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Als unser Kunde tot umfiel

Als unser Kunde tot umfiel

Titel: Als unser Kunde tot umfiel
Autoren: Timo Hinrichsen , Boris Palluch
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wird
    Schaffen Sie erfolgreiche Innovationsprozesse, die von Mitarbeitern aktiv mitgestaltet werden und nicht als Eintagsfliege enden.
    „Das ist eine geniale Idee“, sagte ich zu meiner Mitarbeiterin, Frau Hirschegg. Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie mit dieser Idee den ersten Preis des Ideenwettbewerbs gewinnen.“ Sie strahlte mich an. „Meinen Sie wirklich?“ „Ja, warum nicht? Ich werde Ihren Vorschlag am kommenden Dienstag in unserer Jour-fixe-Runde einbringen. Da sind alle Entscheidungsträger gleich anwesend.“ Leicht beschwingt verließ Frau Hirschegg mein Büro.
    Der Ideenwettbewerb war der neueste Wurf unserer Geschäftsführung. Das Ziel war, Kosten zu senken und Umsatz zu erhöhen mit operativen und strategischen Ideen aus den Reihen der Mitarbeiter. Die aktuelle Situation im Unternehmen machte gute Ideen dringend erforderlich. 20 Prozent der Mitarbeiter aus der Produktion waren bereits auf Kurzarbeit und gerade wurde über eine Ausweitung dieser Maßnahme ver-
handelt.
    Am Dienstag war der Jour fixe. Ich hatte mich gut vorbereitet, um die Idee von Frau Hirschegg vorzustellen. „Gut, kommen wir nun zu einer Präsentation im Rahmen unseres Ideenwettbewerbs. Die Idee kommt aus dem Bereich Vertrieb.“ Unser Geschäftsführer, Herr Mohrmann, nickte mir zu und übergab mir das Wort. „In den nächsten 30 Minuten möchte ich Ihnen gerne eine Idee von Frau Hirschegg, einer Mitarbeiterin aus dem Vertrieb, vorstellen. Es geht im Grundsatz um Kostensenkung. Mein Ziel ist, dass wir am Ende der Präsentation kurz darüber sprechen, wie wir die Idee am besten umsetzen.“ Ein Blick in die Gesichter der Meetingteilnehmer verriet mir, dass ich ihre Aufmerksamkeit hatte. Ich erklärte die Innovation, den Materialbestellprozess für den Außendienst digital zu automatisieren. „Aktuell wird für jeden Bleistift, den ein Außendienstmitarbeiter benötigt, ein Papierformular ausgefüllt und zentral weiterverarbeitet. Dasselbe gilt für Werbegeschenke und Bewirtungen. Die Idee von Frau Hirschegg ist, das Papierformular durch einen digitalen Bestellprozess im Intranet abzulösen“, sagte ich und war in diesem Moment stolz auf meine Mitarbeiterin. „Das hört sich so an, als ob wir da erst einmal investieren müssten“, unterbrach Herr Mohrmann die Präsentation. „Ich habe eine erste Budgetrechnung für dieses Projekt mitgebracht“, antwortete ich und zeigte die Folie mit der Kalkulation. Herr Mohrmann sprang auf, als ob ihn eine Hummel gestochen hätte, und sagte: „Wenn ich Ihre Zahlen richtig interpretiere, kommt unterm Strich ein Einsparpotenzial von gerade einmal 50.000 Euro heraus, ist das richtig?“ Etwas irritiert durch den Zusatz „gerade einmal“ antwortet ich: „Äh, ja richtig, im ersten Jahr.“ „Ich weiß nicht, wie die Anwesenden das hier beurteilen, aber alleine die 30 Minuten, die Sie unseren Top-Führungskräften Ihre Idee präsentiert haben, kosten schon 5.000 Euro.“ Alle Kollegen blickten Herrn Mohrmann an und stimmten ihm zu. „Ich bin der Meinung, dass es eine fantastische Idee ist, die Potenzial für weitere Kostensenkungen in der Zukunft hat“, versuchte ich die Situation zu retten. Doch es gab von keiner Seite Rückendeckung, noch nicht einmal von Herrn Meltzer, dem Mentor des Ideenwettbewerbs.
    Zwei Tage später verabredete ich mich mit Frau Hirschegg und wollte ihr von dem Waterloo-Meeting berichten. Fünf Minuten vor der Zeit sprang meine Tür auf und Frau Hirschegg stürmte in mein Büro. „Na toll, was soll das denn jetzt bedeuten?“, fuhr sie mich an und pfefferte mir unsere aktuelle Ausgabe der Mitarbeiterzeitung auf den Tisch. Ich las die Titelstory: „Idee der Woche: papierlose Materialbestellung für den Außendienst. Frank Meltzer, Leiter Einkauf und Warenwirtschaft, macht einen Schritt in die richtige Richtung.“ „Das darf doch nicht wahr sein“, entfuhr es mir. Ich ließ mich in meinen Stuhl zurückfallen. Der Meltzer hat doch tatsächlich Frau Hirscheggs Idee geklaut, dachte ich.
Palluch vs. Hinrichsen – Voll daneben
    Palluch: Das ist ja wohl das Allerletzte. Ich wäre ausgeflippt. Wie kann man so etwas machen?
    Hinrichsen: Tja, da ging es um Geld, Prestige und vielleicht auch darum, mir eins auszuwischen. Aber das eigentlich Traurige ist, dass damit ein sinnvolles Instrument total missbraucht wurde.
    P: Ich finde, das ist bei Innovationsprozessen viel zu oft der Fall. Da überlegt man sich einen Prozess, der zu Ideen führen soll, aber die ganze
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