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Alter Sack, was nun

Titel: Alter Sack, was nun
Autoren: Kester Schlenz
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glückliche Moment, wäre nichts mehr wert. Nur weil wir sterblich sind, und das immer bewusst oder unbewusst ›wissen, können wir die Dinge wirklich schätzen. Unsterblichkeit würde uns das alles nehmen.
    ALSO MACH DEINEN FRIEDEN DAMIT, DASS DU EINES TAGES VON DIESER ERDE VERSCHWINDEN MUSST. IST EH NICHT GENUG PLATZ DA.«
    Ich fand das etwas krass formuliert. Aber im Grunde hatte er ja Recht. Mir ging es gut. Klar, mir schien nicht jeden Tag die Sonne aus dem Arsch. Aber so insgesamt - was die echten »basics« betrifft, die wirklich wichtigen Dinge - war alles in Butter. Ich hoffe, dass es noch lange so weitergehen wird. Aber immer geht eben nicht. Alles ändert sich: meine Familie und meine Freunde, die Welt, und ich selbst ändere mich, und am Ende ist das ja auch okay so. Hauptsache, es ändert sich nicht immer nur zum Schlechten. Aber daran kann man ja (mit-)arbeiten.
    Und dann gab mir mein alter Kumpel noch etwas auf den Weg: »Ich bin jetzt 57«, sagte er und goss sich einen Whisky ein. »Und glaub mir, in diesem Alter sieht man vieles so viel lockerer als mit fünfzig.
Man hat einiges hinter sich und hoffentlich noch einiges vor sich. Aber die Weisheit ist da. Vor allem, wenn es um Sachen geht, über die man sich früher geärgert hat.
    WEISST DU, EINER DER UNTERSCHÄTZTEN VORTEILE DES ALTERS IST, DASS MAN SICH IN KRISENSITUATIONEN SOZUSAGEN INNERLICH ›UMDREHEN UND ZURÜCK-SCHAUEN KANN. MAN KANN SICH FRAGEN: HEY, WIE OFT IN DEINEM LEBEN WARST DU SCHON IN EINER SOLCHEN ODER EINER ÄHNLICHEN SITUATION?
    Was hast du damals gedacht und gemacht? Was hast du dir alles ausgemalt, und wie wichtig hast du das damals alles genommen? Und was war dann wirklich vier Wochen später los? War das alles wirklich so wichtig? Gab es Grund zur Aufregung? Musstest du gleich handeln? Sofort mit dem Holzhammer los auf die Baustelle? Oder hätte man das Ganze auch gelassener angehen können? War das alles wirklich ein so großes Problem?« Ich nannte diesen, meinen älteren Kumpel, von diesem
    Tag an Dalai Lama. Eigentlich hätte ich ihn Horst Lama nennen müssen, weil er so heißt, aber das hätte den wirklich spirituellen Wert seiner Einlassungen geschmälert. Denn er hatte verdammt Recht. Ich habe dieses »Umdrehen« und Zurückschauen mehrfach in Krisensituationen ausprobiert - und es hat geholfen.

    WEITERSAGEN!

»Du musst einfach mehr chillen«
    ALS ALTER SACK ZUR RUHE KOMMEN
    Also, wenn Sie total entspannt sind. Wenn Sie so was von zenmäßig im Hier und Jetzt schweben. Wenn Sie die Ruhe selbst sind: Dann müssen Sie dieses Kapitel nicht lesen.
    Wenn Sie hingegen manchmal - oder sogar oft - eher unruhig sind. Wenn Sie häufig gereizt, unausgefüllt und reichlich genervt sind - dann, ja dann ist das hier was für Sie.
    Auf mich treffen die letztgenannten Eigenschaften leider ab und an zu. Ich bin, wie wir hier im Norden sagen, oft »fickerig«. Klingt anzüglich, meint aber lediglich unruhig, hibbelig, nervös. Sagen wir es mal so: Ich bin nicht entspannt, verdammt noch mal.
    Na ja, ist schon viel besser geworden mit den Jahren. Ich kann auch mal nix tun und nur so sitzen (siehe auch das Kapitel »Ich will hier nur so sitzen«). Aber oft bin ich nicht »gechillt«, wie meine Söhne sagen.

    VIELE MÄNNER IN DEN BESTEN JAHREN SIND NICHT GECHILLT. WIR SOLLTEN DAS ÄNDERN. GECHILLT SEIN IST GESÜNDER UND MACHT ZUFRIEDENER.
    Ich habe beim Versuch, ruhiger und ausgeglichener zu werden, beinahe alles ausprobiert, was es so an Entspannungstechniken gibt: autogenes Training, progressive Muskelentspannung, innere Gedanken-Reisen, Massagen, Hypnose, Meditation.
    ICH HABE SOGAR MAL KURZ DARAN GEDACHT, MIR WIEDER DAS KIFFEN ANZUGEWÖHNEN. DAS, SO ERINNERE ICH MICH, HAT EINEN DAMALS ECHT VOLL RUHIG GEMACHT.
    (Moment, ich will hier meinen Söhnen nur kurz was sagen: »Männer, euer Vater hat das früher mal probiert, aber ich habe nicht inhaliert.«)
    Aber ich habe das dann gelassen. Muss man sich doch nur mal vorstellen: Ich schleiche in Hamburg über den Kiez und frage einen jungen Dealer, ob er »mal ‘n Piece für’n Zwanni hat«. Ist doch absurd. Der Mann würde mich wahrscheinlich für einen etwas mickrigen Zivilfahnder halten und umgehend das Weite suchen.
    OKAY, ALSO KEINE »TÜTEN« AUF MEINE ALTEN TAGE.
    Aber was bringt es denn nun in Sachen Entspannung?, werden Sie sich nun fragen und vielleicht schon ein bisschen ärgerlich werden. Oder? Ich soll endlich aufhören zu labern und mal konkret werden?
Sie haben die Schnauze
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