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Alptraum-Sommer

Alptraum-Sommer

Titel: Alptraum-Sommer
Autoren: Jason Dark
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richtig weiß. Hin und wieder aber erreichen ihn die Träume. Sie kommen dann zu ihm, sie berichten ihm von einer Vergangenheit, die es einmal für ihn gegeben hat. Und dann steigen die Erinnerungen in ihm hoch. Dann sieht er die Welt mit anderen Augen. Dann träumt er von Reichen, in denen es Könige und Prinzessinnen gibt. Er wartet noch immer, denn in der Erinnerung hat es eine Prinzessin gegeben.«
    Das war mir alles noch etwas wirr. Ich wollte wissen, wie er entstanden war und wer seine Eltern waren.
    »Keine Menschen.«
    »Mandragoro?«
    »Nein oder ja?« O’Hara hob die Schultern. »Man hat ihn geschaffen. Es war eine sehr große Alraune, ein riesiger Wurzelstock, mehr als menschengroß. Und er ist aus einem Land gekommen, wo es all das gab, das wir in unseren Märchen nacherzählt bekommen. In diesem Land gibt es eben Alraunen, sie halten sich dort auf. Die Menschen des Altertums mochten ihr Wissen von dort gehabt haben, und dieses Land hat Kelly als einen Boten geschickt. Als eine Alraune, die in unserer Welt eine menschliche Gestalt angenommen hat und unter dem Schutz eines mächtigen Dämons steht, den auch Sie kennen.«
    »Das ist Mandragoro. Soweit komme ich klar. Nur über das andere Land denke ich noch nach.« Das war leicht gelogen, ich konnte mir schon vorstellen, woher Kelly kam.
    O’Hara schaute mich mit einem Blick an, in dem ich Mitleid las. »Es hat keinen Sinn, wenn ich über das Land spreche, von dem uns Kelly erzählt hat. Sie werden es nicht kennen. Es ist den meisten Menschen nicht bekannt. Es liegt auch nicht in dieser Welt…«
    »Es ist Aibon, nicht?«
    O’Hara reagierte auf meinen leisen Zwischenruf. Allerdings nicht mit Worten, er krampfte seine Hände zusammen. Sie bildeten so harte Fäuste, daß die Knöchel scharf hervortraten und die Haut sich wie Papier über sie spannte.
    »Habe ich recht.«
    Patrick O’Hara stöhnte auf. »Sie… Sie kennen das Land?«
    »Ja, relativ gut sogar.«
    »Woher?«
    »Das spielt jetzt keine Rolle. Sie sehen aber, daß ich nicht unvorbereitet zu Ihnen gekommen bin. Ich kenne mich ein wenig aus, und meinem Partner ergeht es ebenso. Aber kommen wir zurück zu Kelly. Er ist also in Aibon erschaffen worden als Alraune, wurde in diese Welt geschickt und nahm eine menschliche Gestalt an, obwohl er nach wie vor zu den Alraunen hin tendiert.«
    »Er bereitet ihnen hier den Weg. Im Wald jenseits des Flusses nahm alles seinen Anfang. Zusammen mit Mandragoro wollte er einen Platz für seine Brüder schaffen. Man hat ihm versprochen, als Lohn die Prinzessin zu schicken, die ihm nicht aus dem Sinn geht. Er muß sie in Aibon schon gesehen haben, und auch sie soll in diese Welt kommen. Er wartete auf sie, deshalb ist er gegangen. Er hat Beschützer im Wald. Es sind die Alraunen, und sie wissen, wo sich die Prinzessin aufhält. Sie wird zu ihm kommen, und er wird glücklich werden. Sie werden im Wald eine neue Heimat bekommen, deshalb durfte er nicht abgeholzt werden. Wir mußten diese Männer ausschalten. Sie sind im Wald gestorben, sie haben sich dort aufgelöst. Ihre Körper sind zu Humus geworden, was sehr schnell ging. Aber ihr Blut habe ich gesammelt und die Alraunen damit gespritzt. So fügt sich alles zusammen.«
    »Und Kelly ist jetzt dort.«
    »Ja, er rudert über den Fluß. Er befindet sich jetzt in seiner Welt, dort wird er glücklich sein.«
    »Nur ist er nicht allein«, sagte ich.
    »Das weiß ich. Andere werden…«
    »Davon rede ich nicht. Ihr Enkel, Mr. O’Hara, hat einen Verfolger gehabt.«
    Der Weißbärtige schaute hoch.
    »Wie bitte?« hauchte er. »Wer hätte ihn verfolgen sollen?«
    »Mein Freund und Kollege Suko.«
    »Dann hat er den Wald betreten?«
    »Davon gehe ich aus.«
    Ob O’Hara tatsächlich erschrak oder mir dieses Erschrecken nur vorspielte, konnte ich nicht sagen. Jedenfalls wurde er bleich, und gleichzeitig schluckte er. »Es tut mir leid für Ihren Freund. Er wird es nicht überleben.«
    »Das werde ich feststellen.«
    O’Hara stand auf. »Heißt das, daß Sie auf die andere Seite des Flusses wollen?«
    »So ist es.«
    »Sind Sie lebensmüde, Mr. Sinclair?«
    »Auf keinen Fall. Ich möchte nur eine Sache beenden, die ich begonnen habe. Ich will zudem mit Mandragoro in Kontakt treten, denn wir beide kennen uns.«
    »Dann gehe ich mit.«
    »Ich schaffe es schon allein.«
    »Nein, nein.« O’Hara entwickelte sich plötzlich zu einem Hektiker.
    »Lassen Sie mich. Ich kann Ihnen den Weg zeigen. Ich habe auch ein Boot am Ufer
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