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Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition)

Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition)

Titel: Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition)
Autoren: Matthias Glaubrecht
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Wallace zuerst Landvermesser und Lehrer, in späteren Jahren bekennender Spiritualist und radikaler Sozialist, der sich für Landreformen und Menschenrechte einsetzte; aber auch jemand, der noch im hohen Alter über die Möglichkeit von Menschen auf dem Mars und unsere Stellung im Universum nachdachte. Er war naturkundlicher Autodidakt und wurde zum erfolgreichen Autor, dessen Bücher man liest, weil sich darin wissenschaftliche und populäre Darstellung in idealer Weise vereinigen. Er, der Amateur ohne akademischen Abschluss, erhielt die wichtigsten Auszeichnungen seiner Profession und seiner Zeit, die den Nobelpreis noch nicht kannte – als Erster die Darwin Medal sowie die Copley und Royal Medal der britischen Royal Society, die Darwin-Wallace und Gold Medal der Londoner Linnean Society, dann auch die höchste Auszeichnung Order of Merit, die die britische Monarchie zu vergeben hat. Nicht zuletzt war er der Letzte, will heißen: Jüngste, in einer Reihe bedeutender Naturalisten und Evolutionisten.
    Der vermeintliche Wettlauf mit Darwin
    Alfred Russel Wallace war auch, wie er selbst sagte, »der junge Mann in Eile«. Ausgedacht in zwei Stunden und ausgearbeitet an nur drei Abenden in einer palmwedelgedeckten einfachen Pfahlhütte auf einer abgelegenen Insel am Ende des Archipels, hat er ein zweites Mal jenes universelle Prinzip gefunden, mittels dessen in der Natur neue Arten entstehen. Wallace’ Beiträge zur Evolutionstheorie und zu Vorkommen und Verbreitung von Lebewesen waren dabei ebenso wichtig wie die Darwins. Doch wurde er anders als dieser bald nach seinem Tod vergessen – und mit ihm seine Rolle als Mitentdecker der natürlichen Selektion. Darwin, der Zauderer und Zögerer, erntete den Ruhm allein. Spätere Generationen sollten dann stets annehmen, Darwin habe als Erster und Einziger die Theorie von der Veränderlichkeit der Organismen durch Anpassung und Auslese entwickelt und 1859 in seinem Buch über »Die Entstehung der Arten« veröffentlicht. Wallace wurde zur Fußnote der Wissenschaftsgeschichte.
    Kein Zweifel: Von Evolution kann man nicht reden, ohne Charles Darwin zu erwähnen. Doch die Theorie von der Veränderlichkeit der Arten durch natürliche Selektion hat zwei Väter und ist zweimal unabhängig voneinander entdeckt worden. Kein Zweifel aber auch, dass dem, was Alfred Russel Wallace beitrug, heute kaum noch Beachtung geschenkt wird. Viele seiner Arbeiten sind unbekannt, die wenigsten etwa ins Deutsche übersetzt. Lange hat die Wissenschaftsgeschichte das Wirken Wallace’ vernachlässigt; allenfalls ist die auffällige Koinzidenz mit Darwin bei der Entdeckung der Evolutionstheorie in ihren Annalen vermerkt.
    Wallace aber ist weitaus mehr als nur der Mann im Schatten Darwins oder gar der ewige Zweite, der nie in gleicher Weise wie dieser für seine Entdeckung anerkannt wurde. Und das keineswegs nur, weil er es war, der in einem kurzen, klarsichtigen Aufsatz jene Theorie von der Veränderlichkeit der Arten durch natürliche Auslese entwarf und als Erster eine bündige und zum Druck bestimmte Abhandlung darüber verfasste. Diese wurde dann unmittelbar danach auch veröffentlicht, gemeinsam mit kurzen Auszügen aus Schriften von Darwin. Während dieser seinen eigenen Beitrag damals als kaum veröffentlichungsreif ansah, äußerte er sich lobend über Wallace’ ebenso einsichtsreichen wie wohlformulierten Aufsatz.
    Erst später als »Darwinismus« bekannt geworden, hat die noch zu seinen Lebzeiten als Darwin-Wallace-Theorie bezeichnete Idee von der Evolution durch Selektion für eine Epochenwende gesorgt – und für die Grundlage der modernen Biologie. Die öffentliche Präsentation der Darwin-Wallace-Papiere im Sommer 1858 stellt mithin nicht nur eine zentrale Episode der Biologiegeschichte dar; sie leitete auch eine der größten wissenschaftlichen Revolutionen ein, die bis heute in den Biowissenschaften nachwirkt. Tatsächlich kam es zu einer kopernikanischen Umwälzung unseres Weltbildes.
    Rätsel um die Entdeckung der Evolution
    Die Episode der vermeintlich gemeinsamen Vorstellung am 1. Juli 1858 vor der Linnean Society in London, bei der jedoch weder Darwin noch Wallace tatsächlich anwesend waren, ist inzwischen vielfach erzählt worden, zumal wir 2009 ein großes und doppeltes Darwin-Jubiläum gefeiert haben. Mittlerweile ist auch klar, dass das Zustandekommen dieser Präsentation keineswegs jener selbstlose Akt zweier Gentlemen war, weder Zufall noch Zeugnis vom Großmut zweier
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