Amber Rain
nicht ganz unterdrücken.
„Komm, nehmen wir einen Whisky an der Bar.“
„Sag einfach, was du zu sagen hast. Ich habe nicht viel Zeit, ich erwarte jemanden.“
„Ja, natürlich. Tut mir leid. Also, hör zu …“ Er fährt sich mit der Hand durch die bereits schütter werdenden rotblonden Haare. „Es geht darum. In vier Wochen ist die Messe in No t tingham. David war angemeldet, zusammen mit Abbie. Eine Vorführung, Bondage. Aber jetzt ist Abigail abgesprungen, und David sagt, eine neue Sub zu trainieren, dass sie stillhält, das dauert zu lange, das schafft er in vier Wochen nicht. Und er will nicht mehr hingehen. Wie steh ich denn da? Ich meine, wenn wir denen keinen Programmpunkt mitbringen, dann ist unser Club für Jahre von der Karte verschwunden, weißt du.“
„Ja“, sage ich ruhig. „Ich weiß.“
„Also?“
„Also was?“
„Komm schon. Du weißt doch … ich meine … David ist doch ohnehin nur meine zweite Wahl für sowas. Du bist der beste, Crispin. Hey, die Bilder von deinen Arbeiten verkaufen sich auf diesen Conventions wie geschnitten Brot.“
Ich lache leise, behalte die Tür im Auge, aber es ist noch zu früh. Ich wünschte, sie würde mich erlösen, aber andererseits schätze ich Zufrühkommer ebenso wenig wie Zuspätkommer.
„George, du weißt, dass ich nicht vor Publikum arbeite.“ Ich drücke kurz seine Schulter, nur um ihn dann mit einer Hand beiseite zu schieben, damit ich an ihm vorbeikomme.
„Hey“, ruft er mir nach. „Du bist ein Künstler, Mann. Du bist ein Performer. Wann begreifst du, dass du das Publikum brauchst?“
Ich ignoriere ihn.
Einige Paare haben sich bereits gefunden. Im großen Saal, dem Herzen des Gebäudes, klingt Lachen aus Frauenkehlen. Ich entdecke Jason, der mit einer zierlichen Brünetten zu der ruhigen Musik tanzt. Linker Hand bereitet ein Dom, den ich nicht kenne, eine Szene vor, und ein Mädchen namens Micha e la sitzt mit gesenktem Kopf und gebundenen Händen in der Nähe. Michaela war vor einigen Jahren für knapp sechs W o chen meine Sub. Eine der Wenigen, die länger als für eine ei n zige Szene an meiner Seite gewesen sind. Ich bin gewöhnlich zu fordernd, um ein Trainer zu sein, ich erwarte ausgebildete Frauen, die wissen, was ich ihnen zumuten kann. Sechs W o chen sind für mich eine sehr lange Zeit mit derselben Frau, und es verbinden mich angenehme Erinnerungen mit Micha e la. Sie gehört zu den Frauen mit einem hohen Schmerzem p findlichkeitspegel, etwas, das ich sehr schätze. Ich bin alle r dings nicht der Typ für öffentliche oder wenigstens halböffen t liche Szenen, was der Grund war, dass ich mich nach diesen sechs Wochen dann doch schweren Herzens von ihr getrennt habe. Ich konnte ihr nicht länger ihre Sehnsüchte erfüllen, und dann ist es an der Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen.
Ich trete an Michaelas Dom heran. Sie hebt kurz den Kopf, erkennt mich und schaut sofort wieder auf ihre Knie, doch ich erkenne, dass ein Lächeln um ihre Mundwinkel spielt. Ich e r tappe mich dabei, dass ich sie gern berühren würde, doch um das zu tun, brauche ich die Erlaubnis ihres Meisters.
„Hi, wir hatten noch nicht das Vergnügen“, begrüße ich ihn. „Mein Name ist Crispin.“
„Ah.“ Er dreht sich zu mir um. Höchstens Mitte zwanzig, wahrscheinlich jünger als Amber und definitiv jünger als M i chaela. Eine interessante Kombination. Er ist hochgewachsen und grobknochig, mit einem angenehmen Gesicht und wachen Augen. „Der große Holloway. Ich habe schon viel von Ihnen gehört. Mein Name ist Anthony. Ich fühle mich geehrt, im se l ben Club spielen zu dürfen wie Sie, Sir.“
Er kommt mir vor wie einer, der weiß, was er tut. Doch mir gefällt das Arrangement an Peitschen und Katzen nicht, das er neben der Streckbank aufgereiht hat. Schwere si l berne Hand- und Fußschellen liegen bereit. Die Vorlieben di e ses Mannes liegen klar auf der Hand, und ein Blick auf Michaelas ruhig wartenden Körper sagt mir, dass er sie nicht misshandelt. Doch an diesem Abend kann ich eine solche Szene im offenen Teil des Clubs nicht gebrauchen. Nicht, ehe Amber es nicht geschafft hat, sich mit mir zusammen in eines der Sep a rees im Obergeschoss zurückzuziehen. Ich will sie nicht e r schrecken.
„Darf ich kurz mit Michaela reden?“, bitte ich ihn.
Er runzelt die Stirn und nickt. Ich hocke mich zu meiner Ex, sehe ihr von unten in die Augen. „Baby, bist du okay?“
„Ich bin okay, Crispin, danke.“
„Hör zu, ich erwarte heute
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