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Als ein Blumenkohl noch zehn Pfennig kostete

Als ein Blumenkohl noch zehn Pfennig kostete

Titel: Als ein Blumenkohl noch zehn Pfennig kostete
Autoren: Claudia Duhonj-Gabersek
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auf „Schlüssel“, aber ich fragte mich, wieso ist die Tante um elf noch wach?
    Dann erfuhr ich, dass der Bäcker fremdgeht und die Neue im Fünften die Treppe nie putzt. Folglich boykottierte sie den Bäcker und schleppte sich wohl regelmäßig hoch in den fünften Stock, um nach dem Unrechten zu sehen.
    Ich hatte mein zweites Stück aufgegessen. Rosa musterte die Kuchenkrümel auf meinem Teller. Oh, nein. Was Mutter selig bei mir als Kind nicht geschafft hatte, würde Rosa der erwachsenen Frau auch nicht beibringen. Die Krümel blieben liegen. Zwei, drei Mal hatte sie es versucht und mir vorgerechnet, dass ich ungefähr dreißig Kuchenstücke wegwarf in meinem Leben, alle verschmähten Krümel Pi mal Daumen zusammengerechnet. Die Folge davon war gewesen, dass ich schon um halb vier wieder ging, und seitdem traute sie sich nicht mehr, etwas zu sagen.
    Es schlug halb fünf und ich trank den letzten Schluck Likör. Gemeinsam räumten wir das Geschirr in Rosas kleine Küche und ich machte mich mit meinem Kuchenpaket auf den Weg.
    Gestern haben wir Rosa begraben, samt Spitzendeckchen und den weinroten Haremspantoffeln. Die Nachbarn kamen alle nicht, und ich kann es ihnen auch nicht verübeln. Der Pfarrer, die Gemeindeschwester und ich waren da. Das war’s.
    Ein wenig graust mir vor morgen, denn da ist Mittwoch.

Herzlichen Glückwunsch

    Das Leben ist ja, zumindest auf weiten Strecken, kein Zuckerschlecken. Das hatte ich spätestens an meinem Dreißigsten kapiert, den ich mit der Mutter aller Depressionen verbrachte.
    So vorgewarnt, feierte ich den Vierzigsten ganz unverfänglich mit den Kindern in einem Erlebnispark. Ohne Handy und ohne Drama.
    Am Vorabend meines Fünfzigsten hatte mein Göttergatte darauf bestanden, dass ich im Wohnzimmer nächtigte. Nein, kein Ehekrach. Am nächsten Morgen stand er mit Kaffee und einem Strauß Rosen vor mir.
    Dann bat er mich in unser Schlafzimmer. Nicht, was ihr jetzt denkt. Surprise. In den letzten Wochen hatte er heimlich die Spiegelkommode meiner Großmutter restauriert. Was er mir eigentlich schon zum Vierzigsten versprochen hatte. Schwamm drüber, ich freute mich natürlich, als sei es seine ureigenste brandheiße Idee gewesen. Er musste dann zur Arbeit.
    Endlich, endlich konnte ich meinen Körper in der Märzsonne bewundern. In der Totalen, dreifach, und so, wie Gott mich vor einem halben Jahrhundert geschaffen hatte. Ich wünschte mich sofort vor den weichzeichnenden kleinen Badezimmerspiegel zurück. Die Torte würden meine Gäste heute alleine essen.
    Mein Chef hatte mir frei gegeben für den Tag, rief aber an und wünschte mir alles Gute. Insbesondere viel Gesundheit im neuen Lebensabschnitt, das betonte er mehrmals. Morgen würde ich das Gespräch suchen, das war ihm sicher.
    Einen weiteren Ehrentag im Erlebnispark hätten mir meine Freundinnen, Cousinen und Tanten nicht verziehen, und so zog ich mich an. Kochen, Backen und Braten lag vor mir, aber erst mal Einkaufen.
    Im Briefkasten lag viel Post. Vorsorge mit fünfzig, Steuernachzahlung fällig, prost Mahlzeit. Mein Zahnarzt gratulierte mir zum Geburtstag, dazu hatte er auch allen Grund. Als ich ein paar Monate zuvor die Rechnung für die Kronen geöffnet hatte, wäre ich um ein Haar an einem Herzinfarkt vorzeitig verschieden.
    Beim Einkauf fuhr ich vergnügt mit dem Wagen an den Regalen vorbei, bis ich einen kleinen Jungen zu seiner Mutter sagen hörte: „Kuck mal, die alte Frau fährt mit dem Einkaufswagen Auto, darf die das?“ Meine Laune sank.
    Zu Hause machte ich mich dann ans Kochen, Backen und Braten.
    Cousine Karla kam als Erste. Ich wickelte das Chantal Nummer 6 aus. Die pure Boshaftigkeit, sie wusste genau, dass ich es für die Matronenvariante aller Parfums halte.
    Ich bedankte mich artig und versalzte ihr den Kaffee.
    Mein Sohn kam mit einem Strauß Tulpen von der Aldikasse heim. „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. Ältere Frauen lieben doch Tulpen, gefallen sie dir, Mama?“ Natürlich war ich gerührt. Aber er hatte noch etwas zu sagen, und ein leiser Vorwurf lag in seiner Stimme: „In meiner Klasse bist du die älteste Mutter. Der Melanie ihre Oma ist sogar jünger als du.“ Karla grinste sich einen ab, als ich ihn pflichtgemäß verbesserte: „Es heißt Melanies Oma, mein Schatz.“
    Von meiner tüdeligen Tante Margot bekam ich einen Gutschein für eine gemeinsame Kaffeefahrt. Ich sah Woll- und Heizdecken vor meinem geistigen Auge und trank ein Glas Sekt auf Ex.
    Es klingelte schon wieder
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