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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat
Autoren: Elizabeth George
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Erleichterung verschaffte: »Scheiße.« Und: »Diese blöde alte Kuh.« Dann stieg sie wieder in den Fiat, setzte ihn in die Garage und sann fieberhaft auf einen Ausweg, um sich nicht mit dem Problem befassen zu müssen, das ihre Mutter dort vor ihrer Haustür abgeladen hatte. Ihr fiel nichts ein.
    Sie stieg wieder aus und umrundete den Wagen, um ihren Massagetisch aus dem Kofferraum zu holen. Joel und Toby standen auf und traten näher, blieben jedoch unsicher an der Hausecke stehen, Joel vorn, Toby wie üblich sein getreuer Schatten.
    Ohne Gruß oder Vorrede sagte Joel: »Gran sagt, sie muss erst ein Haus einrichten, eh' wir zu ihr nach Jamaika zieh'n könn'. Sie holt uns, wenn alles fertig is\ Sie sagt, wir soll'n hier auf sie warten.«
    Genera antwortete nicht. Die Stimme ihres Neffen und sein hoffnungsvoller Tonfall trieben ihr Tränen in die Augen, was weit mehr mit der Grausamkeit ihrer Mutter als mit Kendras eigenen Empfindungen zu tun hatte.
    Joel fuhr noch eifriger fort: »Wie geht's dir denn so, Tante Ken? Soll ich mit anfass'n?«
    Toby schwieg. Er blieb in der dunklen Einfahrt zurück und vollführte einen kleinen Tanz auf Zehenspitzen - eine bizarre Ballerina, die ein Solo tanzte. In einem Wasserballett.
    »Warum zum Henker trägt er dieses Ding?«, fragte Genera Joel und machte eine schnelle Kopfbewegung hin zu seinem Bruder.
    »Den Schwimmreifen? Den mag er im Moment einfach am liebsten. Gran hat ihn ihm zu Weihnachten geschenkt, weißte noch? Sie hat gesagt, in Jamaika kann er ...«
    »Ich weiß, was sie gesagt hat«, unterbrach Genera schroff. Der plötzliche Zorn, den sie verspürte, richtete sich nicht gegen ihren Neffen, sondern gegen sich selbst, weil ihr plötzlich aufging, dass sie es damals schon hätte ahnen müssen. Schon an Weihnachten hätte ihr klar werden müssen, was Glory Campbell im Schilde führte, gleich im ersten Moment, als sie feierlich verkündet hatte, sie wolle ihrem nichtsnutzigen Freund zurück in ihrer beider Heimatland folgen. Genera hätte sich ohrfeigen können, weil sie Scheuklappen getragen hatte.
    »Die Kinder werden Jamaika lieben«, hatte Glory gesagt. »Und George wird besser zurechtkommen. Mit den Kindern, mein' ich. War nich' leicht für ihn, weiß' du, drei Kinder undwir in der winzigen Bude. Wir steh'n uns gegenseitig auf den Füßen.«
    Und Genera hatte erwidert: »Du kannst sie nicht nach Jamaika verschleppen. Was ist mit ihrer Mutter?«
    Worauf Glory geantwortet hatte: »Carole wird wahrscheinlich nich' ma' merken, dass sie weg sind.«
    Während Genera noch den Massagetisch aus dem Kofferraum wuchtete, wurde ihr klar, dass Glory irgendwann genau dieses Argument als Ausrede vorbringen würde, in dem Brief, der lange nach ihrer Abreise kommen würde, wenn sie es nicht länger aufschieben konnte. Ich habe gründlich darüber nachgedacht, würde sie erklären. Genera wusste, ihre Mutter würde ihr einstmals makelloses Englisch für diesen Anlass verwenden und nicht das jamaikanische, das sie sich in Vorbereitung auf ihr neues Leben wieder zugelegt hatte. Und ich habe mich daran erinnert, was du über die arme Carole gesagt hast. Du hattest recht, Ken. Ich kann ihr die Kinder nicht wegnehmen und so eine große Entfernung zwischen sie bringen. Und damit wäre die Angelegenheit erledigt. Ihre Mutter war kein boshafter Mensch, aber sie hatte immer fest daran geglaubt, dass man Prioritäten setzen musste. Und da Glorys oberste Priorität immer das eigene Wohl gewesen war, war es unwahrscheinlich, dass sie je etwas zu ihrem eigenen Nachteil tun würde. Drei Enkelkinder in Jamaika in ein und demselben Haushalt mit einem unnützen, arbeitslosen, Karten spielenden, Fernseh glotzenden Exemplar übergewichtiger und übel riechender Männlichkeit, an das Glory sich mit aller Gewalt klammerte, weil sie nie in der Lage gewesen war, auch nur eine Woche lang ohne Mann auszukommen, und in dem Alter war, da Männer nicht mehr so leicht zu haben waren ... Ein solches Szenario musste selbst einem minderbemittelten Volltrottel als nachteilig erscheinen.
    Genera knallte den Kofferraumdeckel zu. Sie stöhnte, als sie den schweren Klapptisch am Griff packte.
    Joel eilte hinzu, um ihr zu helfen. »Ich nehm das, Tante Ken«, sagte er, als glaube er wirklich, dass er mit der Größe und dem Gewicht fertig werden konnte.
    Wider Willen schmolz Genera ein wenig. »Geht schon. Aber du könntest das Garagentor schließen. Und bring den Trolley und eure anderen Sachen ins Haus.«
    Während
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