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Amelia Peabody 01: Im Schatten des Todes

Titel: Amelia Peabody 01: Im Schatten des Todes
Autoren: Elizabeth Peters
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das war glaubhaft.
    Wir rannten los. Ich hatte zu dem Zweck mein Nachthemd ein Stück aufgerissen und die Rockteile mit Stoffstreifen um meine Beine festgebunden, damit ich beweglicher war. Auch so ließ mir Emerson kaum Zeit, richtig Atem zu holen, und an Reden war gar nicht zu denken. Nun, ich hätte es auch nicht getan, denn seine kühne Tat – der Kuß – beschäftigte mich über alle Maßen. Er hätte dafür ja wirklich eine passendere Zeit wählen können, obwohl – nun ja, auch die war mir recht.
    Auf allen vieren krochen wir schließlich zum Grabeingang empor. Zum Glück hatte die verrückte Mumie dort nicht Wache bezogen, weil sie ja auf Lucas’ Sieg vertraute. Als ich ins Dunkel spähte, sah ich einen winzigen Lichtschimmer. Er mußte ziemlich weit weg sein.
    Ich hatte Angst um Evelyn und um Walter und wäre am liebsten hineingestürmt, doch Emerson, dessen Sorge um nichts geringer, dessen Vorsicht jedoch größer war als die meine, hielt mich zurück. Wir schlichen also lautlos weiter und folgten einem langen, ziemlich steilen Korridor.
    Zum Glück gab es einige Dinge, die Lärm machten, da wir ihn doch nicht ganz vermeiden konnten. Es gab nämlich sehr viele Fledermäuse, die umherflogen.
    Das Licht wurde allmählich heller, und dann hörten wir auch seine Stimme. Es war die eines Mannes, und sie erschien mir ziemlich bekannt, doch Walter war es nicht, der sprach. Dann verstand ich auch die Worte. Wer konnte in einem ägyptischen Königsgrab so unbekümmert reden?
    Emerson hielt mich am Eingang zu einer Seitenkammer auf, aus der das Licht fiel. Da kauerten wir eine Weile, bis mir die Wahrheit dämmerte. Welch eine Närrin ich doch gewesen war!
    »… und jetzt siehst du, mein Herzblatt, daß dein Vetter Luigi und ich zwei ganz gescheite Burschen sind, nicht wahr? Du sagst, ich hätte Glück gehabt, deine Liebe zu gewinnen, doch es war mein Charme, auch mein schönes
    Gesicht, und dein alter Großvater hat dich von allen Männern ferngehalten. Wenn dein Großvater gescheit gewesen wäre, hätte er Luigi reich gemacht, und Luigi hätte ein neues Testament geschrieben. Er kann fein schreiben! Ja, das weiß ich, weil er viele Schecks geschrieben hat, ehe sie ihn fingen. Er ist fast so gerissen wie ich. Dann haben sie ihn nach England geschickt. Der alte Großvater hat dann ein neues Testament gemacht, in einer Kiste versteckt und sie weggeschickt. Ich habe in Kairo dein Zimmer durchsucht, aber die Kiste war nicht da. Also war ein anderer Plan notwendig. Warum sollte ich nicht als Mumie gehen? Ich bin ein guter Schauspieler, und ich habe euch Angst eingejagt. Ich hab’ Luigi von dem jungen Narren erzählt, den ich im Museum gesehen habe. Den hast du so angeschaut wie einmal mich, und …«
    Evelyn tat einen Schrei der Entrüstung, und ich war sehr froh, ihre Stimme zu hören. »Wäre er nicht verwundet und unter Drogen gesetzt worden, hättest du ihn nie … , nein, nein, er ist nicht tot! Der Held lebt!«
    »Aber warum machst du ein solches Geschrei? Bald seid ihr beide tot, wie Aida und Radames in der herrlichen Oper von Verdi, so romantisch. Luigi sagt, ich soll euch töten. Er will seine Hände nicht schmutzig machen. Ich lasse euch hier, weil ich auch ein Gentleman bin und keine schmutzigen Hände will. Eine Frau töte ich nicht, oder wenigstens nicht oft. Keine Frau, die ich in den Armen hielt …«
    Das war zuviel für Emerson. Mit einem donnernden Gebrüll stürmte er in die Kammer, und ich folgte ihm auf den Fersen. Evelyn sah mich sofort. Sie rief »Amelia!« und brach vor Erleichterung und Freude zusammen.
    Das arme Kind sah schrecklich aus; blaß, mit schmutzverschmiertem Gesicht und wirrem Haar, die Hände hinter dem Rücken gefesselt. Ich hob sie auf, während Emerson den elenden Alberto würgte. Ja, die Mumie, Lucas’ Verbündeter, war Evelyns Verführer, ihr früherer Liebhaber Alberto, der seine Komplizenschaft mit seinen Prahlereien selbst enthüllt hatte. Ich mischte mich nicht ein, als dessen Gesicht purpur anlief und seine Arme schlaff herabhingen.
    Emerson warf ihn schließlich auf den Boden und lief zu seinem Bruder, der an Händen und Füßen gebunden in einer Ecke lag. Er war bewußtlos und hatte eine tiefe Schramme an der Stirn. Evelyn kam wieder zu sich, als Emerson rief: »Er lebt! Er ist nicht schwer verletzt!« Daraufhin fiel sie wieder in Ohnmacht, und ich hatte alle Hände voll zu tun, sie wieder aufzuwecken. Mein Blick fiel auf das Mumienkostüm, das auf dem Boden lag.
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