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Am Ende bist du mein

Am Ende bist du mein

Titel: Am Ende bist du mein
Autoren: Mary Burton
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und klebrig. Klare leuchtende Frische würde erst mit dem Altweibersommer im Oktober kommen. Aber das Laub der alten Eiche in ihrem Vorgarten begann sich bereits langsam golden und braun zu färben.
    Sie warf die Haustür mit einem Knall ins Schloss. Der Türklopfer, ein Löwenkopf aus Messing, klapperte noch, als sie den Schlüssel abzog, über die Treppe zu ihrem Landrover lief und dabei Kaffee aus ihrem Becher verschüttete. Für die fünfzigminütige Fahrt blieb ihr noch eine knappe Dreiviertelstunde,und das während der ersten Rushhour des Tages.
    Immer zu spät. Der Terminkalender immer zu voll. Immer das nächste Projekt im Visier, um die Rechnungen bezahlen zu können.
    Auf den letzten Metern zu ihrem Wagen kam sie an dem Schild in ihrem Vorgarten vorbei, mit der Aufschrift ZU VERKAUFEN. Sie zog die Wagentür auf, warf ihre Tasche auf den Beifahrersitz und glitt hinter das Steuer. Als sie den Kaffeebecher an den Mund setzte, entdeckte sie den Briefumschlag unter dem Scheibenwischer.
    Aufstöhnend steckte sie den Becher in den Halter, stieg aus und zupfte den cremefarbenen Leinenumschlag ab. Groß und schwungvoll hatte darauf jemand mit der Hand
Adrianna Thornton
geschrieben. Thornton war ihr Ehename, den sie schon seit zwei Jahren nicht mehr benutzte. Adrianna riss den Umschlag auf und zog die Karte hervor.
     
    Einen schönen dritten Hochzeitstag, Adrianna. Du bist für immer mein.
    In Liebe,
    Craig
     
    Craig.
    Ihr Ehemann.
    Wie versteinert stand sie da, und ihr Herz fing an zu hämmern.
    Du bist für immer mein. Craig.
    Auch die Zeit schien innezuhalten, während sie mit dem Daumen über die eingeprägten Initialen oben auf der Karte strich. CRT. Craig Robert Thornton.
    Ihr dritter Hochzeitstag! Wie konnte sie den vergessen haben?
    Aber die Nachricht war typisch für Craig. Einfach. Liebenswert. Von Herzen. Immer hatte er solche kleinen Botschaften hinterlassen.
Liebe dich, Babe. Du bist die Beste. Immer der deine.
    Nur dass ihr Mann diese Karte nicht geschrieben haben konnte.
    Craig war tot.
    Tränen brannten in ihren Augen, während sie auf die selbstbewusste Handschrift starrte. Ihre Hand fuhr zu ihrem Bauch, doch da war nichts mehr.
    Wer aber konnte es gewesen sein?
    Adrianna ließ ihren Blick über den University Drive schweifen, die adretten Backsteinbungalows, die gepflegten Rasen, und rechnete halb damit – hoffte es sogar   –, irgendwo jemanden zu entdecken, der sie beobachtete. Sie hätte ihn zur Rede gestellt, und wenn auch nur, um sich von ihrem Kummer abzulenken. Aber da war keine verdächtige Gestalt.
    Eine Nachbarin in einem Kostüm von Prada zerrte eine grüne Tonne mit Biomüll zum Bordstein. Ein älterer Mann jonglierte mit Kaffeebecher und Aktentasche und ließ sich in seinem Lexus nieder. Eine junge Mutter scheuchte ihre Grundschulkinder in einen Van, um sie zu einer Privatschule zu fahren. Alles war wie immer. Auf fast schon quälende Weise vorhersehbar.
    Im Grunde konnte es für die Karte nur eine einzige Erklärung geben: Irgendjemand versuchte, ihr Angst einzujagen und sie aus der Bahn zu werfen, weil sie dabei war, Land und Haus der Thorntons zu verkaufen, die sie von ihrem Mann geerbt hatte. Das Familienanwesen der Thorntons – auch «Colonies» genannt – stammte noch aus der Zeit vor dem Bürgerkrieg: achtzig Hektar Land, im östlichen Henrico County, wunderschön am Flussufer gelegen und von Historikern gerühmt. Die Colonies zu verkaufen, hieß diesen verträumtenLandstrich dem einundzwanzigsten Jahrhundert preiszugeben, und es gab Menschen, die das Neue, das sich da anbahnte, nicht schätzten.
    Heute – an ihrem dritten Hochzeitstag – würden Arbeiter kommen, um die elf Familiengräber der Thorntons auszuheben. Das Land war verkauft. Lediglich die Grabstätten mussten noch verlegt werden. Danach, am Tagesende, würde es nichts mehr geben, das Adrianna mit den Colonies verband.
    Als sie den Antrag zur Umsetzung der Gräber stellte, hatte sie sich im Geist gewappnet, mit Vorwürfen, Einwänden, wenn nicht gar einem Gerichtsverfahren gerechnet. Aber auf so etwas wie diese Karte wäre sie nicht einmal im Traum gekommen.
    «Wichser.»
    Adrianna lief zurück zum Haus, öffnete die Mülltonne an der Seite, warf die Karte hinein und knallte den Metalldeckel zu. Seine Vibrationen spürte sie bis hoch in den Arm.
    Von einem anonymen Feigling würde sie sich keine Angst einjagen lassen.
    Einen schönen dritten Hochzeitstag.
    Wieder kamen ihr die Tränen. Sie legte den Kopf in
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