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Amelia Peabody 01: Im Schatten des Todes

Titel: Amelia Peabody 01: Im Schatten des Todes
Autoren: Elizabeth Peters
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unbedingt darauf zählen, daß er kommt. Wir müssen uns also selbst etwas ausdenken.«
    »Aber was?«
    »Wenn ich Ihnen ein Signal gebe, werfen Sie Steinchen nach unten. Ich krieche in die andere Richtung, um ihn in die Irre zu führen. Vielleicht verschießt er dann seine sämtlichen Patronen in die kollernden Steine, und das höre ich ja. Wissen Sie, den Ehrgeiz hatte ich noch nie, ein Held zu sein. Wir müssen aber sehr bald und sehr umsichtig handeln.«
    Emerson drehte mich um, so daß sein Gesicht über dem meinen war.
    »Peabody, es ist nicht gewiß, daß wir die Nacht überleben. Ich möchte nicht weggehen, ohne … Oh, verdammt noch mal, ich tu’s einfach!« Und da küßte er mich voll auf den Mund.
    Ich war so verblüfft, daß ich erst wie gelähmt war. Nun ja, es war nicht der erste Kuß, denn verschiedene Verehrer, die Papas Vermögen begehrt hatten … Ich will ehrlich sein, die hatte ich dazu ermutigt, aber solche Küsserei fand ich entsetzlich langweilig. Nun machte ich die Erfahrung, daß man aus früheren Erlebnissen keine voreiligen Schlüsse ziehen soll.
    Ich muß dann wohl die Augen geschlossen haben, und so sah ich Emerson nicht davonhuschen. Ich kam dann wieder von einer Kugel zu mir, die über meinem Kopf in den Stein schlug, so daß die Splitter auf mich herabregneten. Ich griff mir eine Handvoll Kiesel und warf sie nach unten. Sie machten viel Lärm, doch Emerson machte noch viel mehr Krach. Ich warf also alles nach unten, was mir in die Finger kam – Stiefel, Bücher, Flaschen, Konservendosen, den Spiegel und Rasierzeug. Was Lucas darüber dachte, ahnte ich nicht, doch er muß wohl geglaubt haben, wir seien irrsinnig geworden. Besonders der Spiegel machte einen unheimlichen Lärm, als er zerschellte.
    Diese Aktion hatte den gewünschten Erfolg. Lucas verlor die Nerven und gab auf die Stiefel, die Spiegelscherben und Erbsendosen einen Schuß nach dem anderen ab. Dann folgte eine Pause. Jetzt mußte er wohl nachladen. Und Emerson dürfte inzwischen unten angekommen sein.
    Das war er, denn von unten hörte ich Kampfgetümmel. Ich sprang auf, um ihm Beistand zu leisten und Lucas, so dies möglich wäre, ordentlich mit den Fäusten zu bearbeiten. Als ich unten anlangte, sah ich, daß Emerson sich offensichtlich mit zwei Gegnern herumschlug. Der eine war der vermißte Abdullah. Im Verlauf des Kampfes lag Emerson einmal auf dem Rücken, und Lucas legte seine Flinte auf ihn an.
    Ich war noch ein Stück entfernt und schrie aus Leibeskräften, da ich nichts anderes tun konnte. Da sprang Abdullah plötzlich auf und entwand Lucas die Flinte. Der Schurke hatte schon den Finger am Abzug gehabt, doch nun ging der Schuß harmlos in die Luft. Dann sprang Emerson auf und packte den Lord an der Kehle; er schüttelte ihn, bis er wie ein Lumpenbündel in seiner Faust hing.
    »Umbringen können wir den Kerl noch nicht«, keuchte er. »Erst muß er uns erzählen, was wir wissen wollen …
    Abdullah, du mußt dich entscheiden, auf welcher Seite du stehen willst. Ich bin bereit, alles zu vergessen, wenn du jetzt mithilfst.«
    »Ich wußte doch gar nichts«, murmelte Abdullah. »Er sagte, er will nur die Frau, und sie gehört ihm. Was ist schon eine Frau, daß man solchen Lärm um sie macht?«
    »Das ist MoslemPhilosophie, mein Freund. Aber siehst du, er log. Und wäre es nach ihm gegangen, dann hätte er dich ebenso umgebracht wie uns alle, weil er keine Zeugen brauchen konnte. Und jetzt …« Er schüttelte Lucas heftig, »du elender Schurke, sprich! Wohin hast du sie bringen lassen? Und behaupte nur ja nicht, du wüßtest es nicht. Dann erwürge ich dich nämlich jetzt sofort. Also, heraus mit der Sprache!« Sein Ton war fast freundlich, doch der trog natürlich. Er meinte es ernst, und Lucas ahnte es.
    »Das Königsgrab«, ächzte er. »Das ist die Wahrheit. Lassen Sie mich jetzt los? Ich kann doch keinen Schaden mehr anrichten.«
    Emerson warf ihn auf den Boden. »Aber Sie beleidigen meine Intelligenz, Lord Ellesmere. Peabody, Sie müssen einen Unterrock opfern, aber schnell.«
    Wir ließen Lucas gefesselt dort liegen, wo er lag, und dazu opferte ich nicht meinen Unterrock, sondern meinen Morgenrock. Ah, war ich froh, als mir die Stoffmengen nicht mehr um die Beine wallten! Ich nahm mir vor, mir als nächstes Hosen schneidern zu lassen.
    Abdullah blieb zu Lucas’ Bewachung zurück, denn er hatte erklärt, er habe nicht auf Lucas’ Seite gestanden, sondern nur versucht, die beiden Engländer zu trennen. Nun,
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