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Ameisenroman

Ameisenroman

Titel: Ameisenroman
Autoren: E. O. Wilson
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versuchen?»
    Sturtevant sagte sarkastisch: «Vielleicht können Sie ja Mr. Cody überzeugen, Bootshaus und Steg dorthin zu legen. Dann wäre die ganze Stelle unter Beton oder Rasen. Das wird die Ameisen schon aufhalten.»
    Dann warf er mit verzerrtem Gesichtsausdruck die Hände in die Luft. «Zum Teufel, Drake, es ist deine Entscheidung. Aber ich werde meine Meinung nicht ändern. Ich will hier nicht pathetisch werden, aber ich halte es sogar für etwas gefährlich, wenn man bedenkt, welche Leute hier die Gegend so bevölkern. Aber egal, mehr will ich zu diesem Thema gar nicht sagen. Ich reiße mich hier nicht in Stücke, nur um euch Jungs umzustimmen. Ich werde einfach nur für euch Buch führen und das Beste hoffen.»
    Dann drehte er sich um und starrte Raff einen Augenblick ausdruckslos an. Das hier also war wohl der, der hier künftig das Sagen hatte, dachte er. Ich will dem Unternehmen ja nicht schaden, aber diesen kleinen Scheißersähe ich schon gerne mal ordentlich auf die Nase fallen.
    «Danke, Rick», sagte Drake Sunderland. «Damit ist die Entscheidung wohl gefallen.»
    Das Meeting war beendet. Draußen hatten sich am westlichen Horizont Wolken gebildet. Gegen Abend würde es etwas regnen, denn eine weitere Regenfront wälzte sich über dem Golf heran. Das Wetter in dieser schönen Gegend zog immer aus Kansas herüber oder aus Illinois oder sonst aus einem weit abgelegenen Teil Amerikas.
    Gemeinsam gingen sie zur Tür, Sturtevant vorneweg. Am Ausgang bat Drake Sunderland Raff, noch einen Augenblick zu warten. Seine Augen waren halb geschlossen, sein Ausdruck düster.
    «Sehen Sie, Raff, ich mache hier mal mit Ihnen mit. Natürlich ist es ein Poker, da wollen wir uns nichts vormachen, aber ich denke mal, es ist ein Pokerspiel, das wir ohne allzu viel Kopfzerbrechen gewinnen können. Ich bete zu Gott, dass es so kommt. Und ehrlich gesagt, wenn es gelingt, haben wir etwas, worauf wir stolz sein können. Ich wollte den Nokobee wirklich nie mit einem Haufen geschmackloser Häuser zukleistern, wenn wir auch etwas Besseres hinbekommen. Und vor allem, wenn wir wegen der Investition in ein zu großes Projekt die Insolvenz riskieren.»
    Raff nickte mit Nachdruck. «Yessir, danke. Danke, dass Sie das so sagen.»
    «Aber ich muss Sie auch warnen, Raff, es macht mir wirklich Sorgen, was Rick Sturtevant da sagte. Vielleicht steckt ja ein wahrer Kern darin. Landerschließung und Religion sind hier unten wirklich eng verwoben. Es gibt Leute, die sagen, Gott will, dass wir alles Land, das er unsgegeben hat, benutzen, also erschließen; manche sagen, Gott will, dass wir seine gesamte Schöpfung bewahren. Wenn wir den Fanatikern auf einer von beiden Seiten das Ruder überlassen, könnten wir wirklich dicken Ärger bekommen. Ich will nicht, dass der Nokobee zu so etwas wie einem Schlachtfeld für Gerichtskriege wird. In den Medien würden wir dann wie die Idioten dastehen.
    Ich sage Ihnen also eines. Bringen Sie uns nur nicht irgendwelchen Ärger mit den Medien ein. Weder von Ihren Umweltfreunden noch von irgendwelchen bibelschwingenden Spinnern, und besonders will ich, dass Sie uns den Rücken von diesem verdammten
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freihalten. Habe ich mich verständlich ausgedrückt? Und noch etwas. Wenn ich sehe, dass die Sache baden geht, bin ich schneller im Rückwärtsgang, als ein Frosch von einem heißen Stein weghüpft. Dann nehme ich auf das Gelände eine Hypothek, und das ganze Ding wird parzellenweise erschlossen.»
    Raff nickte ernst. «Yessir, ich habe das absolut verstanden.»

37

    E in halbes Jahr später kniete Raff am grünenden Ufer des Lake Nokobee, vornübergebeugt wie im Gebet, und fotografierte eine kleine wilde Lavendelblüte. Überall rund um ihn keimte sichtbar der Frühling im Nokobee. Leuchtend rot blühten am Ufer üppige wilde Azaleen. Die letzten kühlen Nächte waren vorbei, und die Bodenflora erneuerte sich in einer Decke hellgrüner Triebe und Blätter.
    Sein Sieg für das Schutzgebiet war so vollständig ausgefallen, wie er es sich nur hatte erhoffen können. Unten bei Sunderland Associates waren sich jetzt alle einig, dass man mit den Plänen zum Nokobee starten konnte. Auf den Schreibtischen in der Chefetage fanden sich bereits die Baupläne. Mit mehreren Bauunternehmen aus der Umgebung der Stadt und einem aus Fort Walton Beach waren Verhandlungen im Gang. Der Vertrieb lief auf vollen Touren, die ersten Anfragen gingen ein. Der gesamte Nokobee Tract abseits der Seegrundstücke, also
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