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Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)

Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)

Titel: Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)
Autoren: Sabine Ludwig
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denn hier?»
    Er hält einen Sack mit Trockenfutter hoch. «Für unseren Dackel.»
    «Ich wusste gar nicht, dass du ein Haustier hast», sagt Martha und denkt im gleichen Moment, wie blöd diese Bemerkung ist, schließlich weiß sie auch sonst nichts von ihm.
    «Und ich wusste nicht, dass du ein Aquarium hast.»
    «Es ist nicht mein Aquarium, es gehört Poppy», sagt Martha.
    «Aber ich darf ihr dabei helfen, die Fische auszusuchen.»
    Schließlich haben sie sich für drei entschieden.
    «Für den Anfang», sagt Martha. Der Verkäufer lässt sie in eine mit Wasser gefüllte Tüte gleiten.
    Vor dem Laden bindet Vincent einen kleinen Rauhaardackel los. Poppy ist begeistert. «Darf ich den streicheln?»
    «Na klar, der ist ganz lieb. Aber eigentlich ist es eine Sie und heißt Bella.»
    Als ob es das Selbstverständlichste von der Welt wäre, geht Vincent neben Poppy und Martha her.
    Es ist kalt geworden, die Luft riecht nach Herbst. Poppy raschelt mit den Schuhen im Laub, hebt Kastanien auf und hält sie Bella hin.
    «Ich glaub nicht, dass dem Hund Kastanien schmecken», sagt Martha. Sie trägt die Tüte mit den Fischen.
    Vincent balanciert den Futtersack auf dem Kopf.
    «Ich nuckel nicht mehr», sagt Poppy stolz und hält Vincent ihren Daumen hin. «Der is nämlich schon ganz dünn.»
    «Ist auch besser für die Zähne», meint Vincent.
    Eine Weile gehen Martha und Vincent schweigend nebeneinander her. Bella springt munter vorneweg, läuft von einer Seite zur anderen. Die Leine verheddert sich, Martha stolpert, Vincent hält sie fest.
    «Ich dachte, du kommst mich noch mal im
Brigantino
besuchen», sagt er.
    «Hatte keine Zeit.» Damit es nicht so abweisend klingt, fügt Martha hinzu: «Hab im Moment ziemlichen Ärger.»
    «Ärger? Du?», fragt Vincent erstaunt, als könne er sich überhaupt nicht vorstellen, dass jemand wie Martha jemals Ärger haben könnte.
    «Jawohl, ich. Vielleicht muss ich sogar ins Gefängnis!» Sie wollte es nicht erzählen, aber jetzt, wo es raus ist, fühlt sie sich erleichtert.
    Vincent nimmt den Sack mit dem Trockenfutter vom Kopf und starrt Martha an. «Was hast du denn angestellt? Einen Lippenstift geklaut?»
    «Deswegen wird man doch nicht eingebuchtet», sagt Martha abfällig. «Wenn du es genau wissen willst, dann bin ich angeklagt, weil ich die polizeilichen Ermittlungen in einem Mordfall behindert habe. Strafvereitelung nennt man das.»
    «Hat das etwa was mit Miller zu tun?», fragt Vincent.
    Martha nickt.
    «Also doch. Ich hatte gleich so einen Verdacht, als ich gelesen hab, dass die den Mörder von der Psychologin verhaftet haben.
Alexander M.
stand nur da und dass er Lehrer war. Auf dem Foto konnte man ihn nicht erkennen, er hat sich was vors Gesicht gehalten.»
    «Das war er. Er war das auch, der versucht hat, den Zwerg, also ich meine Lilli, zu vergewaltigen.» Martha zeigt auf Poppy, die jetzt mit beiden Händen Laub in die Luft wirft, und flüstert: «Und an sie hat er sich auch rangemacht.»
    «Scheißkerl!», sagt Vincent.
    Sie haben die S-Bahn-Unterführung erreicht.
    «Willst du mir erzählen, was passiert ist?», fragt Vincent.
    Martha überlegt einen Moment, dann wirft sie einen Blick auf den Beutel mit den Fischen. «Wenn die so lange durchhalten.»
    «Bestimmt», sagt Vincent.
    Martha hat die Geschichte in den letzten Tagen schon oft erzählen müssen. Ihrer Mutter und Johannes, Kommissar Heinrich und seiner Kollegin, dem Anwalt. Je öfter sie sie erzählt hat, desto mehr hatte sie das Gefühl, dass sie mit dem, was geschehen ist, gar nichts zu tun hat, dass jemand anderes die Hauptrolle in diesem Stück spielte.
    Doch jetzt, als sie neben Vincent die Prinzregentenstraße hinunter Richtung Volkspark läuft, da spürt sie wieder die Panik, als sie im Schrank von Frau Dernburg steckte, den Nervenkitzel beim Verschicken der Erpressermails und schließlich die Todesangst in dem Kellerloch. Sie schont sich nicht, versucht auch nicht, sich besser dastehen zu lassen.
    «Ich war wirklich so blöd und hab geglaubt, der Mörder steckt fünfundzwanzigtausend Euro in eine Tüte und das war’s.»
    Schweigend geht Vincent neben ihr her. Martha sieht ihn von der Seite an. In seinem Gesicht arbeitet es. Wenn er sie jetzt ansieht, wird sie erkennen, was er von ihr hält. Ob er sie verachtet oder bemitleidet. Sie weiß nicht, was sie schlimmer fände.
    Doch was sie schließlich in seinem Gesicht sieht, als er sich ihr zuwendet, das ist – fast so etwas wie Bewunderung.
    «Mann, so
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