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Alter Hass rostet nicht

Alter Hass rostet nicht

Titel: Alter Hass rostet nicht
Autoren: Jerry Cotton
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hechtete durch die Tür.
    »Den schnapp ich mir!«
    Ich wünschte ihm im Stillen viel Glück. Dann rief ich Detective Ed Morris im Police Department an und wies ihn an, umgehend eine Nahbereichsfahndung zu veranlassen.
    »Der Flüchtige ist Andrew Rowling, genannt Rocky. Er hat Colin Banks umgebracht und wahrscheinlich auch John Reeves.«
    Ich hörte seine großen Zähne knirschen, dann bestätigte er meine Anordnung knapp und legte grußlos auf.
    Mit gezückter Waffe betrat ich das Wohnzimmer. Emmylou Banks lag gefesselt auf der Couch und zitterte am ganzen Körper. Über den Mund verlief ein Streifen braunes Paketklebeband. Ihr Gesicht war verquollen, sie blutete aus einer Platzwunde an der Stirn. Rocky hatte ganze Arbeit geleistet.
    Ich befreite sie von den Fesseln und zog das Klebeband vorsichtig ab. Dann versorgte ich die Wunde mit Pflaster aus der Hausapotheke. Zum Schluss legte ich eine Decke um ihre Schultern und brachte sie mit sanftem Druck dazu, ein halbes Glas Cognac zu trinken.
    Langsam kehrte sie zurück in die Welt jenseits von Angst und Schmerzen.
    »Was ist passiert?«, fragte ich sie.
    »Rocky«, schluchzte sie aufgelöst. »Warum hat mir niemand gesagt, dass er ausgebrochen ist?«
    »Was wollte er von Ihnen?«
    Mrs Banks lachte bitter auf.
    »Zuerst war er wütend, hat mich beschimpft und geschlagen, weil ich Colin geheiratet habe. Den Mann, der sein Leben zerstört hat.«
    Sie stellte das Cognacglas ab und sah an mir vorbei aus dem Fenster.
    »Dann wurde er plötzlich ganz sanft und sprach von seinen Plänen. Er wollte nach Brasilien gehen, dort hat er Freunde, ein neues Leben anfangen.«
    Sie brach in Tränen aus. »Und ich sollte mitkommen!«
    Ich reichte ihr ein Taschentuch und ließ sie einen Moment allein. Kaum war ich in der Küche, klingelte mein Handy. Phil.
    »Ich hab ihn verloren. In einem Supermarkt. Er hat die Tür zur Tiefgarage mit einem Schrubber blockiert. Bis ich den Nebenausgang gefunden hatte, war er über alle Berge.«
    »Hoffentlich haben Ed und seine Leute mehr Glück.« Ich berichtete ihm kurz von der Nahbereichsfahndung.
    »Darum wimmelt es in den Straßen plötzlich von Cops. Ich dachte schon, ich hätte mal wieder einen Staatsbesuch verpasst.«
    Ich bat meinen Partner, im Federal Office anzurufen. Sarah Hunter sollte sich um Mrs Banks kümmern, bis es ihr wieder besser ging – und wir den Mann gefasst hatten, der sie so zugerichtet hatte.
    Während ich auf Sarah wartete, rief ich unseren Chef an und unterrichtete ihn über die neuesten Ereignisse.
    »Dr. Drakenhart hat angerufen. Es scheint, als hätte sie wichtige Informationen für Sie, Jerry. Leider war ich gerade in einer Videokonferenz mit Edward G. Homer, sonst hätte ich mit ihr sprechen können.«
    Am Telefon klang seine Stimme noch körperloser, als wenn man ihm gegenüberstand.
    »Und der Direktor des MoMA hat eine Nachricht bei Helen hinterlassen. Er bittet um Rückruf.«
    »Ich kümmere mich darum«, versprach ich.
    »Übrigens, sagt Ihnen der Name Michael Blum etwas?
    »Natürlich. Ihm gehört die Galerie Mimi Blum im Garment District. Über diese Galerie brachte die Kunstfälscherbande die falschen Canalettos unters Volk.«
    »Heue Morgen wurde er am La Guardia festgenommen. Er wollte sich nach Kanada absetzen.«
    »Er kann froh sein, dass er Rocky nicht in die Hände gefallen ist. Er war der Nächste auf seiner Liste.«
    »Leider habe ich auch noch eine traurige Nachricht für Sie, Jerry. Pedro Gonzales ist tot.«
    Der Anführer der Bürgerinitiative in Harlem.
    »Was ist passiert?«
    »Angeblich war es ein Unfall. Aber Sie kennen ja diese Art von Unfällen, die passieren, wenn man seine Schrotflinte reinigt.«
    Pedro Gonzales hatte Selbstmord begangen. Offenbar hatte er nach dem Tod von Colin Banks keine Chance mehr gesehen, die Häuser in der Pleasant Street zu retten. An diesen Häusern hatte sein Herz gehangen.
    »Armer Kerl«, murmelte ich.
    »Die Guten gehen immer zu früh«, stimmte Mr High mir zu.
    Eine halbe Stunde später löste meine Kollegin Sarah Hunter mich ab. Bevor ich sie mit Mrs Banks allein ließ, weihte ich sie kurz in die Hintergründe des Falles ein.
    Dann pickte ich Phil in einem Dunkin Donuts auf und machte mich auf den Weg zur Rechtsmedizin.
    Was Dr. Drakenhart mir zu sagen hatte, wollte ich von ihr persönlich hören.
    ***
    Sie empfing uns in ihrem Büro und nicht im Autopsieraum, wofür ich ihr außerordentlich dankbar war. Den Laborkittel hatte sie ausgezogen, die hellgrüne
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