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Alte Narben - [Kriminalroman aus der Eifel]

Alte Narben - [Kriminalroman aus der Eifel]

Titel: Alte Narben - [Kriminalroman aus der Eifel]
Autoren: KBV Verlags- und Mediengesellschaft
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rammte seinen Gehstock vehement in den steinigen Grund. Er bog schwungvoll um einen Vorsprung, der aus der Felswand ragte und den Pfad zu einer scharfen Biegung zwang. Unversehens prallte er mit einem Mann zusammen, der gerade seinen Blick weit ins Tal hatte schweifen lassen und so auf den sich flott nähernden Gegenverkehr nicht gefasst gewesen war. Beide Spaziergänger verloren das Gleichgewicht.
    »Verzeihung«, sagte der Mann, als er, auf dem Boden kniend, die erste Überraschung ob des plötzlichen Sturzes überwunden hatte.
    »Ach was«, brummte Lorenz, der sich nach dem unkontrollierten Aufprall ebenfalls auf dem Boden wiederfand, zurück. »Ich hab nicht aufgepasst, meine Schuld.«
    Dann bemühte er sich, wieder auf die Beine zu kommen. Der andere war bereits wieder aufgestanden und reichte Lorenz beide Hände zur Hilfe. Der nahm den starken Griff gerne an und sah, als er wieder aufrecht stand, in die Augen eines Mannes, der bestimmt um einiges älter war als er selbst.
    »Ich danke Ihnen, Herr Kratz«, sagte er dann.
    »Sie kennen mich?«, fragte Kratz verwundert zurück.
    »Wir haben uns heute früh im Speisesaal der Seniorenresidenz kennengelernt. Das Treffen war recht kurz und von einem seltsamen Streit überschattet.«
    »Ja, der Floto.« Kratz sah Lorenz freundlich und ruhig in die Augen. »Stimmt, ich erinnere mich natürlich. Wir sprachen kurz.« Dann reichte er Lorenz nochmals die Hand. »Jakob Kratz.«
    Beinahe wäre Kommissar Wollbrand ein bissiger Kommentar darüber entfleucht, dass die nochmalige namentliche Vorstellung unnötig war, doch stattdessen antwortete Lorenz: »Angenehm, Lorenz Bertold.«
    Er schüttelte die ihm dargebotene Hand und wunderte sich erneut über den festen Griff des Alten. Dann meinte er: »Sie scheinen ebenfalls vor dem Animationsprogramm Reißaus genommen zu haben. Das Wichtigste haben Sie also als Neuankömmling schon gelernt.«
    Kratz lächelte still vor sich hin, entgegnete darauf jedoch nichts.
    »Sagen Sie«, fuhr Lorenz fort. »Dafür, dass Sie hier neu sind, scheinen Sie sich aber hier sehr gut auszukennen. Diesen Weg findet nicht jeder so schnell.«
    Kratz lächelte immer noch. »Ich bin hier geboren. Das mit dem Neuankömmling stimmt also nicht so ganz. Andererseits ...« Er brach den Satz ab, und das Lächeln verschwand aus seinem runzligen Gesicht. Lorenz wartete ab, ob der Alte den Gesprächsfaden wiederaufnehmen würde. Das tat dieser jedoch nicht. Stattdessen wandte er sich zum Gehen. »Verzeihen Sie«, sagte er dann. »Ich möchte meinen Spaziergang jetzt gerne fortsetzen.« Er nickte Lorenz noch einmal kurz zu und ging rasch davon.
    Lorenz sah Kratz verwundert nach, bis dieser um die nächste Wegbiegung verschwunden war. Dann murmelte er: »Kommissar Wollbrand wusste nicht, was er von diesem komischen Kauz zu halten hatte, aber er war erfahren genug, um zu spüren, dass mit diesem Alten etwas nicht stimmte.«
    Lorenz klopfte sich den Schmutz aus seiner Kleidung, nahm den Stock auf und setzte seinen Weg ebenfalls fort.

4. Kapitel
    So schlecht ist dieser Kaffee nun auch wieder nicht, Gustav.« Benny grinste den Alten an. »Klar ist dein edles Gebräu ’ne andere Nummer, aber dafür sitzen wir hier in der Sonne und lassen uns bedienen.«
    Die Hausangestellte, die gerade den Kaffee serviert hatte, sah den jungen Pfleger grimmig an. Benny setzte sein Grinsen daraufhin auch in Richtung seiner Kollegin fort.
    »Ein weiser Knabe, der so schnell zufrieden«, entgegnete Gustav.
    »Sag mal, Benny«, schaltete sich Bärbel ein. »Hast du eigentlich am Sonntagnachmittag nichts Besseres zu tun, als mit uns altem Eisen hier im Garten zu sitzen?«
    »Nö«, antwortete Benny kurz.
    Lorenz betrachtete argwöhnisch seine Tasse. »Hat das vielleicht damit zu tun, dass dich deine russische Schönheit verlassen hat?«
    »Ach, Opa Bertold«, seufzte Benny und vergaß für einen Moment sein Grinsen. »War doch klar, dass das mit der Elena nicht lange halten würde. Ihre Familie war ein bisschen zu stressig.«
    Lorenz trank einen Schluck und meinte: »Na ja, es ist schon so was mit der Familie.« Er kippte den Rest seines Kaffees in hohem Bogen auf den Rasen und stand auf. »Besonders bei mir.«
    Dann ging er dem Mann entgegen, der langsam auf sie zu kam und im Gehen, noch mehrere Meter von Lorenz entfernt, die Hand unsicher ausstreckte und sagte: »Hallo Papa.«
    Lorenz wartete, bis sein Sohn nah genug an ihn herangetreten war, um seine ausgestreckte Hand ergreifen zu können.
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