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Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms

Titel: Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms
Autoren: Elizabeth Peters
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lahme Ente, aber lass das Segel erst fallen, wenn du oberhalb der Isis bist. Bertie, wenn einer eine kritische Bewegung macht oder eine Waffe auf dich richtet, dann schieß zuerst.«
    Wir hatten zwei in Öltuch gewickelte Gewehre und zusätzliche Munition an Bord. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir drei mitgenommen, aber Ramses hatte mir das schlichtweg untersagt. Jetzt fuhr er fort: »Um Himmels willen, Mutter, starr doch nicht so, du bist wenig überzeugend als ägyptischer Mann – selbst mit der Augenklappe.«
    Ich hob einen Arm, sodass der flatternde Ärmel mein Gesicht bedeckte, und schielte über den Stoff. Wir schipperten vorbei, nah genug, um die Mienen der Mannschaft wahrzunehmen, die uns feixend beobachtete. Etliche waren bewaffnet, auch Dr. Khattab, der vermutlich Wache schob. Ich zog den Kopf ein und hörte, wie er – wohl als Antwort – rief: »Es ist nur ein Fischerboot, Madame. Winzig, soweit ich das zu beurteilen vermag.«
    Dann hatten wir sie passiert. »Los geht’s«, zischte Ramses und ging mit einem erstickten Aufschrei und einem beeindruckenden Platscher über Bord. Das Boot schlingerte, das Segel knickte ein, und David glitt ins Wasser. Währenddessen veranstaltete der Rest von uns ein Mordsspektakel. Sethos legte trichterförmig die Hände um den Mund. »Werfen Sie uns ein Seil zu«, brüllte er. »Hilfe, wir werden alle ertrinken. So helfen Sie uns doch!«
    Auf ihren harten Gesichtern zeigte sich kein Mitgefühl. Lachend deutete einer von ihnen auf ein Paar Arme und ein angstverzerrtes Gesicht, zwischen uns und der Dahabije. Die Arme ruderten hektisch und verschwanden. Bertie paddelte wild im Kreis. Seine Zuschauer fanden das höchst amüsant. Sie gaben ihm ruppige, teilweise sogar unflätige Ratschläge. Die Arme vor dem Kopf schwankte ich lamentierend. Ich keuchte, mein Herz hämmerte.
    Sethos’ Geschrei verebbte abrupt. Ich spähte über den Ärmelstoff und entdeckte zwei weitere Leute an der Reling. Justin trug Männerkleidung, doch alles andere an ihr – ihre Haltung und die Geste, mit der sie ihre zerzausten Locken zurückstrich – war so betont weiblich, dass ich mich wirklich fragen musste, wie sie mich hatte täuschen können. Sie hatte einen Arm um Maryam gelegt, die die Reling mit beiden Händen umklammerte, ihr Blick auf uns fixiert.
    Justins hübsches Gesicht wirkte verstört. »Bringt sie an Bord oder versenkt sie«, rief sie auf Arabisch mit Kairoer Akzent.
    Einer der Männer hob ein Gewehr; natürlich fand er die zweite Alternative bestechender. Maryam flüsterte ihrer Schwester etwas zu. Einen Augenblick später nickte Justin. »Vermutlich hast du Recht. Gewehrkugeln könnten auf uns aufmerksam machen.« Sie fuhr auf Arabisch fort: »Nicht schießen. Werft ihnen ein Seil zu.«
    Bertie fing es beim zweiten Versuch. Die Männer auf der Dahabije machten keinerlei Anstalten zu helfen; einer von ihnen hatte das andere Ende des Taus an der Reling befestigt, es war uns überlassen hochzuklettern – sofern wir dazu in der Lage wären. »Und jetzt?«, raunte Bertie. »Wird sie Sie denn nicht wiedererkennen?«
    »Mich und die Dame mit der Augenklappe«, sagte mein Schwager ebenso gedämpft. »Ziehen Sie uns rüber. Wenn wir drei Meter entfernt sind, schießen Sie.«
    Berties Lippen wurden schmal. Es passte ihm absolut nicht, das Feuer zu eröffnen, obwohl er wusste, dass uns keine Wahl blieb. Bevor wir an Bord gehen konnten, mussten wir möglichst viele von ihnen außer Gefecht setzen. Wenigstens brauchte er sich nicht vorzuwerfen, dass er auf eine Frau gezielt hätte. Justin und Maryam hatten das Deck verlassen.
    Auf dem Bootsboden kauernd, wickelte Sethos die Gewehre aus. Ich tastete nach der kleinen Pistole, die ich unter meinen Lumpen verbarg. Die nächsten zehn Minuten würden alles entscheiden: Sieg oder Niederlage, Leben oder Tod.
Aus Manuskript H
    Ramses tauchte an der anderen Seite der Dahabije auf und schnappte nach Luft. Er hielt hektisch nach David Ausschau und seufzte erleichtert auf, als Davids Kopf unweit von ihm auftauchte. Er streckte eine Hand aus und zog seinen keuchenden Freund neben sich. David hatte seinen Turban verloren. Wasser perlte von seinem schwarzglänzenden Schopf. Ramses nahm seinen eigenen, tropfnassen Turban ab und strich sich die Haare aus dem Gesicht.
    Sie agierten schweigend, hatten sie doch alles bis ins kleinste Detail geplant. Ramses ertastete die Reling und zog sich so weit hoch, bis er das Deck überblicken konnte. Auf dieser
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