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Ambient 02 - Heidern

Ambient 02 - Heidern

Titel: Ambient 02 - Heidern
Autoren: Jack Womack
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Freundinnen seit ich zur Schule gehe. Am Anfang haben wir uns allerdings nicht gemocht. Ich weiß noch, wir bastelten Tontöpfe. Meiner hatte innen eine kleine Figur. Lori wollte wissen, wer das sein soll, und ich sagte: »Du! Das da im Topf ist ein Ungeheuer. Ich mache gerade Menschenfressereintopf.« Lori schlug mich, ich schlug zurück, und schon waren wir mitten im Klassenzimmer am Raufen. Wir vertrugen uns aber, sobald wir aus dem Zimmer des Direktors wieder hinaus durften. Und seither sind wir dicke Freundinnen. Katherine und Lori und ich sind die Gründungsmitglieder des Menschenfresser-Clubs, obwohl wir lange nicht mehr so wild sind wie damals, von Lori abgesehen, natürlich.
    Abends im Fernsehen war der Präsident mit seinem Kabinett zu sehen. Sein Gesicht sah aus wie das von Mama. Nicht, daß sie sich ähnlich sehen, nein. Nur war sein Gesicht so leer, wie das von Mama manchmal ist. Ich glaube, der Präsident ist auch auf Xanax.
     

5. März
    Liebe Anne, ich bin nicht so zuverlässig bei meinen Einträgen, wie ich es eigentlich sein sollte. Bei all den Ablenkungen durch Eltern und Schwester und die Schule schaffe ich es einfach nicht jeden Tag. Oft habe ich keine Zeit für mich. Aber ich gelobe Besserung.
    An manchen Tagen passiert ja auch nicht viel Mitteilenswertes. Pappi behauptet, er habe eine neue Idee und arbeitet seit zwei Tagen daran, aber sonst verrät er nichts. Er behauptet immer, es bringe Pech, über ein Projekt zu reden, das noch nicht unter Dach und Fach sei, außer zu Leuten, die daran beteiligt sind. Und manchmal nicht einmal das. Mama sagt dann immer: »Meine Lieben, euer Vater ist in seinem Herzen ein Wilder, der über seinen Privataberglauben verfügt.« Boob und ich finden das ganz komisch, aber diesmal sollte es bitteschön klappen. Wir werden ja sehen. Einmal hat er drei Jahre an einem Manuskript gewerkelt, bevor sie es endgültig abgelehnt haben, aber normalerweise dauert es nicht so lange.
     

6. März
    Kaum versieht man's sich, und schon haben wir Freitag, Wochenende. Lori gibt morgen abend bei sich eine Party, zu der ich nicht gern hingehe, weil ich Parties nicht mag; aber ich gehe trotzdem, weil ich nach Lori sehen möchte. Sie hat einige Jungs von der Walden eingeladen, die sie kennt, dazu Freunde ihres Bruders von der Trinity, und ich freue mich keineswegs, mit denen Umgang haben zu müssen. Jede Wette, daß sie dumm sind wie eh und je. Je dümmer sie sich stellen, desto mehr läßt man ihnen durchgehen. Mich macht das nicht an.
    Heute abend waren wir zusammen im Kino, ein Film, der gute Kritiken hatte. Pappi hat die ganze Zeit über das angeblich schlechte Drehbuch gemeckert, bis sich die Leute hinter uns beschwert haben und er eine Weile ruhig sein mußte, weil nach einigen seiner sarkastischen Bemerkungen der Mann hinter uns sehr danach aussah, als wolle er eine Rauferei anfangen. Aber nach einer Weile hat Pappi weitergebrummelt und weitergebrummelt, bis der Film aus war. So ist das immer, wenn wir ins Kino gehen, Anne. Er behauptet zwar, daß nicht, aber Pappi war bestimmt ein schreckliches Kind. Ich liebe Pappi, aber habe trotzdem den Eindruck, Jungs werden nur größer, aber nicht erwachsen.
    Nach dem Film sind wir hinüber zur First Avenue gegangen, um bei Falafel and Stuff zu essen. Boob hat Mama und Pappi wegen eines neuen Kleides getriezt. Ich hatte ihr gesagt, wir sollten die beiden zur Zeit nicht um Sachen bitten, weil wir uns nichts leisten können, aber sie hört ja nie auf mich. »Brauchst du es zu einem bestimmten Anlaß, mein Liebes?« wollte Mama wissen.
    »Ich brauche es, weil ich es brauche«, greinte Boob. Selten einen so überzeugenden Grund gehört, meinte Pappi.
    »Ich brauch's trotzdem.«
    »Brauchst du es, oder willst du es bloß haben? Das macht einen Unterschied, mein Schatz.«
    »Ich brauche es, weil ich es haben will.«
    »Wir alle wollen andauernd irgendwas, aber wir brauchen eigentlich nur ganz wenige Dinge wirklich. Wenn du das Kleid wirklich brauchst, dann werden wir sehen, ob es irgendwie geht. Aber wenn du es bloß haben willst, dann wirst du noch eine Weile darauf warten müssen.«
    »Ich brauche es.« Sie werden es dieser Boob morgen kaufen; ich kenne sie. Danach trägt sie es einmal in der Schule, jemand macht eine blöde Bemerkung darüber, und sie zieht es niemals wieder an. Was Boob will, das braucht sie auch. Ich weiß nie, was ich will oder brauche. Na ja, manchmal schon, aber normalerweise nicht. Ich komme mit viel weniger Sachen
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