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Als ein Blumenkohl noch zehn Pfennig kostete

Als ein Blumenkohl noch zehn Pfennig kostete

Titel: Als ein Blumenkohl noch zehn Pfennig kostete
Autoren: Claudia Duhonj-Gabersek
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man die Kohlenträger gut behandelte, hätte der Zentner fünfzig Kilo und nicht fünfundvierzig.
    Die Tage darauf ging’s auf den Markt. Mutter kochte dann eine Woche lang Marmelade und Kirschen ein. Von Mirabellen und Zwetschgen gar nicht zu reden. Ach ja, und dann legte sie sauer ein. Mixed Pickles, mit Gurken, Karotten und – Blumenkohl.
    So, jetzt muss ich aber. Will noch was kochen, ich denke, ich mache mal Blumenkohl heute. Mit weißer Soße, Kartoffeln und Bratwurst. Mach’s gut da oben, Mutter!

Onkel Achims rechtes Bein

    Von alle Freunden und Bekannten, die mein Großvater hatte, mochte ich Onkel Achim am liebsten. Er war gar kein richtiger Onkel, sondern der Sohn des besten Freundes meines Großvaters Ludwig … Schwamm drüber, das würde jetzt zu weit führen.
    Ich mochte Onkel Achim gerne, und mein Bruder Jörg mochte ihn auch. Nur blöd für den Onkel war, dass er kein rechtes Bein mehr hatte. Mir tat das auch sehr leid, und trotzdem, ich konnte es jedes Mal kaum erwarten: „Onkel Achim, erzählst du uns nach dem Essen von deinem Bein?“
    Und immer sagte er: „Ja, nach dem Essen.“
    Er kam von der Sonntagsmesse aus gleich mit zu Opa. Bei der Suppe schon legte der Großvater los: „Wo ist das Salzfass?“ Der Arzt hatte Opa streng verboten, noch zusätzlich mit Salz zu würzen, denn sein Blutdruck war immer sehr hoch. Mutter und Tante Hilde stürzten aus der Küche und versuchten, den Opa zu beruhigen. Das Salz bekam er von ihnen nie, aber sein Blutdruck stieg durch die Aufregung noch mehr. Mama und Tante Hilde gingen zurück in die Küche und Onkel Achim griff in seine Anzugsjacke und zauberte einen Salzstreuer hervor. Opa war’s zufrieden, versalzte die Suppe und aß genüsslich seinen Teller leer.
    Dann brachten Mama und Tante den Braten, mit selbstgemachten Knödeln und Rotkraut oder Salat. Großvater meinte, wir sollten Gott auf den Knien danken für so ein reiches Mahl. Meine Knie waren aber schon bedient vom Kirchgang, da war der Sonntagsbraten schon mit einbegriffen gewesen, sozusagen abgekniet.
    Jetzt wurde es meistens langweilig, Opa und der Onkel sprachen von Konrad Adenauer und den Amerikanern. Ich schlief fast ein. Jörg trat mich unterm Tisch, und ich fasste mir ein Herz. Immer schickte er mich vor: „Onkel Achim, erzählst du von deinem Bein?“
    Der Onkel holte tief Luft.
    „Ich war 19 Jahre alt, gerade mit der Schule fertig und ich wollte gerne Doktor werden. Da bekam ich eines Morgens einen Brief. Ich sollte nach Russland fahren. Eigentlich hatte ich gar keine Lust dazu, denn die Russen gingen mich nichts an und hatten mir nichts getan. Das Schlechte, was ich über sie gehört hatte, konnte ich nicht glauben.
    Aber die Fahrkarte lag schon im Brief, und so konnte ich nicht nein sagen. Ich ging erst mal ein paar Wochen lang trainieren, denn in Russland sollte es gefährlich sein.
    Dann fuhr der Zug ab. Ich reiste zusammen mit vielen anderen jungen Leuten. Wir spielten mit Würfeln und Karten und schliefen viel. Als wir ankamen, war ziemlich was los in diesem Russland. Wir Deutschen und die Russen kämpften. Die Russen meinten, wir sollten lieber wieder abhauen. Wir hatten sie nämlich überfallen. Mir gefiel es nicht in dem Zeltlager, es war mir zu laut, und oft brüllte mich jemand an.
    Wir mussten in unserem Lager abwechselnd die Klos putzen, und eines Tages war ich dran. Es war draußen schon ziemlich kalt und in dem Klo war es glitschig. Paff, da knackste ich um und fiel hin und brach mir das rechte Bein. Ich war auch auf den Kopf gefallen. Es hat dann ganz schön lange gedauert, bis mich einer fand, der aufs Klo musste. Draußen war ein ziemlicher Lärm gewesen, denn die Russen hatten Orgelwaffen dabei, die Krach machten. Deshalb hatte mich auch keiner rufen gehört. Die Ärzte operierten den Bruch, aber es wollte einfach nicht richtig heilen.
    Wir verloren dann den Kampf gegen die Russen.
    Es war wie damals, als ich nach Russland fuhr, eigentlich hatte ich gar keine Lust, aber sie hatten schon eine Fahrkarte für mich. Sie nahmen uns mit auf eine Reise, in ein fernes Land, das hieß Sibirien. Ich ging immer noch an Krücken, aber sie meinten, ich muss mitkommen. War das ein weiter Weg! Erst gingen wir sehr, sehr lange zu Fuß. Zwei Männer stützten mich beim Laufen, damit ich nicht hinfiel. Es war so kalt, dass die Spucke gefror, noch bevor sie auf dem Boden ankam.
    Dann fuhren wir Tage und Nächte mit dem Zug, und dann liefen wir wieder. Endlich kamen wir an.
    Ein
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