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Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel

Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel

Titel: Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel
Autoren: Cornelia Funke
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Regen auf die Straße. Die Engel lugten fröstelnd über Julebukks Schulter nach draußen. Ein paar Kobolde hüpften die Treppe hinunter und sprangen übermütig in den Pfützen herum.
    »Kein sehr weihnachtliches Wetter!«, stellte Emmanuel fest.
    »Nein, wirklich nicht«, seufzte Julebukk und setzte seine Kapuze auf. Dann machte er sich mit den Kobolden an die Arbeit.
    Kaum größer als ein Kaffeebecher waren die kleinen Kerle, aber zusammen stärker als mancher Mensch. Mühelos bockten sie den Wohnwagen auf großen Holzklötzen auf, schraubten und zerrten die zerbrochenen Räder von den Achsen und schleppten sie in den Wohnwagen. Julebukk brauchte kaum einen Finger krumm zu machen. Aber als sie alle durchnässt und frierend zurück in den Wagen kletterten, hatte keiner mehr Lust, die Räder auch noch zu reparieren. Julebukk und die Kobolde legten ihre feuchten Sachen neben den warmen Ofen, schlürften etwas von der heißen Suppe, die die Engel gekocht hatten, und krochen dann todmüde unter die Decken.
    Bald hörte man nur noch das Holz im Ofen knacken und der Regen trommelte aufs Wohnwagendach. Julebukk schnarchte in sein Kissen und in der großen Schublade murmelte einer der Kobolde im Schlaf.

Die Wette
    Es war noch dunkel, als die ersten Schulkinder an Julebukks Wagen vorbeikamen. Jeden Morgen strömten sie durch den Nebelweg, denn am Ende der schmalen Straße lag eine Schule. Es regnete nicht mehr, aber es war kälter geworden. Dünnes Eis überzog die Pfützen und knirschte unter den Kinderfüßen.
    Ben trottete mit seinem Freund Willi den Bürgersteig entlang. Er war erst vor einer halben Stunde aufgestanden, weil er so nah an der Schule wohnte. Aber für ihn war das immer noch zu früh. Warum fing diese blöde Schule nicht um zehn an? Manchmal dachte Ben, dass er nur deshalb schlecht in der Schule war, weil er früh aufstehen musste. Beim Sport wollte ihn jeder in seiner Mannschaft haben, aber mit dem Reden haperte es. Er fand einfach nie die richtigen Worte. Sie versteckten sich vor ihm, flutschten ihm von der Zunge, bevor er sie über die Lippen brachte. Schluck, weg waren sie, und Ben stand stumm da.
    »He, guck mal, was ist denn das für ’n komischer Wagen?«, fragte Willi und blieb vor Julebukks Wohnwagen stehen. »Der war doch gestern noch nicht da.«
    »Nö«, sagte Ben.
    »Sieht aus wie ’n Bauwagen oder so was«, stellte Willi fest. »Guck mal, da fehlen zwei Räder.«
    »Zu bunt«, sagte Ben.
    »Wie, zu bunt?«
    »Zu bunt für ’n Bauwagen.«
    »Vielleicht ist er vom Zirkus. Oder von Zigeunern.«
    Ben zuckte die Achseln. Er fand, der Wagen sah irgendwie merkwürdig aus. Irgendwie anders. Aber um Willi das zu erklären, fehlten ihm die Worte.
    Ein paar Jungs aus ihrer Klasse kamen vorbei, lärmten herum und schubsten sich gegenseitig in die nassen Hecken. Als sie den Wagen sahen, blieben sie neben Ben und Willi stehen. Mike, das Mathe-Ass der Klasse, war dabei. Mike konnte bestens mit Worten umgehen. Den ganzen Mund hatte er voll davon. Und ein echter Witzbold war er, auf Kosten anderer, versteht sich. Besonders beliebt machte ihn das nicht und seine spitze Zunge war selbst bei den Lehrern gefürchtet.
    »Na, Bulette«, sagte er und stieß Ben in die Seite. »Hast du den Schrottwagen da geparkt? Willst du bei deinen Eltern ausziehen?«
    Die anderen lachten.
    Willi versuchte Ben weiterzuziehen. Aber Ben wollte stehen bleiben, und dann bekam ihn keiner von der Stelle. Schon gar nicht der käferkleine Willi.
    Er hätte gern was Kluges gesagt, etwas, über das die andern lachen würden, aber ihm fiel nichts ein. Also sah er Mike nur grimmig an.
    »He, ist ja schon gut!«, sagte Mike und tat, als ob er vor Angst schlotterte. Die anderen lachten sich krumm.
    »Weißt du, was ich wette? Du traust dich nicht an die Tür da zu klopfen.«
    Gespanntes Schweigen. Willi zerrte immer noch an Bens Arm. Eine Frau kam mit einem großen Hund vorbei. Neugierig beschnüffelte er die bunten Räder und pinkelte dagegen. Ben sah zu der roten Tür hinauf.
    »Ich lass dich bei der nächsten Rechenarbeit abschreiben«, sagte Mike. »Ehrenwort. Wenn du klopfst und stehen bleibst, bis einer rauskommt.«
    Das war ein verlockendes Angebot für jemanden wie Ben, der vom Rechnen Kopfschmerzen bekam.
    »Okay, abgemacht«, sagte er.
    Willi ließ seinen Arm los. Die anderen wichen ein paar Schritte zurück. Sicherheitsabstand.
    Ben leckte sich die Lippen, wischte sich mit der Hand über
    die kalte Nase – und rannte los. Er
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