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Am Ende zählt nur das Leben

Am Ende zählt nur das Leben

Titel: Am Ende zählt nur das Leben
Autoren: Katja B.
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lassen sich die Sitzmöbel ausklappen, soweit ich weiß«, sagte Anja.
    »Kein Problem. Es wird sich schon etwas finden. Dann ist es also abgemacht?«
    »Abgemacht.«

Ferien am Meer
    Das Haus lag am Meer, es war noch schöner als im Katalog, und es gab mehr als genug Platz für uns alle: Meine Eltern, meine Schwester Anja mit ihrem Mann und den beiden Kindern, meine zweitälteste Schwester Ramona mit ihrem Freund und dem Baby und mein Bruder Steffen waren bereits einige Tage vor Ort, als Cay und ich am Freitag eintrafen. Ich war gespannt darauf, wie meine Schwestern und der Rest der Familie auf ihn reagierten. Meine Eltern hatten sie sicher schon vorgewarnt .
    Cay und ich waren mit meinem alten Fiat unterwegs, um das Gepäck besser transportieren zu können, denn in Cays Mini Cooper passte kaum etwas hinein. Meine Angehörigen saßen auf der Terrasse, als wir vorfuhren. Der Abendbrottisch war gedeckt. Meine Nichte und mein Neffe liefen uns entgegen.
    »Katja kommt, Katja kommt. Hurra! Katja!«
    Ihre kreischenden Stimmen überschlugen sich, und Cay hielt sich die Ohren zu.
    »Guten Abend«, sagte er in die Runde und gab den Erwachsenen kurz die Hand.
    Dann setzte er sich auf einen freien Stuhl und schlug eine Zeitung auf. Ich glaubte, nicht richtig zu sehen, aber er las tatsächlich Zeitung. Anja warf mir einen entsetzten Blick zu, aber was konnte ich schon machen?
    »Wie war die Fahrt? Habt ihr es gleich gefunden?«, fragte meine Mutter.
    »Kein Problem, ja, ja«, stammelte ich und schielte mit einem Auge zu Cay. Ich war hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, dass er sich wohlfühlte, und der Liebe zu meiner Familie. Leicht machte Cay es uns nicht.
    »Ich habe Tee gemacht. Möchtet ihr eine Tasse? Oder lieber etwas Kaltes?«
    Cay reagierte nicht, und ich fragte mich, was es so Interessantes zu lesen gab, wo wir doch gerade erst angekommen waren und er meine Familie kaum kannte. Aber er ließ sich nicht beirren. Beinahe stoisch versank er in der Lektüre, während Anja mich immer noch fragend anschaute. Ich zuckte mit den Schultern und nahm meiner Mutter die Tassen aus der Hand.
    »Wir hatten eine tolle Fahrt, keine Staus, nicht mal im Elbtunnel, alles super«, trällerte ich und berichtete ausführlich von unserer Anreise. Ab und an schaute ich zu Cay, der sich nicht vom Fleck rührte. Seelenruhig schlug er die Seiten um, faltete die Zeitung und schien jeden einzelnen Artikel zu lesen. So konnte er meine Familie schwerlich für sich gewinnen, überlegte ich. Gleichzeitig fand ich sein Verhalten ungeheuer selbstbewusst und cool. Er tat, worauf er Lust hatte. Und wenn er nun mal Zeitung lesen wollte: Warum nicht? Kein anderer würde sich so etwas trauen. Er war eben der Cay.
    Das Wetter war schön, und am nächsten Tag packten wir unsere Badesachen und gingen gemeinsam an den Strand. Cay zog seine Sportkleidung an und wollte zunächst eine Runde joggen , wie er es nannte.
    »Will er sich denn gar nicht mit uns unterhalten?«, fragte Anja mich, als er hinter den Dünen verschwand.
    »Lass ihm ein wenig Zeit. Es ist sicher nicht einfach, als Außenstehender auf eine Großfamilie zu treffen.«
    »Was heißt Außenstehender? Ich denke, er ist dein Freund.«
    »Ja, schon, aber für ihn ist das alles ungewohnt. Die vielen Kinder und so.«
    »Zwei Kinder und ein Baby. Das soll viel sein? Hat er etwas gegen Kinder?«
    »Er möchte bloß ein bisschen laufen. Cay trainiert für einen Zehn-Kilometer-Wettkampf.«
    »Und dafür kommt er extra mit dir nach Dänemark?«
    »Vielleicht ist er kein Familienmensch, so wie wir.«
    »Das befürchte ich.«
    »Ich kenne ihn doch auch noch nicht so gut. Er kommt aus einer kleineren Familie und hat nur eine Schwester.«
    »Na ja, komisch ist es schon, aber Hauptsache, du kommst mit ihm klar«, sagte Anja.
    Meine große Schwester sagte immer offen ihre Meinung.
    Nach dem Joggen sprang Cay ins Meer und legte sich dann aufs Badelaken, um sich zu sonnen. Es wirkte beinahe so, als habe er einen genauen Plan, wie er seine Tage am Meer verbringen wollte. Meine Familie kam bei seinen Überlegungen offenbar nur am Rande vor.
    Als es ihm genug war mit dem Sonnenbaden, stand er auf, verabschiedete sich mit knappen Worten und ging zurück zum Ferienhaus.
    Meine Schwestern kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus.
    »Was ist denn mit dem los? Sein Handtuch lässt er auch noch liegen. Das sollst du ihm jetzt hinterhertragen, oder wie ist das zu verstehen?«, wollte Ramona von mir wissen. Sie war
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