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Am Tor Zur Hoelle

Am Tor Zur Hoelle

Titel: Am Tor Zur Hoelle
Autoren: Claude Anshin Thomas
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ist kein Spaß.« Ich wollte einfach nur nach Hause. Aber ich konnte nicht nach Hause gehen. Mein Leben hatte eine unwiderrufliche Wende genommen.
    Als Erstes bekamen wir unsere Grundausrüstung: Decken, Uniform und Stiefel, Unterwäsche, Handtücher und eine Tasche, in der wir alles verstauen konnten. Dann mussten wir uns die Haare schneiden lassen. Wir schrieben das Jahr 1965; mein Haar war ziemlich lang. Der Einfluss der Beatles. Als ich vor dem Friseur stand, tauften die anderen mich Professor – vermutlich wegen meiner langen Haare. Ich begriff letztlich nicht, was da vor sich ging. Doch dann war ich auch schon an der Reihe, nahm auf dem Stuhl Platz, und der Friseur schor mir den Kopf. Es war demütigend.
    Die achtwöchige Grundausbildung war eine schwierige Zeit für mich. Ich wollte nicht dort sein. Es war ein echter Kampf für mich. Die körperlichen Herausforderungen der Grundausbildung meisterte ich vorzüglich, aber ich hatte enorme Probleme mit der Disziplin, denn sie erschien mir sinnlos. Sie ergab für mich einfach keinen Sinn. Ich begriff nicht, dass es einzig darum ging, meinen Willen zu brechen. Meinen Willen zu brechen und mich nach ihrem Bilde wieder aufzubauen. Ich legte großen Widerstand an den Tag, und die Zeit war sehr schwer für mich.
    Nach der ersten Hälfte der Grundausbildung kam ein Zeitpunkt, an dem ich äußerst mutlos war. Ich betrat die Kaserne und schlug mit der Faust jedes einzelne Fenster ein, an dem ich vorüberkam. Meine Fäuste waren voller Schnittwunden und bluteten. Ich ging nach oben und ging in ein Zimmer, schloss die Tür, verbarrikadierte sie mit einem Spind und kletterte zum Fenster hinaus. Ich setzte mich auf das Dach. Ein Oberleutnant, ein sehr aggressiver, zorniger, unsensibler junger Mann von Anfang zwanzig, kletterte zu mir hinaus. Ich weinte und wusste nicht, was ich tun sollte. Die Gefühle überschlugen sich in mir. Er reagierte darauf, indem er mich schlug. Er schlug mich ins Gesicht und boxte auf mich ein. Wenn ich das gemeldet hätte, wäre er in ernste Schwierigkeiten geraten. Doch ich kapierte gar nicht, dass er mich nicht hätte schlagen dürfen – misshandelt zu werden war für mich nichts Ungewöhnliches.
    Später sprach ein Feldwebel mit mir. Er war ein freundlicher Mann, ein guter Mensch, und er zeigte ein gewisses Maß an Mitgefühl mit mir. Sein Handeln hat mich wirklich berührt. Er schien sich wahrhaftig um mich zu sorgen und hat mich sehr unterstützt; er half mir, in einer Welt zurechtzukommen, auf die ich in keinster Weise vorbereitet gewesen war. Er sagte: »Hör zu. Du wirst nicht nach Hause zurückkehren. Du wirst die nächsten drei Jahre hier sein, also mach das Beste daraus.« Die Art, wie er das sagte, veranlasste mich, emotional dichtzumachen – mich gegen all meine Gefühle vollkommen abzuschotten. Ich sagte: »Okay, dann werde ich das eben durchziehen. Ich werde mein Bestes tun, um ein guter Soldat zu sein. Ich werde einfach all meine Gefühle unterdrücken. Ich werde mein Bestes geben.«
    Ein Teil von mir wollte sich wirklich davonmachen. Ich wusste bloß nicht, wie ich es anfangen sollte. Ich war auch so jung, viel jünger als all die anderen dort. Während meiner ganzen Soldatenlaufbahn war ich immer und überall der Jüngste. Ich war der Jüngste bei meiner Grundausbildung, ich war der Jüngste bei meiner weiteren Ausbildung und war der Jüngste in meiner Einheit in Vietnam. Ich war jung und hatte nicht den geringsten Durchblick.
    Angesichts des ganzen Irrsinns, der Misshandlungen, der Manipulation, der Zwangsmaßnahmen und auch angesichts der Art von Menschen, mit denen ich zu tun hatte, fühlte ich mich völlig überfordert. Ich stammte aus einem kleinen Ort in einer ländlichen Gegend und wusste nicht mit dieser Art von Menschen umzugehen. Ich wurde ziemlich schikaniert, wurde häufig ausgenutzt, häufig von älteren Menschen manipuliert. Ich hatte keine Kontrolle über mein Leben, trank eine Menge Alkohol und war fast die ganze Zeit über mehr oder weniger betrunken. Ich trank jeden Tag. Sobald wir die Erlaubnis hatten auszugehen, hing ich jeden Abend in den Bars herum. Ich begann ernstlich zu leiden. Und ich hatte bald enorme Geldprobleme. Weil ich schwer trank und zunehmend alkoholabhängig wurde, reichte mein Geld nie von einem Zahltag bis zum nächsten. Infolgedessen bekam ich Ärger mit
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