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Am Mittwoch wird der Rabbi nass

Am Mittwoch wird der Rabbi nass

Titel: Am Mittwoch wird der Rabbi nass
Autoren: Harry Kemelman
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Mutter? Hier würdest du für …»
    «Hier würde ich für das Geschäft arbeiten. Als ich noch zu Hause war, hat Dad sich viel mehr um das Geschäft gekümmert als um mich», sagte er bitter.
    Sie nickte. «Ja, so scheint es gelegentlich. Das kommt daher, dass ein Geschäft, um das man sich kümmert, sich auch um einen selbst kümmert. Dein Vater lebt von diesem Geschäft, und dein Großvater vor ihm ebenfalls. Erinnerst du dich noch an deinen Großvater?»
    «Ich war noch klein, als er starb, aber ich kann mich an ihn erinnern.»
    «Das war ein Mann, dein Großvater! Er war drüben, in der alten Heimat, Apotheker, und als er hierher kam, wurde er von allen hoch geachtet. Hast du eine Ahnung, was es damals bedeutete, Apotheker zu sein, und dazu noch in der alten Heimat Apotheker gewesen zu sein? Die anderen Einwanderer waren fast alle Schneider, Flickschuster, Trödler, größtenteils ungebildet. Dein Großvater aber hatte das Gymnasium besucht, und anschließend eine Fachhochschule. Heutzutage mag es nicht mehr so großartig sein, einen Drugstore zu besitzen. Die Leute sehen darin nichts weiter als ein ganz normales Geschäft. Wie viel bringt es ein? Wie hoch sind die Nettoeinnahmen? Damals aber war das ein akademischer Beruf wie Arzt. Man hielt jeden Tag bis Mitternacht offen – nicht um ein paar Dollar mehr einzunehmen, sondern weil man der Gemeinde gegenüber eine Verantwortung hatte. Mit dieser Einstellung ist dein Vater aufgewachsen. Für ihn ist das Geschäft nicht einfach nur ein Geschäft. Deswegen hält er länger offen als die anderen Drugstores in dieser Gegend. Und Mittwochabends, wenn die anderen Drugstores alle früh schließen, weil die Ärzte Mittwochnachmittags keine Sprechstunde haben, hält er bis zum normalen Geschäftsschluss offen.»
    «Ja, ja, ich weiß – sechzig, siebzig Stunden die Woche», gab er angewidert zurück. «Und von mir erwartete er das Gleiche. Und wenn ich mir mal ein bisschen Freizeit für Vergnügungen nahm, rumms, fiel er über mich her wie eine Wagenladung Wackersteine.»
    «Du hast dir aber auch Geld aus der Kasse genommen, Arnold», sagte sie bedrückt. «So etwas kann kein Ladeninhaber dulden, nicht mal von seinem eigenen Sohn. Das wäre genauso, als würde man ein Loch in ein Boot bohren.»
    «Ich wollte es ja zurücklegen.»
    «Diese Art Geld legt man nie zurück. Du hast es beim Glücksspiel verloren und für deine Freundinnen ausgegeben. Das waren keine netten Leute, mit denen du drüben in Revere rumgezogen bist. Es wäre immer schlimmer geworden.»
    «Ich habe nie mehr ausgegeben, als ich mir wirklich leisten konnte. Dieser Schuldschein, mit dem Kestler mich verfolgte, war frisiert worden. Ich war nur fünfzig Dollar schuldig, und er hatte ihn auf hundertfünfzig gefälscht …»
    «Siehst du nun, was für Leute das waren, mit denen du damals umgegangen bist?»
    «Na schön, was sollte ich tun? Ich saß in der Klemme. Wär’s dir vielleicht lieber gewesen, wenn sie mir beide Arme gebrochen hätten?»
    «Du hättest es uns sagen müssen. Dein Vater hätte alles erledigt.»
    «O ja, natürlich!»
    «Ja, natürlich. Am Tag nachdem du fort warst kam Kestler zu uns und suchte dich. Dein Vater fragte ihn, was er wollte, und er zeigte ihm den Schuldschein. Dein Vater bezahlte ihn und sagte ihm dann, er wünsche ihn nie wieder im Geschäft zu sehen.»
    Er hieb krachend mit der Faust auf den Tisch und sprang wütend auf. «Und ich habe ihn eine Woche später bezahlt, mit meinem ersten Gehalt. Ich habe ihm alles zurückgezahlt.»
    «Du hast ihm hundertfünfzig Dollar gegeben?»
    «Nein, fünfzig. Mehr war ich ihm ja nicht schuldig. Oh, dieses Schwein! Ich bringe ihn um!»
    «Das sind Ausdrücke, die man in Gegenwart seiner Mutter nicht gebraucht. Hast du das von deinen neuen frommen Freunden gelernt?»
    «Aber Ma, er hat das Geld von mir genommen, nachdem er es bereits von Pa bekommen hatte. Ich werde zu ihm gehen …»
    «Du bist nur für ein paar Tage hier und willst gleich Scherereien machen? Und dann verschwindest du wieder und …»
    «Aber ich kann ihm das nicht durchgehen lassen.»
    «Mir scheint, du solltest lieber überlegen, was du deinem Vater schuldig bist.»
    «Na schön ich schicke ihm einen Scheck, wenn ich wieder in Philly bin.»
    «Er will keinen Scheck von dir.»
    «Was will er denn?»
    «Ich habe dir gesagt, was er will. Ist das zu viel verlangt? Aber du könntest wenigstens ins Geschäft gehen und ihm helfen, solange du hier bist.»
    «Na schön. Ich
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