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Am Ende zählt nur das Leben

Am Ende zählt nur das Leben

Titel: Am Ende zählt nur das Leben
Autoren: Katja B.
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als ich erneut schwanger wurde. Einen besseren Zeitpunkt hätte es nicht geben können. Ein Geschwisterchen für Charlotte war unser großer Wunsch gewesen, denn meine eigene Familie konnte nur mit zwei Kindern komplett sein. Persönlich hatte ich jedoch einige Bedenken vor den zusätzlichen Belastungen.
    Nachdem meine Schwangerschaft festgestellt worden war, nahm ich an allen notwendigen medizinischen Untersuchungen teil. Wenn man mich in der gynäkologischen Praxis, bei der Geburtsvorbereitung oder der Schwangerengymnastik fragte, meine wievielte Schwangerschaft es sei, antwortete ich immer: »Meine dritte.«Aber wenn ich gefragt wurde, wie viele Kinder ich habe, antwortete ich: »Eines.«
    Manchmal wurde ich auch gefragt, wie alt mein erstes Kind sei.
    »Sie lebt leider nicht mehr, aber es ist schwierig zu erklären, warum sie nicht mehr da ist.«
    Bisher hat niemand Nachfragen gestellt.
    Vor der Geburt unseres zweiten Kindes überkamen mich plötzlich Ängste. Ich fürchtete mich vor den physischen Schmerzen der Geburt und davor, es womöglich psychisch nicht zu verkraften. Ich hatte große Angst, meinem Kind könne etwas zustoßen. Ich malte mir alle möglichen Komplikationen aus und schaffte es kaum, mich zu beruhigen. Was war, wenn das Kind einen Schaden davontrug und bei der Geburt etwas schiefging? Ich wollte alles tun, um jegliche Risiken so gering wie möglich zu halten. Meine Belastungsfähigkeit war rapide gesunken, und es fiel mir immer schwerer, mir selbst Mut zu machen. Düstere Gedanken zogen auf, wobei ich versuchte, ruhig und realistisch zu bleiben. Andere Frauen bekommen doch auch Kinder, ohne vor Angst verrückt zu werden, sagte ich mir. Und schließlich hatte ich es schon zweimal ohne Komplikationen geschafft.
    In manchen Momenten hatte ich Angst, (wieder) alles zu verlieren: mein Kind, mein Glück, mein Leben.
    Ich hatte auch Angst vor der Verantwortung, zwei Kinder großzuziehen. Sogar über Charlottes mögliche Eifersucht machte ich mir Gedanken, dabei gab es keinen einzigen Hinweis darauf. Ich fühlte mich verletzlich und nicht mehr so belastbar wie noch vor einigen Jahren.
    In manchen Momenten fehlte mir das Selbstvertrauen für ein weiteres Kind. Würde ich das schaffen? Charlotte brauchte sehr viel Zuwendung. Ein Baby musste ständig umsorgt werden. Wann sollte ich die Einkäufe erledigen, wann den Haushalt? Und wann würde ich mal wieder eine ganze Nacht durchschlafen können? Mich quälte auch die Frage, ob Robert und mir noch ausreichend Raum für unsere Liebe blieb. Fragen und Zweifel marterten meine Seele. Mir wurde immer deutlicher, dass die Tragödie um Sarahs Tod mir langfristig Kraft geraubt hatte. Ja, ich war glücklich, daran gab es keinen Zweifel, aber ich war auch geschwächt.
    Der Geburtstermin stand mir wie eine enorme Herausforderung vor Augen. Meine Unruhe wuchs mit jedem Tag. Längst war der Frühling gekommen, und ich hätte das erste Grün in unserem eigenen Garten genießen sollen. Stattdessen versicherte ich mich beim Gynäkologen, dass auch wirklich alles normal sei.
    Zweieinhalb Jahre nach der Geburt von Charlottewurde meine dritte Tochter Sophia geboren. Ihr Taufspruch war der Psalm 17, Vers 8: Behüte mich wie einen Augapfel im Auge, beschirme mich unter dem Schatten deiner Flügel.

Nachtrag
    An meine Leser
    Nach den tragischen Ereignissen in meinem Leben spüre ich deutlich, wie kostbar jeder einzelne Moment im Leben ist. Seht das Schöne im Leben, und genießt es! Erfreut euch auch an den kleinen Dingen. Habt keine Angst, eure Schwächen zu zeigen und darüber zu reden. Lasst euch helfen, aber lasst euch auf keinen Fall unterkriegen. Und bitte seid immer ehrlich! Durch meine eigenen Erlebnisse habe ich auf tragische Weise erfahren müssen, welche Auswirkungen Unwahrheiten und Verstellungen haben können.
    Und bitte hört auf, egoistisch zu sein, sondern achtet auf eure Mitmenschen, dann achten sie auch auf euch. Hört einfach mal hin, wenn sie etwas zu sagen haben. Versucht zu verstehen, was sie fühlen und was sie denken.
    Aber es darf euch manchmal auch egal sein, was andere über euch denken. Was denn bloß die Nachbarn denken, darf nicht den Ausschlag für das eigene Handeln geben.
    Viele Leser werden sich sicherlich fragen, warum ich dieses Buch geschrieben habe.
    Eigentlich fing es mit dem Selbstmord von Robert Enke an. Als in der Presse von nichts anderem als seinem Freitod die Rede war, horchte ich auf. Ich verfolgte jede Meldung, hörte jeden
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