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Als ich im Sterben lag (German Edition)

Als ich im Sterben lag (German Edition)

Titel: Als ich im Sterben lag (German Edition)
Autoren: William Faulkner
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für Cash, damit er seiner Macke mit dem Tischlern nachgehn kann, wenn’s hier nicht die Straße gäbe, wär er nie auf die Idee gekommen. Fällt von Kirchen runter und rührt sechs Monate keinen Finger und lässt mich und Addie schuften wie die Sklaven, dabei gäb’s hier genug zu sägen, wenn er schon sägen muss.
    Und Darl. Ihn mir abspenstig zu machen, verdammte Bande. Nicht dass ich mich vor der Arbeit scheue, ich hab mich und die meinen immer ernährt, und wir haben immer ein Dach für uns überm Kopf gehabt, aber sie haben mich um eine Arbeitskraft gebracht, weil er sich bloß noch um seine eigenen Angelegenheiten kümmert, die ganze Zeit nur noch das Land im Kopf hat. Ich sag ihnen, zuerst war er in Ordnung, den Kopf voll vom Land, weil das Land da noch senkrecht war; bis die Straße kam und dem Land eine Längsrichtung gegeben hat, es also waagerecht gemacht hat und er mit dem Kopf immer noch nur beim Land war, da fingen sie an, mir zu drohen und ihn mir fremd zu machen, sie drohten mit dem Gesetz, dass er nicht mehr für mich arbeiten muss.
    Und lassen mich dafür zahlen. Sie war gesund und munter wie nur je eine Frau, nur eben diese Straße. Sie hat sich hingelegt, sich ausgeruht in ihrem Bett und von niemand was gewollt. «Bist du krank, Addie?», hab ich gefragt.
    «Ich bin nicht krank», sagt sie.
    «Bleib liegen und ruh dich aus», hab ich gesagt. «Ich weiß, dass du nicht krank bist. Du bist bloß müde. Du bleibst liegen und ruhst dich aus.»
    «Ich bin nicht krank», sagt sie. «Ich will aufstehn.»
    «Ich hab nie nach Ihnen geschickt», sagte ich. «Sie können das bezeugen, dass ich nie nach Ihnen geschickt hab.»
    «Weiß ich», sagte Peabody. «Ich kann’s bezeugen. Wo ist sie?»
    «Sie hat sich hingelegt», sagte ich. «Sie ist nur ein bisschen müde, aber sie will –»
    «Geh hier mal raus, Anse», sagt er. «Setz dich ein bisschen auf die Veranda.»
    Und jetzt muss ich das bezahlen, ich, ohne einen Zahn im Schädel, und ich hatte so gehofft, dass ich genug zusammensparen kann, um mir den Mund in Ordnung bringen zu lassen und wieder das Essen zu essen, das Gott für einen Mann bestimmt hat, und sie gesund und munter wie nur je ’ne Frau weit und breit bis zu diesem Tag. Muss dafür bezahlen, dass ich diese drei Dollar brauche. Muss dafür bezahlen, dass die Jungen losmussten, um sie zu verdienen. Und jetzt, als hätte ich das zweite Gesicht, kann ich sehn, wie der Regen undurchdringlich zwischen uns niederströmt und wie er die Straße raufkommt wie ein Verdammter, als ob es nur dies eine Haus in der ganzen Gegend gibt, über das er herfallen kann.
    Ich habe Menschen ihr Schicksal verfluchen hören, und zu Recht, denn es waren sündige Menschen. Aber ich sage nicht, dass auf mir ein Fluch liegt, ich hab kein Unrecht getan, das verflucht werden müsste. Ich bin nicht religiös, glaube ich. Aber in meinem Herzen ist Friede, das weiß ich. Ich habe manches getan, aber nichts Besseres und nichts Schlechteres als die, die so tun, als ob sie nur Gutes getan haben, und ich weiß, dass der Große Allmächtige sich meiner genauso annehmen wird wie eines jeglichen Sperlings, der vom Dach fällt. Aber es ist doch hart, dass ein Mann in seiner Not von einer Straße so verhöhnt werden kann.
    Vardaman kommt angeschlendert, blutverschmiert bis zu den Knien, wie ein Schwein; hat den Fisch wohl mit der Axt zerhackt oder ihn weggeschmissen, damit er mir vorlügen kann, die Hunde hätten ihn gefressen. Na ja, ich hab wahrscheinlich keine Veranlassung, von ihm mehr zu erwarten als von seinen erwachsenen Brüdern. Er kommt näher, betrachtet das Haus, ganz ruhig, und setzt sich auf die Stufen. «Puuh», sagt er, «ich bin vielleicht müde.»
    «Geh und wasch dir die Hände», sage ich. Keine Frau hätte sich mehr Mühe geben können als Addie, was aus denen zu machen, aus den Großen und dem Jungen: das muss ich ihr lassen.
    «Er war voller Blut und Gedärm, wie ein Schwein», sagt er. Aber ich kann mich zu nichts aufraffen, zu nichts. Und dies Wetter zehrt zusätzlich an mir. «Pa», sagt er, «ist Ma richtig schlimm krank?»
    «Wasch dir die Hände», sag ich. Aber in mir ist keine Kraft, zu nichts.

[zur Inhaltsübersicht]
    Darl
    Er ist diese Woche in der Stadt gewesen; sein Nacken ist scharf ausrasiert, die weiße Linie zwischen dem Haaransatz und der sonnenverbrannten Haut sieht aus wie ein Gelenk aus weißem Knochen. Er hat sich kein Mal umgesehen.
    «Jewel», sage ich. Zwischen den beiden wippenden
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