Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod
Autoren: Elizabeth Peters
Vom Netzwerk:
dürfen sich Notizen machen«, fügte er gnädig hinzu.
    Es war – ich gestehe es – eine so faustdicke Lüge, daß sie von mir hätte stammen können. Emerson verschwieg sämtliche Verbindungen zu der Affäre Forth und bezeichnete Vincey als »einen dieser alten Feinde, die plötzlich wieder auftauchen«. Bei seinen blumigen Schilderungen unserer verschiedenen aufregenden Begegnungen mit Vincey schrieb Kevin heftig mit. »Nachdem ich«, schloß Emerson, »seiner Nachstellungen überdrüssig geworden war, legte ich mich an jenem Abend auf die Lauer, gemeinsam mit Abdullah und zwei Wachen von Mr. Vandergelt, die er mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt hatte. Vandergelt sollte dafür sorgen, daß Mrs. Emerson den Schauplatz nicht betrat. Das gelang nicht, weil sie die unverbesserliche Angewohnheit hat …«
    »›Die Liebe ließ sie erahnen, was ihr angebeteter Gatte im Sinn hatte‹«, murmelte Kevin, wobei seine Feder über das Papier jagte. »›Und die Treue verlieh ihrem Streitroß Flügel, als sie Hals über Kopf …‹«
    »Wenn Sie es wagen sollten, das zu drucken, Kevin«, sagte ich, »breche ich Ihnen beide Arme«.
    »Ähem«, meinte Emerson lautstark. »Lassen Sie es mich zu Ende führen. Aufgrund eines unvermeidlichen … äh … Mißverständnisses seitens meiner Assistenten gelang es Vincey, an ihnen vorbeizuschlüpfen und die Höhle zu betreten, in der wir Zuflucht gesucht hatten. Darauf folgte eine kleine Auseinandersetzung, in deren Verlauf Vincey Vandergelt erschoß. Mir war es … äh … nicht möglich, meine Waffe rechtzeitig zu ergreifen, um das zu verhindern, aber nur einen Augenblick später traf meine Kugel ihr Ziel.«
    »Ein bißchen zu kurz und glatt«, murmelte Kevin. »Macht nichts, ich kann die Einzelheiten ja noch ergänzen. Was hatte der Kerl denn für ein Motiv, Professor?«
    »Rache«, sagte Emerson und verschränkte die Arme. »Für eine alte, eingebildete Kränkung.«
    »›Und die Jahre des Brütens über diese alte, eingebildete Kränkung hatten ihn in den Wahnsinn getrieben …‹ Sie möchten das nicht näher erläutern? Nein?« murmelte Kevin. »Ich verstehe, Sie möchten nicht. Und die Angriffe auf Mrs. Emerson?«
    »Rache«, wiederholte Emerson fest.
    »Ja, natürlich. ›Weil er wußte, daß kein Pfeil dieses liebende Herz tiefer treffen könnte als die Gefährdung seiner …‹ Ja, das ist es. Ich kann das eine Seite lang herunterspulen.«
    »Sie sind unverbesserlich, Mr. O’Connell«, sagte Emerson, wobei er sich ein Lächeln nicht verkneifen konnte. »Vergessen Sie nicht, daß ich es sehen will, bevor Sie es absenden. Komm jetzt, Peabody, ich habe Abdullah versprochen, ihm alles zu berichten.«
    Die Geschichte, die Emerson unseren Männern erzählte, hörte sich ganz anders an. Es war wie eine Rückkehr nach Hause: Wir hockten an Deck auf einer Packkiste, um uns herum scharten sich, rauchend und lauschend, die Männer und unterbrachen die Erzählung gelegentlich mit »Ahs!« und gemurmelten Bekundungen des Erstaunens. Die Sterne über uns glitzerten prächtig; eine sanfte Brise strich durch Emersons Haar.
    Manches von dem, was Emerson berichtete, war auch mir neu. Natürlich hatte er mir gegenüber einen Wissensvorsprung, nachdem er Vinceys »Gastfreundschaft« so lange »genossen« hatte, wie er es nannte. Und wenn ich daran dachte, daß dieser abscheuliche Schurke bequem in seinem Sessel gesessen und seinen gemarterten Gefangenen schadenfroh angegrinst hatte, bedauerte ich nur, daß Emerson ihn so rasch ins Jenseits befördert hatte. Mir war aufgefallen, wie deplaziert dieses Möbelstück in dem stinkenden Loch gewirkt hatte, in dem Emerson gefangen gewesen war. Aber erst durch den eigenartigen Ton in Emersons Stimme, als er von diesem Möbel sprach, begriff ich, wie ein so harmloser Gegenstand wie ein Armsessel aus rotem Plüsch zum Symbol für ausgeklügelte und hinterhältige Grausamkeit werden konnte. Ich würde nie mehr in der Lage sein, mich auf einen Sessel dieser Farbe niederzulassen.
    Vinceys Alibi hatte für mich völlig überzeugend geklungen. Die schriftlichen Belege für seinen Aufenthalt in Syrien waren natürlich gefälscht gewesen, aber selbst wenn sie mir zweifelhaft erschienen wären, hätte ich ihre Echtheit erst zu spät überprüfen können. Auch hatte ich Emersons Verdacht gegen Karl von Bork nicht geteilt (ich nahm mir vor, mich nach Mary zu erkundigen, um herauszufinden, ob ich ihr vielleicht helfen konnte), insbesondere als Bertha
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher