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Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Titel: Amelia Peabody 05: Der Sarkophag
Autoren: Elizabeth Peters
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war, hätte man ihrer Bitte selbst dann nicht nachkommen können, wenn die Museumsverantwortlichen so verrückt gewesen wären, das in Erwägung zu ziehen.
    Der unterhaltsamste unter den Mumienverehrern war ein Irrer (anders konnte man ihn nicht bezeichnen), der sie von Zeit zu Zeit in der Robe eines Seth-Priesters besuchte. Das Außergewöhnliche an diesem Gewand war das Leopardenfell, das der Priester über den Schultern trug. Aufgrund dieses Fells und der Nachahmung eines Priesters, der als Geistlicher auf Begräbnissen sprach, bewies der Irre seine Kenntnis ägyptischer Rituale, doch als man Mr. Budge interviewte, sträubte dieser sich gegen die Vorstellung, daß es sich bei dem Verrückten um einen Wissenschaftler handeln könnte. »Der Bursche trägt eine Perücke. Nach Herodots Überlieferungen rasierten sich die Priester sowohl ihre Köpfe als auch ihre sämtlichen anderen Körperteile. « (Das durch Kursivschrift Hervorgehobene stammt nicht von mir. Ich kann nur hoffen, daß es auch nicht Mr. Budges Worte waren.)
    Budge hatte eigentlich nie zu verstehen gegeben, daß er die unseligen Theorien der Reporter unterstützte; genaugenommen hatte er sie sogar widerlegt. Vielleicht war es nicht gänzlich sein Fehler, daß seine Antworten auf einige der ihm gestellten Fragen nicht stichhaltig genug waren, um dem Aberglauben ein Ende zu setzen. »Glaubten denn die alten Ägypter nicht an die Macht der Flüche, Mr. Budge?« – »Nun, ja, gewiß; wir verfügen über eine Reihe diesbezüglicher Beispiele.« – »Und die Priester besaßen magische Kräfte, nicht wahr?« – »Man sollte den Wahrheitsgehalt der schriftlichen Überlieferungen keineswegs abstreiten; der Exodus berichtet uns, wie die Priester den Reis in Schlangen verwandelten …«
    »Idiot«, entfuhr es mir laut. Der ältere Herr im Liegestuhl neben mir warf mir einen betretenen Blick zu.
    Aufgrund seines eiligen Durchlesens oder (eher wahrscheinlich) einer absichtlichen Unterlassung hatte mir Emerson einen interessanten Aspekt verschwiegen, der den Tod des Nachtwächters betraf. Wie bei vielen anderen Berufskollegen hatte es sich auch bei Albert Gore um einen älteren, ungebildeten Mann gehandelt, der dem übermäßigen Genuß von Alkohol zusprach. Keine dieser Eigenschaften hinderte ihn an der Ausübung seiner Pflichten, so nahm man jedenfalls an; er mußte lediglich mehrmals im Laufe der Nacht seinen Rundgang durch die verschiedenen Museumsabteilungen vornehmen und döste die restliche Zeit in einem dafür vorgesehenen Kämmerchen. Es war so gut wie unwahrscheinlich, daß ein Dieb die Dreistigkeit besaß, in das Museum einzudringen; abgesehen von anderen Schwierigkeiten, wie der Aussichtslosigkeit eines Verkaufs der einzigartigen Kunstschätze auf dem freien Markt, war das Gebäude stets sicher verschlossen, und auf den umliegenden Straßen patrouillierten ständig Polizisten.
    Es schien also einleuchtend, daß der bedauernswerte Albert Gore auf seinem Rundgang durch die ägyptische Abteilung einem Gehirnschlag erlegen war, da übermäßiges Essen und Trinken gelegentlich solche Auswirkungen zeitigen. Kevins Anmerkung hinsichtlich »des Ausdrucks eiskalten Entsetzens auf den Gesichtszügen des Toten« wertete ich als typisch journalistische Sensationsmache.
    Dennoch war eine Sache merkwürdig. Unter seinem Körper und ringsherum im Raum verstreut hatte man eine Reihe ungewöhnlicher Dinge gefunden – zerbrochenes Glas, Papier- und Stoffstreifen, angetrocknete Spritzer einer dunklen Flüssigkeit sowie vertrocknete Blütenblätter.
    Nachdem ich meine Lektüre beendet hatte, folgte ich Emersons Beispiel und warf die Zeitungsausschnitte über Bord. Er hatte recht; die ganze Angelegenheit war Humbug und der Aufmerksamkeit eines vernunftgeprägten Menschen nicht würdig. Allerdings war die Sache damit noch nicht zu Ende. Man hatte unsere Namen erwähnt, an unsere Sachkenntnis appelliert; wir waren es uns und unserer Reputation als Wissenschaftler schuldig, die Behauptungen so vehement wie möglich zu entkräften.
    Zweifellos handelte es sich um Humbug. Und doch waren da diese vertrockneten Blumen gewesen …

2
     
    Schneller als in Spensers Epik floß die »süße Themse« wieder »sanft« entlang grüner Ufer, wo »die blauen Veilchen blühn; die kleinen Butterblümchen schlummern, die jungfräuliche Lilie und die ersten Rosen stehn«. Ich habe mit Londonern gesprochen, die ihre sommerlichen Ausflüge zu der friedvollen Schönheit Greenwichs als
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