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Am Fuß des träumenden Berges

Am Fuß des träumenden Berges

Titel: Am Fuß des träumenden Berges
Autoren: Julie Peters
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Hoffnung. Und er weckte damit Zweifel, die sie bisher erfolgreich verdrängt hatte.
    Wollte sie das wirklich? Wollte sie Matthews Frau werden?
    Genügten denn ein paar Briefe, um so eine Entscheidung zu treffen?
    Ihr Vater war nicht da. Er war am frühen Morgen zu einer Familie gerufen worden, deren Vater bei den Arbeiten am Dach seines Hauses abgestürzt und kurz darauf an einer Kopfverletzung gestorben war. Also ging sie zu ihrer Mutter.
    Eleonore Collins saß im Salon an ihrem Sekretär und schrieb einen Brief. Audrey wartete, bis ihre Mutter den Satz zu Ende geschrieben hatte und aufschaute. «Nun?», fragte sie.
    Obwohl sie bereits Anfang vierzig war und fünf Kinder geboren hatte, war Eleonore noch immer schlank wie ein junges Mädchen. Nur winzige Fältchen um die Augen und die Mundwinkel verrieten ihr Alter. Sie hatte die dunkelbraunen, rötlich schimmernden Haare ebenso an Audrey vererbt wie ihre rehbraunen Augen und das leicht spitze Kinn. Sie war keine Schönheit im klassischen Sinne – aber sie war anmutig. Doch diese Anmut war das Einzige, was sie nicht an ihre Tochter vererbt hatte. Andrey wusste, sie war linkisch und ungeschickt.
    «Ich habe einen Brief bekommen. Von Matthew.»
    «Das ist schön. Er schreibt wirklich regelmäßig, ganz anders als dein Vater damals.» Alle Männer wurden von ihrer Mutter stets an dem gemessen, was ihr Vater tat oder unterließ. «Was schreibt er denn?»
    Sie hatte den Füllfederhalter wieder ergriffen, fast als finde das Gespräch gar nicht statt.
    Audrey räusperte sich. «Er möchte mich heiraten, Mam.»
    Die Hand ihrer Mutter verharrte mitten im Wort. Sie schraubte den Füllfederhalter zu und legte ihn sehr sorgfältig oberhalb des Briefpapiers auf die Schreibtischplatte. Erst dann blickte sie auf.
    «So. Will er das.»
    Audrey nickte bang.
    «Willst du das auch, Audrey?»
    «Ich weiß es nicht.»
    Wie sollte sie das wissen, wenn sie Matthew noch nie begegnet war? Seine Briefe hatte sie, doch genügten die, um sich ein ausreichendes Bild zu machen von seinem Charakter und darüber, ob eine Ehe zwischen ihnen segensreich sein würde?
    Ihre Mutter seufzte. Audrey trat zögernd näher.
    «Ich werde dich bei deiner Entscheidung unterstützen», sagte sie dann. «Aber dein Vater hat das letzte Wort. Das weißt du.»
    «Ja, Mam.» Audrey nickte.
    «Außerdem ist ja noch die Frage, ob er dich wollen wird, wenn er erfährt …» Sie hielt inne.
    «Ich werde ihm davon erzählen», beeilte Audrey sich zu versichern. «Das hatte ich ohnehin vor.»
    Er hat das Recht zu erfahren, was für eine Frau er sich ins Haus holt.
    «Gut. Dann wird auch dein Vater nichts dagegen haben.»
    «Er will, dass ich mit seinem Onkel und seiner Tante reise.»
    Das erste Mal lächelte ihre Mutter sie an. «Reggie will dich begleiten? Das ist gut! Ich bin überzeugt, wenn er dich erst kennengelernt hat, wird sich dein Matthew keine Sorgen mehr machen.»
    Audrey nickte hoffnungsvoll.
    Wenn Matthew sich nur nicht angewidert von ihr abwandte, nachdem er erfahren hatte, wozu sie fähig war.
    Ehe sie gehen konnte, rief die Mutter sie zurück. «Was hast du da?», fragte sie streng und zeigte auf Audreys Hand.
    Audrey schaute verwirrt nach unten. Ein Splitter war unterhalb des Zeigefingers tief in die Handfläche eingedrungen. Die Haut hatte sich gerötet.
    «Ich weiß nicht», sagte sie verwirrt. «Vielleicht ist das passiert, als ich am Gartentor gewartet habe.» Bestimmt war es so. Wenn sie es sich recht überlegte, meinte sie, sich an den stechenden Schmerz zu erinnern. Aber just in dem Moment war Mr. Tremayne aufgetaucht, und danach hatte sie nicht mehr daran gedacht.
    «Ach, Audrey …» Ihre Mutter musterte sie besorgt. «Geht das schon wieder los? Müssen wir uns sorgen?»
    Sie schüttelte heftig den Kopf. «Bestimmt nicht», versicherte sie. «Es war nur ein Versehen.»
    «Dann geh. Und schick Millie zu mir, ich möchte mit ihr über das Abendessen reden.»
    Sie gab in der Küche Bescheid und ging die Treppe hoch.
    Oben angelangt, wollte sie sich nach rechts wenden, wo ihr Zimmer am Ende des Gangs lag. Doch direkt vor ihr stand die Tür zu Alfreds Zimmer halb offen, und drinnen hörte sie das Flüstern der Pflegerin.
    «Schau, jetzt nehmen wir deinen Kuschelhasen und legen ihn direkt neben deinen Kopf. So kannst du ihn anschauen. Ja? Ist dir das recht?»
    Sie wollte nicht lauschen. Und ins Kinderzimmer schauen wollte sie erst recht nicht. Trotzdem trat sie leise näher und schob die Tür
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