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Amelia Peabody 08: Der Ring der Pharaonin

Titel: Amelia Peabody 08: Der Ring der Pharaonin
Autoren: Elizabeth Peters
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gekleidet hast. Allerdings kann ich nicht umhin, das Wort ›Bitte‹ in diesem Zusammenhang als bedeutungslos …«
    »Ramses!« unterbrach ich ihn laut, denn ich wußte genau, was er im Schilde führte. Er war durchaus dazu in der Lage, den Satz so lange weiterzuführen, bis es zu spät war, die unglückliche Miss Marmaduke auf die Tanzfläche zu geleiten.
    »Ja, Mutter.« Ramses machte auf dem Absatz kehrt.
    Nefret, inzwischen wieder besserer Stimmung, lachte und drückte mir verschwörerisch die Hand. »Geschieht ihm recht für seine Unverschämtheit, Tante Amelia. Miss Marmaduke ist wirklich eine alte Jungfer!«
    Ich mußte zugeben, daß sie damit recht hatte. Miss Marmaduke behauptete zwar, unter dreißig zu sein, wirkte aber viel älter. Wegen ihres hohen Wuchses hatte sie sich eine krumme Haltung angewöhnt; Strähnchen ihres mausbraunen Haares ragten zwischen den Nadeln und Kämmen hervor, mit denen sie es zu bändigen versuchte. Allerdings war Nefrets Bemerkung unhöflich und nicht sehr nett gewesen, und ich fühlte mich verpflichtet, sie darauf hinzuweisen.
    »Diese Bemerkung war unhöflich und nicht sehr nett, Nefret. Die Arme kann nichts dafür, daß sie so unscheinbar aussieht. Wir hatten großes Glück, sie zu finden. Denn du und Ramses dürft in diesem Winter eure Schulbildung nicht vernachlässigen; wie ihr beide wißt, haben wir es vor unserer Abreise aus England nicht mehr geschafft, einen passenderen Lehrer zu finden.«
    Nefret zog ein Gesicht. »Ich wollte es in Ramses’ Gegenwart nicht sagen, weil er sich ohnehin schon für allwissend hält«, fuhr ich fort. »In diesem Fall aber bin ich gezwungen, ihm zuzustimmen. Sir Edward hat, was Frauen – besonders junge Frauen – angeht, einen schlechten Ruf. Und du bist erst fünfzehn und besonders empfänglich für derartige Aufmerksamkeiten.«
    »Du mußt schon entschuldigen, Tante Amelia.« Nun war sie wütend auf mich , und ihre Augen blitzten. »Ich glaube, ich weiß mehr über die Dinge, auf die du hier anspielst, als eine englische Fünfzehnjährige.«
    »Du bist eine englische Fünfzehnjährige«, entgegnete ich. »Aber in mancher Hinsicht benimmst du dich, als wärst du gerade zwei.« Ich hielt inne und dachte über meine eigenen Worte nach. »Wie interessant! Darauf war ich noch gar nicht gekommen; doch es stimmt: Die Sitten und Gebräuche des merkwürdigen Volkes, bei dem du deine ersten dreizehn Lebensjahre verbracht hast, unterscheiden sich so grundlegend von denen der modernen Welt, daß du noch einmal ganz von vorne anfangen muß test. Und einige Dinge, die du gelernt hattest – besonders über den … äh … Umgang mit Angehörigen des anderen Geschlechts –, solltest du rasch wieder vergessen. Ich versuche doch nur, dich zu schützen.«
    Ein weicher Ausdruck huschte über ihr hübsches Gesicht, und sie nahm meine Hand. »Das weiß ich, Tante Amelia. Es tut mir leid, wenn ich grob gewesen bin. Ich war wütend auf Ramses, nicht auf dich. Er behandelt mich wie ein Kind und bewacht mich auf Schritt und Tritt. Ich lasse mich nicht von einem kleinen Jungen herumkommandieren!«
    »Natürlich ist er jünger als du«, antwortete ich, »aber er will nur dein Bestes. Und inzwischen kannst du auch nicht mehr auf ihn hinunterschauen.«
    Als ich beobachtete, wie Ramses Miss Marmaduke gehorsam zwischen den Tanzenden herumwirbelte, konnte ich ein Lächeln nicht unterdrücken. Sie versuchte, kleiner zu wirken, indem sie die Schultern krümmte und den Kopf senkte, so daß ihr hoher Dutt immer wieder sein Gesicht streifte.
    Ramses’ heldenhafte Bemühungen, ein Niesen zu unterdrücken, ließen meine Gefühle für ihn wieder freundlicher werden. Er hätte sich zwar nicht wie ein Gentleman benommen, wenn ich ihn nicht dazu gezwungen hätte, aber er stellte sich der Aufgabe und schlug sich trotz widriger Umstände sehr wacker. Miss Marmaduke hatte etwa soviel Rhythmus im Blut wie ein Kamel, und ihr langärmeliges, hochgeschlossenes schwarzes Kleid war für einen Ball denkbar ungeeignet.
    Die meisten meiner Ballkleider sind scharlachrot, weil das Emersons Lieblingsfarbe ist. An jenem Abend trug ich allerdings schlichtes Schwarz. Nefret erkannte, daß sich mein Gesichtsausdruck verändert hatte. »Du denkst an das Baby«, sagte sie leise.
    An jenem schrecklichen Vormittag im Juni hatte ich mich nach Walters Anruf auf die Suche nach Nefret gemacht. Erst einen Monat zuvor hatten wir ein Telephon installieren lassen und ich hätte nie gedacht, daß es so
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