allen Ernstes auf der Straße leben will – verstehst du, Bateman – auf eben diesen Straßen, schau, da draußen « – er zeigt drauf – »und wir haben einen Bürgermeister, der nicht auf sie hören will, einen Bürgermeister, der dieser dämlichen Schlampe nicht ihren Willen lassen kann – Herr Jesus –, der die dämliche Schlampe nicht erfrieren lassen kann, damit sie endlich aus ihrem beschissenen selbstgewählten Elend erlöst ist, und schon bist du wieder da, wo du angefangen hast, verwirrt und am Ende mit deinem Latein … Nummer vierundzwanzig, nee, fünfundzwanzig … Wer wird alles bei Evelyn sein? Warte, laß mich raten.« Er hebt eine tadellos manikürte Hand. »Ashley, Courtney, Muldwyn, Marina, Charles – so weit richtig? Vielleicht auch einer von Evelyns ›Künstler‹-Freunden aus dem – herrje – ›East‹ Village. Du kennst die Sorte: der Typ, der Evelyn fragt, ob sie einen schön trockenen weißen Chardonnay hat …« Er schlägt sich die Hand vor die Stirn und schließt die Augen, dann preßt er mit zusammengebissenen Zähnen hervor: »Ich hau ab. Ich schicke Meredith in die Wüste. Sie legt es doch tatsächlich darauf an, daß ich sie gern habe. Mir reicht’s. Warum ist mir jetzt erst aufgegangen, daß sie die Persönlichkeit einer gottverdammten Quizmasterin hat? … Sechsundzwanzig, siebenundzwanzig … Ich meine, ich sage ihr, wie einfühlsam ich bin. Ich hab ihr erzählt, daß mir die Challenger-Katastrophe fast das Herz gebrochen hat – was will sie mehr? Ich bin moralisch gefestigt, tolerant, also ich bin mit meinem Leben wirklich hochzufrieden, ich blicke optimistisch in die Zukunft … ich meine, du etwa nicht?«
    »Klar, aber …«
    »Und von ihr kommt nur Mist zurück … Achtundzwanzig,
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