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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt
Autoren: Elizabeth Peters
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wollen.
    Nachdem Rose mich entkleidet und in die Wanne gesetzt hatte, war sie der Meinung, die beruhigende Wirkung des heißen Wassers habe mich nun genügend besänftigt, so daß ich die Wahrheit ertragen könne. Eigentlich war diese Wahrheit weniger schlimm als befürchtet. Ich hatte offenbar nur vergessen, Ramses zu verbieten, ein Bad zu nehmen.
    Rose versicherte mir, die Decke in Professor Emersons Arbeitszimmer habe keinen großen Schaden davongetragen, und der Teppich hätte eine Wäsche ohnehin einmal nötig gehabt. Ramses habe den Wasserhahn eigentlich zudrehen wollen, doch dann habe Bastet, die Katze, eine Maus gefangen. Wäre er dem Tier nicht sofort zur Hilfe geeilt, hätte Bastet ihm den Garaus gemacht. Dank Ramses’ schnellem Eingreifen liege die Maus nun friedlich mit verbundenen Wunden in seinem Schrank.
    Rose haßt Mäuse. »Lassen Sie’s gut sein«, sagte ich müde. »Ich will nichts mehr hören. Ich will überhaupt nicht wissen, weshalb Ramses sich gezwungen sah, sich den Qualen eines Bades zu unterziehen. Ich will auch gar nicht wissen, was Professor Emerson gesagt hat, als das Wasser von seiner Decke herabrann: Geben Sie mir nur das Glas, Rose, und dann gehen Sie ganz leise hinaus.«
    Der Whisky Soda war serviert worden. Die innerliche Wirkung des Getränks und die äußere des heißen Wassers weckten schließlich wieder meine Lebensgeister. Und als ich ins Wohnzimmer trat, in scharlachrote Rüschen gehüllt und – wie ich glaube – so gutaussehend wie eh und je, las ich in den lächelnden Gesichtern meiner lieben Familie, daß alles in Ordnung war.
    Evelyn trug ein hellblaues Kleid, das ihre blauen Augen noch strahlender erscheinen ließ und ihr blondes Haar gut zur Geltung brachte. Das Kleid war bereits kläglich zerknittert, weil sich Kinder auf meine liebe Freundin stürzen wie Bienen auf eine Blume. Sie hielt das Baby auf dem Schoß; die kleine Amelia saß neben ihr, an ihren mütterlichen Arm geschmiegt. Die Zwillinge hockten ihr zu Füßen und zerknautschten ihren Rock. Raddie, mein ältester Neffe, beugte sich über die Lehne des Sofas, auf dem seine Mutter saß, und Ramses lehnte sich an Raddie, um dem Ohr seiner Tante so nah wie möglich zu kommen. Wie immer redete er.
    Als ich hereinkam, verstummte er, und ich musterte ihn nachdenklich. Er war ungewöhnlich sauber. Hätte ich den Grund nicht gekannt, ich hätte ihn in ironischem Tonfall gelobt, denn dieser Zustand ist bei ihm unnatürlich. Aber ich hatte beschlossen, den harmonischen Abend nicht durch Anspielungen auf unangenehme Ereignisse der Vergangenheit zu verderben. Allerdings muß etwas in meinem Gesichtsausdruck Emerson meine Gedanken verraten haben. Er kam auf mich zu, küßte mich herzhaft und drückte mir ein Glas in die Hand.
    »Wie hübsch du aussiehst, meine geliebte Peabody. Ist das Kleid neu? Es steht dir.«
    Ich gestattete ihm, mich zu einem Sessel zu geleiten. »Ich danke dir, mein lieber Emerson. Dieses Kleid habe ich schon seit einem Jahr, und du hast es schon mindestens ein dutzendmal gesehen. Doch ich freue mich trotzdem über das Kompliment.«
    Auch Emerson war äußerst sauber. Sein dunkles Haar legte sich in weiche Wellen, wie immer, wenn er es gerade erst gewaschen hat. Ich schloß daraus, daß ihm eine erhebliche Menge Wasser auf den Kopf getropft sein mußte. Vielleicht war sogar Putz heruntergefallen. Wenn er über den Vorfall hinwegsehen wollte, durfte ich nicht zurückstehen. Also wandte ich mich an meinen Schwager, der am Kamin stand und uns mit einem liebevollen Lächeln beobachtete.
    »Ich habe heute deinen Freund und Rivalen Frank Griffiths getroffen, Walter. Er läßt dich grüßen. Außerdem soll ich dir ausrichten, daß er mit dem Oxyrynchos-Papyrus ausgezeichnete Fortschritte macht.«
    Walter ist ein Gelehrter und sieht auch so aus. Die Falten in seinen mageren Wangen vertieften sich, und er rückte seine Brille zurecht. »Aber, aber, meine liebe Amelia. Versuche nicht, zwischen mir und Frank einen Konkurrenzkampf zu entfachen. Er ist ein großartiger Linguist und ein guter Freund. Ich beneide ihn nicht um seinen Papyrus; Radcliffe hat mir ganze Wagenladungen meroitischer Inschriften versprochen. Ich kann es kaum erwarten.«
    Walter gehört zu den wenigen, die Emerson mit seinem Vornamen ansprechen dürfen, den er verabscheut. Er zuckte sichtlich zusammen, antwortete jedoch nur: »Also, warst du im Britischen Museum, Peabody?«
    »Ja.« Ich nahm einen Schluck von meinem Whisky. »Zweifellos
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