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Als ich im Sterben lag (German Edition)

Als ich im Sterben lag (German Edition)

Titel: Als ich im Sterben lag (German Edition)
Autoren: William Faulkner
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diesem erstaunten Blick, als ob er sich mit dem dauernden Erstauntsein alle Kraft genommen hätte und sogar darüber erstaunt ist. Wenn Cash bloß genauso gewissenhaft an meiner Scheune arbeitet.
    «Ich hab Anse gesagt, dass es wahrscheinlich gar nicht so dringend ist. Ich hoffe das sehr.»
    «Sie ist entschlossen», sagt er. «Sie lässt sich nicht mehr aufhalten.»
    «Jedem von uns schlägt mal die Stunde», sagt Cora. «Möge der Herr euch beistehn.»
    «Wegen dem Mais», sage ich. Ich sage ihm noch einmal, dass ich ihm aushelfe, wenn’s bei ihm eng wird, die Frau krank und all das. Wie die meisten hier in der Gegend habe ich ihm schon so oft ausgeholfen, dass ich mich jetzt nicht drücken kann.
    «Wollte mich eigentlich heute dranmachen», sagt er. «Aber wie’s scheint, kann ich mich zu nichts aufraffen.»
    «Vielleicht hält sie durch, bis du mit der Ernte fertig bist», sage ich.
    «So Gott will», sagt er.
    «Möge Er euch beistehn», sagt Cora.
    Wenn Cash bloß genauso gewissenhaft an meiner Scheune arbeitet. Er sieht auf, als wir vorbeigehn. «Glaub, diese Woche kann ich nicht zu euch kommen», sagt er.
    «Es eilt nicht», sag ich. «Komm, wann es dir passt.»
    Wir steigen in den Wagen. Cora nimmt die Kuchenschachtel auf den Schoß. Es gibt sicher Regen.
    «Ich weiß nicht, wie’s mit ihm weitergehn soll», sagt Cora. «Ich weiß es einfach nicht.»
    «Armer Anse», sage ich. «Über dreißig Jahre hat sie ihn bei der Stange gehalten. Jetzt ist sie müde, denk ich.»
    «Und ich denke, sie stärkt ihm noch mal dreißig Jahre den Rücken», sagt Kate. «Und wenn nicht sie, dann holt er sich noch vor der Baumwollernte eine andere.»
    «Ich nehme an, Cash und Darl können jetzt heiraten», sagt Eula.
    «Der arme Kleine», sagt Cora. «Der arme kleine Kerl.»
    «Und Jewel?», sagt Kate.
    «Kann auch heiraten», sagt Eula.
    «Pff!», sagt Kate. «Wird er auch. Der ganz bestimmt, irgendwann. Es gibt hier in der Gegend sicher mehr als nur ein Mädchen, das nicht sehn will, wie Jewel eingefangen wird. Müssen sich aber noch keine Sorgen machen.»
    «Aber Kate!», sagt Cora. Der Wagen beginnt zu rattern. «Der arme kleine Kerl», sagt Cora.
    Heut Abend gibt es Regen. So sicher wie nur was. Ein ratternder Wagen bedeutet trocknes Wetter, wenn’s ein Einspänner ist. Aber das Wetter schlägt um, das steht fest.
    «Sie hätt die Kuchen nehmen müssen, wo sie doch gesagt hat, dass sie sie haben will», sagt Kate.

[zur Inhaltsübersicht]
    Anse
    Verdammte Straße. Und regnen wird’s auch. Da kann ich hier stehn und mit ’ner Art zweitem Gesicht sehn, wie der Regen hinter ihnen niederprasselt und eine Wand aufrichtet, eine Wand zwischen ihnen und dem Versprechen, das ich gegeben hab. Ich tu, was ich kann, soweit ich meinen Verstand zusammenkriege, aber diese verdammten Bengel.
    Liegt da, direkt vor meiner Tür, wo jedes Unglück, das kommt oder geht, den Weg reinfinden muss. Ich hab Addie gesagt, es bringt kein Glück, an einer Straße zu wohnen, wenn sie dicht an der Tür vorbeiführt, und sie, wie nur irgendeine Frau auf der Welt, hat gesagt: «Los, ziehn wir eben weiter.» Aber ich hatte ihr doch gesagt, dass es kein Glück bringt, denn der Herr hat die Straßen fürs Reisen gemacht, darum hat Er sie flach auf die Erde gelegt. Wenn Er will, dass sich etwas immer fortbewegt, dann macht Er es waagerecht wie eine Straße oder ein Pferd oder einen Wagen, will Er aber, dass etwas an Ort und Stelle bleibt, dann macht Er es senkrecht, ob niedrig oder hoch, wie einen Baum oder den Menschen. Und darum war es nie Sein Wille, dass die Menschen an der Straße wohnen, denn was ist zuerst da, sag ich, die Straße oder das Haus? Hast du je gehört, dass Er eine Straße an einem Haus vorbeigeführt hat? Nein, nie hast du das gehört, sage ich, denn es sind immer die Menschen, die keine Ruhe geben, bis ihr Haus da steht, wo jeder, der im Wagen vorbeifährt, ihnen zur Tür reinspucken kann, und das macht die Leute rastlos, sie wollen weg, woandershin, wo Er ihnen doch bestimmt hat zu bleiben, wo sie sind, wie ein Baum oder ein Maisfeld. Wäre es Sein Wille gewesen, dass der Mensch sich immer fortbewegt und wieder und wieder anderswo hingeht, hätte Er ihn dann nicht auf dem Bauch kriechend erschaffen, wie eine Schlange? Natürlich hätte Er das, das sagt einem doch die Vernunft.
    Hingepflanzt, wo jedes herumschleichende Unglück es findet und geradenwegs an meine Tür kommt, und mir auch noch Steuern aufhalst. Und mich zahlen lässt
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