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Am Ende schmeißen wir mit Gold: Roman (German Edition)

Am Ende schmeißen wir mit Gold: Roman (German Edition)

Titel: Am Ende schmeißen wir mit Gold: Roman (German Edition)
Autoren: Fabian Hischmann
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»Wieder zu Hause« genauso reagieren wie ich im Sommer, an dem Nachmittag, als Maria den Honig vorbeibrachte.
    Auf Sat.1 läuft Kevin – Allein zu Haus . Nie zuvor war dieser Film so gut.

82
    Der Baum ist mit blauen Kugeln und Strohsternen behangen. Maria wollte es so und uns war es egal. Später sind wir bei ihren Eltern eingeladen, wird es Fondue geben, wie jedes Jahr, mit dem Unterschied, dass es nicht unser Esszimmer sein wird, das nach geschmolzenem Fett riecht.
    Ich sitze unter der schmucken Tanne, trinke abwechselnd Kamillentee und Rotwein, versuche die Erkältung im Keim zu ersticken und trotzdem betrunken zu werden. Maria gießt Essig über die Kartoffeln und gibt saure Gurkenscheiben dazu. Lio steht ihr zur Seite, appelliert an ihre Tollpatschigkeit, doch es fällt nichts für ihn ab.
    »Das muss jetzt noch zwei, drei Stündchen durchziehen«, sagt sie, nimmt sich auch ein Glas und setzt sich zu mir. Jan kommt rein, schüttelt den Schnee aus seinen Haaren und schichtet das Feuerholz vor dem Ofen auf. Er trägt nicht nur Holzfällerhemden, er spaltet wirklich ganze Bäume und trägt sie herein.
    »Ihr fangt schon an zu trinken?«
    »Willst du auch was?«, frage ich.
    Er nickt und drückt seine Snowboardjacke gegen die Ofenkacheln.
    Wir öffnen eine zweite Flasche.
    »Hat sie dir was gebracht, deine Reise?«, möchte Jan wissen.
    »Ja, ich bin einiges losgeworden.«
    »Und der Film?«
    »Im Frühling ist Premiere.«
    Lio läuft vor der verschlossenen Küchentür auf und ab.
    »Der Hund muss raus. Trinkt nicht alles allein, solange ich Gassi bin.«
    Kaum vor die Tür getreten, hebt Lio sein Hinterbein und fräst einen gelben Krater in die Schneedecke. Wir machen uns auf, das Haus zu umrunden. Es hat wieder stark zu schneien begonnen, so stark, dass wir nach der Hälfte stehen bleiben. Die Wiese, die später in den Wald mündet, hat sich in eine arktische Ebene verwandelt. Lio bellt ins Leere. Ich sage, dass da nichts ist, und sofort höre ich eine bekannte Stimme flüstern: »Du solltest es besser wissen, Max.«
    Der Schnee knautscht unter meinen Füßen, ein Geräusch, das mich begeistert, so wie pfeifende Amseln und das Ticken der schweren Wanduhr in unserem Wohnzimmer.
    Von der Dachrinne hängt spitzes Eis, als hätte das Gebäude einen Kiefer mit durchsichtigen Fangzähnen ausgebildet. Ich greife mir den Besen, der neben der Eingangstür lehnt, und schlage die Eiszapfen weg, die direkt darüberhängen. Irgendwo im Tal fahren Lichtstrahlen durch den Himmel, sendet eine Dorfdisco Signale an all jene, die auch heute nichts Besseres zu tun haben. Lio scheint nicht müde zu werden, setzt erneut zum Kreis an, aber ich habe genug von der Kälte, über die es heißt, dass sie klirrt, obwohl sie stiller nicht sein könnte.
    Wieder drin, trockne ich Lios Pfoten mit einem Lumpen ab, dann trete ich meinen Schnee in die Fußmatte. Dabei verrutscht sie ein Stück nach hinten und gibt einen schmutzigen Briefumschlag frei. Adressiert ist das Schreiben von irgendeiner Anwaltskanzlei an Jan. Ich denke darüber nach, ob ich die Post lassen soll, wo sie ist, oder derjenige bin, der den Abend versaut. Fürs Erste stecke ich den Umschlag in meine Manteltasche.
    Je näher ich der Tür komme, desto deutlicher wird, dass dahinter gestritten wird. Maria brüllt: »Jeder merkt, dass du ein Problem hast. Warum redest du nicht mit mir? Ich will dir doch bloß helfen!«
    Jan brüllt zurück: »Dann lass mich in Ruhe … du kannst auch nichts ändern.«
    »Woran Jan? Kannst du mir nicht wenigstens das sagen?«
    Ich betrete das Zimmer.
    »Was ist los?«
    »Frag ihn«, fordert Maria.
    Ich sehe zu Jan, er sieht zur Seite. Dann steht er auf, sagt: »Ich hol noch mehr Holz«, und knallt die Tür.
    Wütend füllt Maria ihr Glas auf und nimmt einen großen Schluck.
    »Bin ich so scheiße, Max?«
    »Nein, bist du nicht.«
    »Weshalb spricht er dann nicht mit mir?«
    »Über manche Dinge will man nun mal nicht sprechen. Das kennst du doch.«
    »Und wenn du es versuchst? Vielleicht ist das ja so ein Männerding.«
    »Das glaube ich zwar nicht, aber ich kann’s probieren. Nur warum sollte er ausgerechnet mir mehr sagen als dir? Du bist doch viel näher an ihm dran.«
    »Das Gefühl hab ich nicht mehr.«
    Wir packen Geschenke und Essen in Körbe und ziehen uns an. Jan ist schon draußen, vielmehr immer noch. Durch seinen Ärger scheint er unermüdlich zu sein. In kurzen Abständen klackt die Axt durch das Holz. Als wir vor ihm stehen, ignoriert
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