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Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel

Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel

Titel: Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel
Autoren: Cornelia Funke
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Auf dem Tisch stand eine Spieluhr und klimperte ein Weihnachtslied.
    Julebukk schob ihm einen Stuhl hin. »Setz dich. Matilda macht dir gerade Kakao. Du magst doch Kakao, oder?«
    Ben nickte. Auf dem Stuhl lag ein kleiner Schuh. Ben hob ihn so vorsichtig hoch, als wäre er aus Glas, und legte ihn auf den Tisch. Dann setzte er sich. Ein glatzköpfiger kleiner Engel brachte mit verlegenem Lächeln ein Schälchen Lebkuchen und flatterte zu seinem Backbrett zurück. Mit offenem Mund starrte Ben ihm nach.
    In der großen Kommode neben dem Tisch raschelte es.
    »Nun kommt schon raus!«, rief Julebukk. »Sieht der Junge vielleicht aus wie ein Spion?«
    »Diese dummen Kerle sehen überall Spione!«, zwitscherte Matilda und stellte Ben eine dampfende Tasse Kakao hin. Aber der hatte seine Augen im Moment ganz woanders.
    Aus der untersten Kommodenschublade kletterten pöbelnde kleine Männer mit roten Mützen, mehr, als Ben so schnell zählen konnte. Misstrauisch guckten sie zu ihm herauf.
    Der größte kam auf Ben zugehüpft, stellte sich direkt vor seine Schuhspitze und verschränkte die kurzen, kräftigen Arme. »Siehst du, Julebukk?«, sagte er. »Dieser Mensch starrt uns an. Bäääh!« Der kleine Mann zog eine Grimasse und streckte seine grüne Zunge heraus.
    Ben zuckte zusammen.
    »Das sind meine Weihnachtskobolde«, sagte Julebukk. »Leider benehmen sie sich meistens schlecht. Aber sie meinen es nicht so, nicht wahr, Fliegenbart?«
    Der Kobold musterte Ben immer noch.
    »Für einen Spion sieht er zu dumm aus«, stellte er fest, drehte sich um und rannte zu den andern, die mit winzigen Hämmern auf einem großen Wagenrad herumklopften.
    Ben guckte verlegen in seine Tasse und trank ein paar Schlucke von Matildas köstlichem Kakao. Neben der Zuckerdose stand ein Räuchermännchen und schnitt Grimassen. Oben auf dem Schrank ging steifbeinig ein Nussknacker auf und ab.
    »Unverschämte Kerle!«, sagte Matilda und setzte sich auf die Tischkante. »Du musst nichts darauf geben, was diese Kobolde reden. Schmeckt dir mein Kakao?«
    Ben nickte.
    »Sehr gesprächig ist der ja nicht gerade!«, rief einer der Kobolde. Die anderen kicherten.
    Ben wurde rot wie Julebukks Mantel.
    »Na, ein Glück!«, rief Matilda den Kobolden wütend zu. »Wenn ihr öfter mal den Mund halten würdet, dann käme auch nicht so viel Blödsinn heraus.«
    »Hört ihr jetzt wohl auf?«, rief Julebukk. »Es würde mich nicht wundern, wenn unser Gast gleich nach Hause will. Aber so geht das hier immer. Manchmal glaube ich, das Streiten macht ihnen Spaß. Wie heißt du übrigens?«
    Ben räusperte sich. »Ben. Ben Schuster.«
    »Freut mich«, sagte Julebukk. »Mein Name ist Niklas Julebukk. Das sind Matilda und Emmanuel, und die schlecht gelaunten Kobolde da heißen Fliegenbart, Schlüsselbart, Ziegenbart, Rotbart, Drechselbart, Schneebart, na ja, und so weiter. Ich kann die Namen selbst nicht alle behalten.«
    Ben sah sich um.
    »Merkst du was?«, fragte Julebukk.
    »Es ist größer hier drin«, sagte Ben. »Ich meine …«
    Dann fehlten ihm wieder die Worte.
    »Ich versteh schon«, sagte Julebukk. »Ja, so ist das immer im Weihnachtsmannwagen. Innen sind sie größer als außen, viel größer.«
    »Weihnachtsmann?« Ben dachte, er hätte sich verhört. »Weihnachtsmannwagen?«
    »Ja.« Julebukk melkte eine kleine Holzkuh, die Mathilda auf den Tisch gestellt hatte, und goss die Milch in seinen Kaffee. »Ich bin ein Weihnachtsmann. Oh, ich weiß«, er strich sich über das stoppelige Kinn, »ich sehe nicht so aus. Ich bin noch ziemlich jung für einen Weihnachtsmann, aber …«
    Er zog einen weißen Wollbart aus der Tischschublade, klemmte ihn sich hinter die Ohren und schlüpfte in seinen zerschlissenen roten Mantel.
    Dann zog er die Kapuze über das Haar. »Seh ich jetzt echter aus?«
    Ben nickte. Seine Augen hingen an Niklas Julebukk, als sähe er ihn zum ersten Mal.
    »Ist er nicht ein wundervoller Weihnachtsmann?«, flötete Matilda. »Der wunderbarste von allen!«
    »Ja, der allerallerwunderbarste!«, spottete Fliegenbart, warf seinen Hammer in die Ecke und hüpfte auf den Tisch, wo er sich direkt vor dem erschrockenen Ben aufbaute.
    »Ausnahmsweise hat sie recht!«, raunte er. »Die andern kannst du alle vergessen. Julebukk ist der letzte wirkliche Weihnachtsmann. Aber wenn’s nach denen hinter der Tür da ginge …«, Fliegenbart zeigte auf eine weiße Tür am anderen Ende des Wohnwagens, »dann wäre unser lieber Julebukk längst aus
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