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Am Rande wohnen die Wilden

Am Rande wohnen die Wilden

Titel: Am Rande wohnen die Wilden
Autoren: Klaus Frühauf
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Seite. Sie war schön. Der faltenlos anliegende Overall in der dunkelgelben Farbe der Nacht brachte ihre schlanke Gestalt zur Geltung. Die silbrige Haut wurde durch das Licht der Myriaden von Sternen von einem weichen gelben Schein überhaucht. Als sie den Kopf wandte, sah er, daß sie das feine Netz des Gedankenemitters trug, und erinnerte sich, das seine abgenommen zu haben, als er den Hügel erstieg.
    Cosita lächelte nachsichtig, als sie sein Erschrecken bemerkte. »Als Ratsmitglied solltest du das Netz ständig tragen«, sagte sie und strich ihm über die Stirn. Er antwortete nicht, aber er legte das Netz auf seinen Schädel, dessen silbrige Farbe dadurch dunkler wirkte. Als er die kühlen Elektroden fühlte, atmete er auf. Tatsächlich war er als Mitglied des Rates von Morn verpflichtet, ständig erreichbar zu sein, und ohne Netz konnte nur in unmittelbarer Nähe eines Tentakels ein Spruch an ihn abgesetzt werden.
    Sie schalteten die Gürtel ein und ließen sich hinüber zum Fluß treiben. Cosita hielt sich an Faunians Seite. Sie lächelte wieder, als er gerufen wurde. Er hatte das Netz rechtzeitig aufgelegt. Es war ein Ruf des Rates, den der diesen Landstrich versorgende Tentakel übertrug.
    »Faunian zwölf!« flüsterte es, und nochmals: »Faunian zwölf! Der Rat erbittet deine Teilnahme an der morgigen Sitzung.«
    Es war nicht ungewöhnlich, daß der Tentakel nur den wichtigsten Teil der Gesamtinformation übertrug, denn Faunian hätte, wenn es ihm notwendig erschienen wäre, weitere Einzelheiten abrufen können. Er tat es nicht. Er würde ohnehin noch genügend Zeit dazu haben. Im Augenblick erschien ihm das Zusammensein mit Cosita wichtiger, als daß er es mit der Aufzeichnung von Informationen abkürzen wollte. Langsam glitten sie am Strom entlang.
    Es war Cosita, die auf einen häßlichen blaugrünen Fleck wenig oberhalb des Wassers aufmerksam machte. Faunian zog die Schultern hoch. Da war es wieder, das Unbegreifliche, nicht Steuerbare, das Spontane. Eine kleine Pflanze an der Betonwand des Baches, eine Kolonie von 
    Algen, ein Relikt der Vergangenheit, das sich seit Jahrhunderten allen Bestrebungen, es unter Kontrolle zu bekommen, erfolgreich widersetzte. Immer wieder, einmal hier, einmal da, tauchte eine Kolonie derartiger Pflanzen auf, und Faunian war sich klar, daß auch diese Herde ihre Sporen bereits wieder ausgesandt hatte, um irgendwo auf ihrem Planeten neue Zentren zu bilden, nachdem dieses eliminiert sein würde. Die Tatsache, daß Cosita die Pflanze vor ihm entdeckt hatte, obwohl sie auf derartige Relikte weit nachsichtiger zu reagieren pflegte, schrieb er dem Umstand zu, daß er noch mit dem Spruch des Rates beschäftigt war, als sie die infizierte Stelle passierten. Trotzdem verdroß es ihn.
    Er informierte den Rat und bat um Gegenmaßnahmen, und er war sicher, daß man sofort eine Gruppe aussenden würde, die die Ansiedlung zu vernichten hatte.
    Es war dunkler geworden. Der Himmel hatte sich über und über mit einem Vorhang von leuchtenden Funken geschmückt. Der Planet, den sie bewohnten, war der dritte, der um die Sonne Morn kreiste, und diese Sonne befand sich in unmittelbarer Nähe des Zentrums der Galaxis. Die Himmel der Planeten in der Zentrallinse sind unbeschreiblich schön. Beide, Faunian und Cosita, hatten schon an mehreren Expeditionen in nahe gelegene Sonnensysteme teilgenommen, einen derart beeindruckenden Himmel wie den Morns hatten sie nirgends sonst gesehen.
    Vor ihnen tauchte das geschlossene Areal des Wohnkomplexes auf. Hier stand der Zentralrechner, der die Meinungen und Wünsche, die Ansichten und Vorstellungen der Millionen Mornen analysierte, abstrahierte und schließlich den Extrakt dem Rat überspielte. Hier schließlich arbeitete auch der Rat selbst, und hier bereiteten sich die Kosmonauten Morns auf ihre Expedition vor.
    Sie erreichten ihren Freizeitkomplex über den untersten Schwebetunnel und begaben sich sofort in die nächste Restaurantabteilung. Durch den Spaziergang waren sie hungrig geworden.
    Das Restaurant war ein mäßig großer Saal, der durch Emissionsvorhänge in kleinere Abteilungen untergliedert war. So konnten sich die Besucher zwar sehen, ein Gedankenaustausch von Tisch zu Tisch war jedoch nur auf dem Umweg über einen Tentakel möglich. Faunian war gern hier, hier spürte er die Geborgenheit in der Gesellschaft, spürte, daß es die Gemeinschaft der Mornen war, die die Verantwortung für alle trug.
    Er blickte sich um. In der Mitte des
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