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American Psycho

American Psycho

Titel: American Psycho
Autoren: Bret Easton Ellis
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Kommentar spuckt Price fast seinen Absolut aus, aber ich versuche, allen fest in die Augen zu blicken, besonders Vanden, die, ohne die grüne Strähne und das Leder und mit etwas gesunder Bräune – sie könnte einen Aerobic-Kurs belegen, eine Bluse anziehen, irgendwas von Laura Ashley –, durchaus hübsch sein könnte. Aber warum schläft sie mit Stash? Er ist pummelig und bleich, hat kurzgeschnittenes Haar und mindestens zehn Pfund Übergewicht; unter dem schwarzen T-Shirt zeichnet sich kein Muskel ab.
    »Aber wir dürfen auch nicht unsere sozialen Probleme vernachlässigen. Wir müssen dem Mißbrauch des Sozialstaates ein Ende machen. Wir müssen den Obdachlosen Nahrung und Obdach gewähren, sowohl dem Rassenhaß entgegentreten und die Bürgerrechte verteidigen als auch die Gleichberechtigung für Frauen durchsetzen, dabei jedoch die Abtreibungsgesetze ändern, um das Recht des ungeborenen Lebens zu schützen, aber dennoch irgendwie die Entscheidungsfreiheit der Frau gewährleisten.
    Zudem müssen wir den Zustrom illegaler Einwanderer kontrollieren. Wir müssen eine Rückkehr zu den traditionellen moralischen Werten propagieren und Sex und Gewalt in Fernsehen, Film und Popmusik, überall, aufs entschiedenste entgegentreten. Vordringlichstes Ziel aber ist, in den jungen Menschen gesellschaftliches Verantwortungsbewußtsein zu wecken, anstatt schnödes Anspruchsdenken zu fördern.«
    Ich trinke mein Glas aus. Die Tischrunde blickt mich immer noch in völligem Schweigen an. Courtney lächelt und wirkt angenehm überrascht. Timothy schüttelt einfach ungläubig den Kopf. Evelyn stellt die Wendung des Gesprächs vor ein völliges Rätsel, sie steht auf und fragt unsicher, ob jemand Nachtisch möchte.
    »Ich habe … Sor bet«, sagt sie leicht benommen. »Kiwi, Carambola, Cherimoya, Kaktusfeige und, oh … was ist das …« Sie unterbricht ihr zombiehaftes Geleier und überlegt, was die letzte Geschmackssorte war: »O ja, Japanische Birne.«
    Alles bleibt still. Tim blickt kurz zu mir herüber. Ich sehe zu Courtney, dann wieder zu Tim, dann zu Evelyn. Evelyns Blick begegnet meinem und schwenkt dann besorgt auf Tim. Auch ich schaue zu Tim herüber, dann zu Courtney und dann wieder zu Tim, der mich nochmals anblickt, bevor er langsam und unsicher antwortet: »Kaktusbirne.«
    »Kaktus feige «, korrigiert Evelyn.
    Ich sehe mißtrauisch zu Courtney herüber, und nachdem sie »Cherimoya« gesagt hat, sage ich »Kiwi«, und dann sagt auch Vanden »Kiwi«, und Stash sagt leise, aber jede Silbe ganz deutlich betonend: »Chocolate-Chip.«
    Die Verwirrung, die sich kurz auf Evelyns Gesicht abzeichnet, als sie dies hört, wird blitzschnell durch eine lächelnde, bemerkenswert gutmütige Maske ersetzt, und sie sagt: »O Stash, du weißt, daß ich kein Chocolate-Chip-Eis habe, obwohl ich zugeben muß, daß das ein recht exotischer Vorschlag für ein Sor bet wäre. Wie gesagt, ich habe Cherimoya, Kaktus birne, Carambola, ich meine Kaktus feige …«
    »Ich weiß. Ich hab’s gehört, ich hab’s gehört«, winkt er ab. »Ich laß mich überraschen.«
    »Gut«, meint Evelyn. »Courtney? Würdest du mir helfen?«
    »Natürlich.« Courtney steht auf, und ich schaue ihr nach, wie sie mit klackernden Absätzen in der Küche verschwindet.
    »Keine Zigarren, Jungs!«, ruft Evelyn zurück.
    »Hätt ich im Traum nicht dran gedacht«, sagt Price und stopft eine Zigarre zurück in seine Jackentasche.
    Stash starrt das Sushi immer noch mit einer Intensität an, die mich beunruhigt, und ich muß ihn einfach fragen, in der Hoffnung, daß er den Sarkasmus registriert: »Hat es sich, äh, wieder bewegt oder so was?«
    Vanden hat aus all den Scheiben California Roll, die sie auf ihrem Teller angehäuft hat, ein Smiley-Gesicht zusammengelegt und hält es Stash zur Begutachtung hin: »Rex?«
    »Cool«, grunzt Stash.
    Evelyn kommt mit dem Sorbet in Margaritagläsern von Odeon und einer ungeöffneten Flasche Glenfiddich zurück, die auch geschlossen bleibt, während wir das Sorbet essen. Courtney muß früh gehen, weil sie Luis auf einer Firmenparty im Bedlam, einem neuen Club in Midtown Manhattan, treffen will. Stash und Vanden verschwinden kurz darauf, um irgendwo in SoHo irgendwas zu »checken«. Ich beobachte als einziger, wie Stash das Stück Sushi von seinem Teller nimmt und in die Tasche seiner olivgrünen Leder-Bomberjacke steckt. Als ich es Evelyn erzähle, während sie den Geschirrspüler vollpackt, wirft sie mir einen derart haßerfüllten
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